10 Gerüche, die typisch für Wien sind
Wie herrlich ist es, wenn der Kellner mit dem frisch gebackenen Schnitzel durch’s Wirthaus rauscht? Es muss nicht mal das eigene sein – schon der Geruch allein zaubert uns Herzchen in die Augen. Vielleicht geht die Liebe also weniger durch den Magen als vielmehr durch die Nase? Wir haben für euch zehn typische Gerüche gesammelt, mit denen ihr eure Liebe zu Wien auf eine harte Probe stellen könnt.
Jeder Mensch hat seinen ganz persönlichen Körpergeruch, sagt man. Wenn das stimmt, hat Wien fast zwei Millionen verschiedene Düfte im Repertoire. Sie alle mit der Nase zu erschnüffeln, wäre unmöglich – und wahrscheinlich strafbar. Zum Glück hat Wien aber auch abseits seiner Bewohnerinnen und Bewohner seine ganz eigene Geruchspalette im Angebot – zwischen famosem Duft und grindigem Gestank, wie es sich für eine Großstadt eben gehört. Und weil wir momentan aufgrund der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus alle so gut wie möglich zu Hause bleiben sollen, erinnern wir uns hier zumindest olfaktorisch daran, wie unsere Lieblingsstadt riecht.
Die Fiaker
Jeder Mainstream-Touri kriegt glasige Augen, wenn plötzlich mitten in der Stadt die herausgeputzten Fiaker vorbeizuckeln. Auch so manchem oder mancher Einheimischen treiben sie das Wasser in die Pupille – oder vielmehr ihr Geruch. Wer findet, dass Großstadt und Stallgeruch nicht zueinander passen, der wird an Fiakerstellplätzen neben dem Stephansdom oder am Michaelerplatz bestätigt. Es ist schon irgendwie skurril, dass man sich hier neben Autolärm und Touri-Trubel wie bei Wendy im Stall fühlt, sobald man durch die Nase atmet.
Die Mannerschnitten
Etwas weiter draußen geht es geruchstechnisch etwas weniger rustikal zu, aber genauso klischeebelanden. Wer sich schon einmal in der Nähe der Wilhelminenstraße 6 in Hernals herumgetrieben hat, dem wackelt jetzt sicher die Nase. Wenn die Manner-Manufaktur ihre Maschinen anwirft, dünstet sie ein typisches Odeur-Gemisch aus Waffeln und gerösteter Schokolade aus. Gnadenlos für appetit-technisch leicht Beeinflussbare.
Das 16er-Blech
Weiter südlich tritt dem Schoko-Geruch eine andere Duftmarke entgegen. Die olfaktorische Mischgulanz vor der Wiener Ottakringer Brauerei ist vermutlich weltweit einzigartig. Zum Glück? Das kann jeder selbst entscheiden. Für die einen ist der herbe Hefegeruch in Kombination mit Schoki-Flavour Kopfweh pur, für die anderen riecht’s hier nach Zuhause.
Die Melange
Wer „Wien“ sagt, muss nach Fiaker, Bier und Manner zwangsweise irgendwann auch „Kaffee“ sagen. Immerhin ist die berühmte Wiener Kaffeehauskultur das Schlagwort schlechthin, will man mit nobler Lässigkeit die Mini-Flashbacks aus dem Deutsch-Unterricht unters Volk bringen. 2009 haben Forscherinnen allerdings herausgefunden, dass die Luft der Wiener Kaffeehäuser erstaunlich wenig Kaffee-Moleküle aufweist, dafür hängen zu viel Rauch und Putzmittel in der Luft. Wer echten Kaffee-Röst-Geruch inhalieren will, der kann gleich in der Nähe der Ottakringer Brauerei bleiben. Denn dort gesellt sich oft auch das Röstaroma der Meinl-Rösterei in der Julius-Mein-Gasse 3-7 zum Duft-Potpourri. Für mehr Abwechslung könnte man auch in den 21. Bezirk nach Strebersdorf fahren zur Rösterei Naber. Die Brise, die sich dort alle 15 Minuten entfaltet, ist zwar auch nicht unbedingt die intensivste Kaffeedröhnung, aber dafür unverfälscht durch Küche, Putzmittel und – das ist allerdings inzwischen passé – Rauch.
Die Tschick
Das bringt uns auch gleich zur nächsten typischen Wiener Duftmarke – dem Qualm. Wobei Rauchen ohnehin ein universal-österreichisches Thema ist. Lange schon ist es nicht mehr nur Privatvergnügen mancher, nein, es ist etwas Politisches. Viele Wiener Gastro-Institutionen wie das Café Hawelka sind schon seit einigen Jahren rauchfrei und seit November 2019 gilt in der gesamten österreichischen Gastronomie gesetzlich Rauchverbot. Wem die Nase trotzdem nach einem kräftigen Schwall Nikotin steht, kann sich zu den Qualm-Gesellschaften vor den Lokalen gesellen.
Die noblen Damen
Gehobener geht es natürlich in Wiens Theater- und Opernhäusern zu – kein Rauch, und auch Biergeruch wäre hier fehl am Platz. Betritt man beispielsweise die Eingangshalle des Burgtheaters an einem gut besuchten Abend, tänzelt ein ganz anderer Duft um die Nasenspitze. Da ist einerseits das schwere Parfüm reiferer Damen, das in der Luft hängt. Dazu kommt im Winter der Geruch ihrer Pelzmäntel, die sie nur zu besonderen Anlässen ausführen, und schließlich andererseits eine Prise Haarlack für den letzten Schliff.
Das Würstelfett
Egal ob nach dem Theater oder am Ende einer durchzechten Beisel-Tour – am Würstelstand kommen alle zusammen. Er ist gewissermaßen klassenlos, dafür aber umso geruchsintensiver. Untertags zwickt den einen oder die andere der penetrante Fettgeruch des Würstelgrills vielleicht in die Schleimhäute, aber mitten in der Nacht, nach fünf Bieren, schaffen die wenigsten den Weg daran vorbei, ohne sich nicht zumindest ein Hotdog für die Nightline zu organisieren.
Die Nightline
Sie sind die Epizentren des nächtlichen Geruchsspektakels: die Wiener Nachtbusse, wo man die Alkoholfahne hisst und Fast-Food-Aromen mit kaltem Rauchgeruch um die Wette „feun“. Kaum ein Wiener Odeur erweckt in einem so sehr das Bedürfnis nach der Embryonalstellung im sicheren Zuhause wie das Potpourri an Bar-Überbleibseln am Ende der Nacht.
Die U1
Aber auch tagsüber gibt’s bei den Wiener Linien da und dort was auf die Nase. Besonders in der U1-Station Stephansplatz, wo man auch vermuten könnte, dass die eine oder andere Sauftour ein unglückliches Ende nahm. Aber es ist kein erstaunlich hartnäckiger Mageninhalt, der hier so „miachtelt“, sondern es handelt sich um eine chemische Reaktion: Das beim U-Bahn-Bau verwendete Wasserglas reagiert mit den Bodenmaterialien zu einer schwefelhaltigen Substanz. Hinter den Tunnelwänden hängt der Schwefelgeruch fest und ist damit bleibendes Wahrzeichen der Wiener Linien.
Der Donaukanal
Im wahrsten Sinne des Wortes gechillter geht es am Donaukanal zu. Nicht nur der konstante Geruch nach Schmutzwasser steigt hier in die Nase, sondern ab und zu auch etwas Herberes, meistens ausgehend von einer Gruppe zufrieden grinsender Hipster. Zwar wird in Wien sicher nicht nur hier am Dübel gezogen, aber gerade im Sommer ist der Donaukanal auch außerhalb des Flex-Radius’ ein Spot für Freiheitsliebende, Hippies und Chiller aller Art.
Eure Wien-Liebe könnt ihr von zu Hause aus praktizieren, indem ihr euch zum Beispiel ein paar Filme über Wien reinzieht. Oder ihr chattet mit eurer Gang und schwelgt gemeinsam in Erinnerungen.
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