Es war schon ein verrückter Tag, dieser 23. Oktober 2013. Eigentlich hätte ich meinem Studium nachkommen sollen, bin aber zuhause vor Facebook versumpft. Was dann passiert ist, kann kein Studium der Welt vermitteln. Wenn man also so will, war es das wertvollste Unischwänzen meines Lebens. Denn an diesem besagten 23. Oktober, so ca. gegen 16.53 Uhr, habe ich bei Facebook die Seite „1000 things to do in Vienna“ gegründet. Blauäugig und naiv googelte ich „Stephansplatz“, „Museumsquartier“ und „Wiener Oper“, schnappte mir die erstbesten Bilder (Urheberrecht ole!) und stellte sie auf die Facebookseite.
Die ersten Tipps von 1000things waren also wahre Insider, Dinge, die man ohne die Facebookseite bestimmt niemals in der Stadt gefunden hätte. Trotzdem hat die Seite funktioniert, denn nach 30 Minuten waren schon 2.500, nach 24 Stunden 40.000 Likes vereint. Ich werde oft gefragt, wie haben die 1000things trotz der äußerst kreativen Tipps der ersten Stunden so viele „gefällt mir“ in so kurzer Zeit vereinen können. Als Antwort gebe ich gerne: 50:50. 50 Prozent waren reines Glück, das klassische „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ quasi. Die anderen 50 Prozent war die Lücke, in die die Seite reingestoßen ist: es gab in Wien keinen Auftritt eines Stadtmagazins, das Content hochwertig aufbereitet und gleichzeitig einen Namen trägt, bei dem man sich sofort auskennt, was gemeint ist. Über den Tellerrand seiner drei, vier Stammlokale und Spaziergänge will doch selbstverständlich jeder mal hinausschauen.
Klar war zu damaligen Zeiten – und im Social Media Kosmos kann man dabei wirklich von damaligen Zeiten sprechen, wie es beispielsweise Historiker von Phasen tun, die Jahrhunderte zurückliegen – der Facebook Algorithmus nicht wirklich vorhanden. Klar konnte man die Nutzer leichter erreichen, schon alleine dem Fakt geschuldet, dass 2013 noch wesentlich weniger User, Produkte, Marken und Medienhäuser auf Facebook aktiv waren. Zum Vergleich: aktuell nutzen 1,2 Milliarden Menschen weltweit mehrmals (!) täglich Facebook, 2013 waren nicht ansatzweise so viele Menschen auf der Plattform registriert, von täglich mehrmals aktiv konnte da noch nicht einmal die Rede sein. Der Platz im Newsfeed – und dabei spreche ich nicht nur von Facebook, sondern auch Instagram und all die Plattformen, die da noch kommen werden – war vor fünf Jahren bei weitem noch nicht so umkämpft wie er es heute ist.
Die Spanne, in der User aktiv Posts wahrnehmen und dem Content eine „Chance“ geben, hat sich in der Zeitspanne von 2013 auf 2018 fast halbiert und liegt mittlerweile bei nur noch 1,7 Sekunden.
Daher an dieser Stelle schon einmal ein herzliches Danke, dass du den Text schon so weit gelesen hast und wesentlich länger als 1,7 Sekunden dabeigeblieben bist. Und obwohl die Aufmerksamkeitsspanne auf Grund der Masse an Information wesentlich kürzer geworden ist, ist es nach wie vor nicht unmöglich, hohe organische Reichweiten zu bekommen. Auch wir kämpfen Tag für Tag, seit über fünf Jahren um den Platz im Newsfeed. Auch wir hatten schon Reichweiteneinbrüche, weniger Interaktion, weniger Klicks. Auch wir wollten unsere gesamte Strategie schon mehrmals über den Haufen werfen. Doch wir sind drangeblieben, haben innerhalb unserer Community unsere Inhalte durchgezogen und tun das auch weiter.
Und das ist das Wichtigste: dran- und relevant zu bleiben! Social Media Strategien werden niemals von heute auf morgen, übermorgen oder in drei Tagen Früchte tragen. Man spricht von einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten, dann sollten sich bei einer durchdachten Strategie spürbare Effekte einstellen. Was können Effekte sein? Tja, das liegt an eurem zuvor definierten Ziel. Mein Ziel mit 1000things war immer – seit dem ersten Tag – eine hohe, organische Reichweite. Die Likes der Seite sind mir mittlerweile eigentlich ziemlich egal, denn was bringt es, wenn inaktive Fans die Seite liken? Und was ist eigentlich eine hohe, organische Reichweite? Das kommt natürlich ganz auf euer Produkt an, seid ihr auf einem Nischenmarkt unterwegs, können das ein paar hundert erreichte Personen sein. Seid ihr ein großes Medienhaus, geht das schnell in die mehreren Hunderttausend oder Millionen täglich. Wichtig ist es, euren Vorgesetzten zu vermitteln, dass es eben nicht auf die Seitenlikes, sondern auf effektive (!) Reichweite ankommt, und das können bei speziellen Produkten ruhig auch sehr wenige User sein, die sich aber dann aktiv mit euch auseinandersetzen. Solche eine Reichweite ist meiner Meinung nach auch wertvoller als jede Printanzeige oder Bannerwerbung, die Tausende Menschen sehen.
Auch 1000things hätte ein einmaliges Ereignis bleiben können, denn wie viele Seiten gibt es nach wie vor, die extrem viele Likes in kürzester Zeit erhalten, dann jedoch nichts damit anfangen zu wissen. Doch ich habe von Anfang an eine Strategie durchgezogen, diese natürlich immer wieder adaptiert, doch im Großen und Ganzen bin ich ihr immer treu geblieben. Macht das auch, folgt eurem Social-Bauchgefühl, eurer Strategie, traut euch und seid relevant.
Wir helfen übrigens gerne im Bereich der Beratung, Strategie und Umsetzung! Meldet euch diesbezüglich jederzeit.
Euer Jan