10 Dinge über Starmania, die wir schon längst verdrängt haben
Starmania is back! Ab 4. März 2022 kehrt die Castingshow zurück. Für uns Grund genug, einmal zurückzuschauen und eine der liebsten Sendungen unserer Jugend Revue passieren zu lassen.
Haltet die Druckerpressen an und eure Kinnladen fest: Starmania ist wieder da! Die unverhältnismäßig erfolgreiche ORF-Show wagte 2021 in überarbeiteter Fassung ein Comeback. Jetzt folgt die nächste Staffel. Und weil wir nun einmal Generation Retro sind und auf so ziemlich alles stehen, was die Popkultur aus unserer Jugend hervorrecycelt, waren wir zuerst so:
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Aber außer Witzeleien über gegelte Fransenfrisuren, ein paar alten Best-of-CDs und Christina Stürmer ist uns nicht wirklich viel eingefallen, das Nostalgie-Faktor besitzen könnte. Vorerst. Denn natürlich haben wir kleinen Trüffelschweinchen der Reminiszenzen die Rüssel geflext und sind auf die Suche gegangen. Was wir gefunden haben, war oft unterhaltsam, manchmal verstörend und dabei fast immer schlecht ausgeleuchtet. Jedenfalls hat unsere Recherche eines ergeben: Wir hatten ziemlich viel verdrängt. Und weil Verdrängung nicht gut ist für das Seelenheil, richten wir die Scheinwerfer auf unsere vernebelte Erinnerung und greifen zusammen nach den Sternen, um es mit Arabella Kiesbauers Dauerslogan zu sagen. Huch, das war auch schon das erste Flashback.
Christina Stürmers und Boris Urans legendäres Duett im Nebel
“Komm her”, “komm her”, “komm her”, „komm her“ – nein, das ist keine physische Abwandlung des klassischen Spielchens verliebter Paare: „Du legst auf!“, „Nein, du legst auf!“ Wobei, ein bisschen geknistert hat es doch, als Christina Stürmer und Boris Uran sich in ihrem Duett Mit dir in der ersten Staffel gegenseitig angeraunt haben, oder? Und dann stieg auch noch der Nebel auf, potzblitz! Als die beiden Nase an Nase in die dicken Kunstnebelschwaden abtauchten, stockte der Nation der Atem. Wie unschuldig doch die jungen 2000er-Jahre waren!
Michael Tschuggnalls Tränen der Freude
Wo wir schon bei denkwürdigen Auftritten sind: Der Gewinner der ersten Staffel hieß – na, wer weiß es? – Michael Tschuggnall. Mit seinem selbstgeschriebenen und schmachtend am Klavier vorgetragenen Song Tears of Happiness sang sich der damals 21-jährige Tiroler in die Herzen Österreichs. Und das, obwohl er eigentlich bereits in der Vorrunde ausgeschieden und für den eigentlichen Finalisten Martin Perkmann eingesprungen war, der nach der ersten Finalrunde das Handtuch schmiss. Wenn wir das Video des Auftritts sehen, sagen wir auch heute noch mit Tschuggi „Yes, Loneliness“ und verdrücken ein paar Tears of Happiness.
Als Moderatorin Arabella Kiesbauer mit Tschuggi im Duett sang
Aber Tschuggi lieferte noch einen weiteren, eigentlich wesentlich kultigeren Auftritt. Denn bei Starmania sangen offensichtlich nicht nur die Kandidat*innen selbst, sondern auch die Moderatorin. Weil das ja irgendjemand ankündigen musste, sprang Boris Uran kurzfristig als Moderator ein. Und Michael Tschuggnall und Arabella Kiesbauer sangen im Duett Fame. Wie es dazu kam, konnten wir leider nicht mehr restlos rekonstruieren. Lag es an einer ungeraden Zahl von Teilnehmenden? Oder wollte Kiesbauer auch mal selbst nach den Sternen greifen? Man weiß es nicht. Jedenfalls scheint der Song ein schlechtes Omen für Tschuggi gewesen zu sein. Immerhin wurde ihm nach seinem Sieg nicht unbedingt der erhoffte nachhaltige Ruhm zuteil.
Die „Leider nein“-Rubrik
Dafür schrieb sich die Rubrik der „Leider nein“-Kandidat*innen umso fester ins kollektive Gedächtnis der Nation ein. So fest, dass sie praktisch zum Synonym für „netter Versuch, aber bitte suchen Sie sich ein anderes Hobby“ wurde. Im Dezember titelte Futter etwa „Norbert Hofer – oder der ‚Leider nein‘-Kandidat“. Bei Starmania waren das jedenfalls die hoffnungsvollen Anti-Talente, die gutgläubig zu den Castings angetreten sind, von einer hämischen Jury zerpflückt und schließlich sogar noch vor versammeltem Fernsehpublikum durch den Kakao gezogen wurden. Rückblickend ist das eigentlich alles andere als charmant. Dass man die „Skurrilsten und Schrägsten“ unter ihnen, wie es in der APA-Aussendung vom 14. Jänner 2004 heißt, vor dem Finale der zweiten Staffel auch noch in einem „Leider nein“-Chor aufmarschieren ließ, um sich an ihrer Skurrilität zu ergötzen, hat schon etwas von den fragwürdigen Kuriositätenshows auf den Jahrmärkten des 19. und 20. Jahrhunderts. Weit haben wir’s gebracht, Starmania.
Das Friendship-Ticket
Generell erscheint uns die Singsang-Show umso grausamer, je tiefer wir graben. Erinnern wir uns nur an das unsympathische Friendship-Ticket. Damit konnten jene Kandidat*innen, die bereits fix in die nächste Runde gewählt worden waren, einen der beiden von ihnen mit den wenigsten Publikumsstimmen vor dem Rauswurf retten. Im Klartext: Wer bleiben durfte und wer gehen musste, darüber entschied also am Ende weder eine sachkundige Jury noch ein sensationsgeile Zuschauerhorde, sondern die Kandidat*innen selbst. Erinnert uns fast ein bisschen an das eine Kind in der Volksschule, das immer als Letztes ins Völkerballteam gewählt wurde. Autsch!
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Langes Warten auf die Entscheidung
Apropos autsch: Nicht genug, dass man die eigenen Kontrahent*innen rauskicken musste – nein, wer als Letztes ins Finale kam, mussten die beiden Erstplatzierten auch noch selbst vorlesen. Auch das aber natürlich nicht ohne minutenlanges Aufkibitzen und Anheizen von Arabella Kiesbauer, mit dem sie die Entscheidung am Ende jeder Show unfassbar in die Länge zog. Die Spannung stieg im Studio und zu Hause fast schon bis zum Kabelbrand, während Kiesbauer es noch für nötig erachtete, das Studio-Publikum nach seinem Favoriten johlen zu lassen. Dann noch eine kurze Sprechpause, und noch eine Sprechpause, noch ein kurzer Einspieler zwischendurch, und in der nächsten Runde ist… Sag es endlich, Arabella!!!
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Fragwürdige Gruppen-Choreos
Und als wäre das noch nicht genug der Schikane, gab es da ja auch noch die mehr oder weniger schwungvollen Gruppen-Auftritte, bei der selbst ausgeschiedene Kandidat*innen dennoch mitwirken mussten. Wäre ja schade darum, immerhin habe man sie ja schon einstudiert. Dass etwa die gerade erst vor dem Finale ausgeschiedene Niddl mit den anderen drei Finalist*innen ausgerechnet Didn’t We Almost Have It All singen musste, könnte man ja noch als blöden Zufall werten. Dass eine Woche später alle bis dahin ausgeschiedenen Starmaniacs vor dem Finale eine Gruppen-Choreo zu einem Austropop-Medley trällern mussten, hat schon irgendwie etwas Grausames.
Einfach Niddl
Ach Niddl, du Finalistin unserer Herzen. Mit ihrer konsequent unverstellten Art und dem lakonischen Unterton in ihrer Stimme war sie eine der erklärten Stars der ersten Staffel. „Wie Nadl, nur mit i“, stellte sie sich gleich mal beim ersten Casting vor. Und als sie kurz vorm Finale abdankte, ging sie nicht ohne einen weiteren ikonischen Sager: „Immer grad ums Oaschloch vorbei. Aber is‘ eh okay.“ An dieser Stelle müssen wir noch einmal wiederholen, wie unschuldig das Fernsehen der frühen 2000er-Jahre war. Wie cool war es für uns als Teenie, jemanden im öffentlich-rechtlichen TV „Oaschloch“ sagen zu hören? Ziemlich cool.
Fiese Juroren
Aber zu Starmania gehörten nicht nur Starmaniacs und eine enervierend entspannte Arabella Kiesbauer, sondern auch der Einzeljuror, der mitten im Publikum über der Bühne thronte und am Ende jedes Auftritts seinen Senf dazugab. Und der war zumeist beißend scharf. Denn offenbar gehörte es zur Jobdescription eines solchen Jurors, möglichst fies und untergriffig zu sein. In der ersten Staffel übernahm diese Rolle der österreichische Musikmanager Bogdan Roscic, der im Juli 2020 zum Staatsoperndirektor avancierte, und 2003 mit Aussagen glänzte wie „Geschnäuzte und gekampelte Burschen gibt es Wagenladungen da draußen“ oder „Auch wenn du nicht gerade Mr. Unterhosenmodel bist, man spürt, du bist Musik.“ Bodyshaming und Kompliment in einem, das muss man erst einmal schaffen. In der zweiten und dritten Staffel rückte Hannes Eder an seine Stelle, ebenbürtig bissig.
Markus Spiegel zur Lage der Starnation
Und dann war da ja auch noch Markus Spiegel, österreichischer Musikproduzent und inzwischen irgendwie so etwas wie eine Kultfigur innerhalb der Branche. Das hat er nicht zuletzt seinen in eigenartig staatstragendem Ton gehaltenen Monologen Zur Lage der Starnation zu verdanken, mit denen er sich am Ende jeder Folge hervortat und analysierte, was eigentlich keiner großen Analyse bedurfte. Aber so bekam das Ganze wenigstens ein scheinbar pädagogisches Element. Welche Casting-Show kann das schon von sich behaupten? Eine Frage, die wir uns während unserer Recherche übrigens nicht nur einmal ernsthaft gestellt haben.
Ihr wollt noch weiter in Nostalgie schwelgen? Wir verraten euch, was aus den Starmaniacs der früheren Staffeln wurde. Außerdem haben wir uns angesehen, was die Saturday-Night-Fever-Stars unserer Jugend inzwischen machen.