8 Dinge, die du kennst, wenn du in Vorarlberg aufgewachsen bist
Egal ob ihr nach wie vor im Ländle wohnt oder es euch längst auf die andere Seite des Berges verschlagen hat – wir haben ein paar Dinge für euch, die euch bestimmt bekannt vorkommen, wenn ihr in Vorarlberg aufgewachsen seid.
Hast du schon mal von diesem Zwerg im Westen Österreichs gehört? Viele verbinden mit Vorarlberg eine eigenwillige Sprache, Berge und Käse. Wenn du allerdings im Ländle aufgewachsen bist, gibt es noch viel mehr, was die Heimat ausmacht. Bereit für eine Reise in die Untiefen der Vorarlberger Kultur?
„Vorarlberger ka ned jeda si!“ Dieses Sprichwort hat wohl einen sehr wahren Kern. Denn um Vorarlberg oder „‘s schöane Ländle“, wie es gerne genannt wird, ranken sich nicht ganz zu Unrecht ein paar Mythen und Legenden. Der namensgebende Arlberg trennt die Gsiberger*innen nicht nur geografisch vom Rest. Als westlicher Zipfel Österreichs, fast komplett abgeschottet von allen anderen, entstanden über die Zeit ein paar schräge und schöne Eigenheiten, die jede*r Vorarlberger*in nur zu gut kennt. Du möchtest etwas in Nostalgie schwelgen oder das Ländle abseits vom Bodensee und Pfänder besser kennenlernen? Dann immer hier entlang.
Vorarlberger Dialekt = Fremdsprache
Das vermutlich Wichtigste zuerst: Der berühmt-berüchtigte Vorarlberger Dialekt. Klar, in Österreich gibt es viele versteckte Ecken und Dörfer im Hinterwald, die ihre eigene Sprache zu sprechen scheinen. Vorarlberg ist hier aber ein ganz besonderer Kandidat. Das kleine Bundesland ist bildlich gesprochen wie der bunte Papagei unter den österreichischen Adlern, den keiner so recht versteht. Dem Vorarlberger Empfinden nach können sich alle anderen Bundesländer mit leichten Anpassungen gut untereinander verständigen. Wir müssen dafür in ein unbequemes Hochdeutsch switchen, dass sich einfach nur grauenvoll anhört. Im Tirol und in der Schweiz kommen Vorarlberger*innen mit der Verständigung meist noch gut zurecht, alles darüber hinaus wird schwer.
Die Eigenheiten des Dialekts abzulegen, ist sowieso eine Meister-Aufgabe. Nach fünf Jahren abseits von daheim habe ich meine Tarnung beinahe perfektioniert und die Vorarlbergerin in mir kommt, zumindest sprachlich, kaum noch zum Vorschein. Höre ich aber in einer Bar den Ländle-Slang, spitzen sich sofort meine Ohren und ich versuche, die Landsleute ausfindig zu machen. Denn Vorarlberger*innen verbrüdern sich in der großen weiten Welt stets zu einem homogenen Haufen. Gleiches gesellt sich nun mal zu Gleichem. Also egal, wie sehr du vielleicht auch versuchst, deinen Wurzeln zu entkommen: Die Exil-Vorarlberger*innen finden dich so gut wie überall. Einmal „Gsi“, immer „Gsi“!
Die Schweiz
Mit der Schweiz ist das so eine Sache. Denn die enge Beziehung zu unserem Nachbarland ist Segen und Fluch zugleich. Unsere Schweizer Mitmenschen kurbeln die Vorarlberger Wirtschaft nämlich ordentlich an. Besonders der Samstag wird jede Woche zum offiziellen Schweizer Einkaufstag. Als Vorarlberger*in wird einem darum sehr früh eingebläut: Samstags musst du um jegliche Läden einen großen Bogen machen. Lässt es sich doch nicht vermeiden, stolpert man in den schlimmsten Einkaufstrubel überhaupt und muss für zehn Eier hinter vollgefüllten Wägen und schnatternden Schweizern*innen gefühlt drei Stunden anstehen. Bei jeglichen Problemlagen im Leben sind es dann meistens auch unsere Nachbar*innen, die dafür auf den Deckel bekommen. Der Satz „Jojo, dia Schwitzer wieda“ kommt jedem*jeder Vorarlberger*in nicht nur einmal über die Lippen.
Abgesehen von den vollgestopften Straßen und Supermärkten sind die Schweizer*innen mit ihrem sympathischen „Grüezi“ aber natürlich auch in Vorarlberg gern gesehen. Und ehrlicherweise muss ich zugeben: Es gibt auch einige Dinge, die jede*r Vorarlberger*in schon mindestens einmal aus den Schweizer Supermärkten coop oder Migros importiert hat. Da wären etwa die berühmten Zweifel-Chipsli, Läderacher Schoki, Appenzeller Biberli, Munzer Prügeli oder St. Galler Bürli, um nur ein paar zu nennen.
Bergkäse und Lustenauer Senf sind Must Haves
Wenn du dich für ein Studium oder die Arbeit in ein anderes Bundesland abgesetzt hast, wirst du verstehen, was ich meine. Du schlenderst nichts ahnend durch den hiesigen Supermarkt und auf einmal springt dir an der Käsetheke eines sofort ins Auge: original Ländle Bergkäse. Da geht jedem*jeder Vorarlberger*in sofort das Herz auf und das Gefühl von einem Stück Heimat in der großen weiten Welt stellt sich ein. Auch was den Senf angeht, sind wir von Natur aus sehr heikel. Der süße Wiener Würstelsenf kommt in Vorarlberg zum „Wienerle“, wie die Frankfurter in Vorarlberg genannt werden, niemals auf den Teller. Es gibt nur the one and only Lustenauer Senf. Findet man den noch on top, ist die Leere im Leben wieder gefüllt. Die frohe Kunde vom Gourmet-Fund muss natürlich sofort mit den Landsleuten im Freundeskreis geteilt werden. Immerhin soll jeder geschulte Gaumen seine Freude daran haben.
Die Vorarlberger Leibspeise
Um das Käse-Thema gleich weiterzuführen: Ja, Käsknöpfle sind das liebste Gericht der Vorarlberger*innen. Regelmäßige Get-Togethers mit Käsknöpfle-Partien, traditionell in einer Holzschüssel namens „Gepse“ oder „Brenta“ serviert, sind Tradition. Ganz wichtig sind dabei die Zutaten. Für die perfekten Knöpfle dürfen nur Vorarlberger Produkte verwendet werden. Vom Mehl bis zum Käse muss alles den Stempel „Made im Ländle“ tragen und der Montafoner „Sura Kees“ (Sauerkäse) darf als Geheimzutat auf keinen Fall fehlen. Da ist es dann auch kein Wunder, dass als „Vorarlberger Käsknöpfle“ deklarierte Speisen in anderen Bundesländern nicht im Entferntesten an das Original herankommen. Wohnt man beispielsweise in Wien und möchte eine Zusammenkunft mit „Käsknöpfle“ organisieren, muss man erfinderisch werden oder gleich wissen, woher man den guten Stoff bekommt. Natürlich kann man auch aus der Heimat importieren.
So oder so: Die perfekten Käsknöpfle hinzubekommen, ist eine Lebensaufgabe der Vorarlberger“innen, nach der jede*r strebt, die aber nur wenige meistern. Am Ende des Tages schmeckt es immer noch daheim am besten.
„Jassa“ als Freizeitbeschäftigung
Fragt man in Vorarlberg: „Tuama an Jass?“, geht es nicht etwa um eine sonderbare Sportart, sondern um ein bekanntes Kartenspiel, dass zur Vorarlberger Tradition gehört. Bereits unsere Großeltern haben sich mit „Bur“, „Neall“ und Co stundenlang die Zeit vertrieben. Sitzt man heute in feucht fröhlicher Runde zusammen, ist es auch nicht selten der Fall, dass die Jass-Karten ausgepackt werden. Immerhin hat jeder „khörige Gsi-Hushalt“ solche Karten zu Hause. Das Spiel mit dem Bayrischen Kartendeck scheint für Außenstehende sehr komplex und das auch völlig zurecht. Sogar ich als Vorarlbergerin habe das Spiel nie ganz durchschaut. Obwohl meine Oma schon seit Jahren verzweifelt versucht, mich in die hohe Jassa-Kunst einzuführen. Es kann mit so vielen verschiedenen Regeln gespielt werden, dass man vor allem als Jass-Azubi schnell den Überblick verliert: „Krüzjass“, „Wiesa“, „Schmürba“, … Verwirrung pur!
Der „Funka“-Brauch
Vorarlberg hat so einige ausgefallene Bräuche, der „Funka“ gehört auf jeden Fall dazu. Jedes Kind, das im Ländle aufwächst, geht jährlich am „Funkasunntag“ zu einem der vielen „Funka“, die im ganzen Land stattfinden. Dieses Fest wird am ersten Sonntag nach dem Aschermittwoch gefeiert, um den Winter zu verabschieden und den Frühling willkommen zu heißen. Zu diesem Zweck gibt es Funkenzünfte, die eine große Feier organisieren und neben den traditionellen Speisen, wie „Funkaküachle“, für das Wichtigste sorgen: den „Funka“! Das ist nichts anderes als ein großer, oft auch kunstvoller Haufen aus Holz, Geäst, Stroh und Schilf, der vor den Augen freudiger Zuseher*innen angezündet wird. Wird dir als Kind die Ehre zuteil, beim Fackellauf der Funkenzunft dabei sein zu dürfen, ist die Wunschliste deines noch jungen Lebens wahrscheinlich halbiert.
Im weiteren Verlauf des Spektakels wird das Feuer dabei beobachtet, wie es sich seinen Weg nach oben zur „Funkahäx“ bahnt. Auf jedem Funken ist eine selbst gebastelte, lebensgroße Puppe angebracht, die als eine Hexe verkleidet und mit Knallkörpern ausgefüllt ist. Explodiert diese am Schluss, gilt der „Funka“ als gelungen und großer Applaus erfüllt die Nacht. Verpulvert sich die Hexe allerdings nicht, ist das für die Funkenzunft gleichzusetzen mit 365 Tagen Regenwetter. Fast jedes Jahr gibt es auch ein paar Feierlustige, die sich einen Spaß daraus machen, die Hexe vor ihrem Schicksal zu retten. Übrigens: Wer in Wien wohnt, kann beim „Vorarlberger Funken“ die Tradition live miterleben. Dieser wird jedes Jahr von einer Vorarlberger Funkenzunft organisiert.
„Luschnouar Kilbi“ und „Käsdonnala“ sind Pflicht
Für jede*n, die*der schon bei der Überschrift die Stirn runzelt: Ich kann‘s verstehen. Denn das ist wirklich breites Vorarlbergerisch beziehungsweise der höchst komplizierte Dialekt der Gemeinde Lustenau. Auf den Dialekt werde ich nicht näher eingehen, denn das würde den Rahmen sprengen. Was aber sehr wohl zur Sprache kommen sollte, wenn es um Vorarlberg geht, ist die alljährliche „Luschnouar Kilbi“. Sie findet jedes Jahr am zweiten Sonntag im Oktober statt. Die „Kilbi“ ist nichts anderes als ein großer Jahrmarkt, der Hunderte Menschen aus dem ganzen Ländle und den Nachbarländern nach Lustenau lockt. Für mich als geborene „Luschnouarin“ ist die „Kilbi“ etwas ganz Besonderes und Nostalgisches. Denn schon als Kind bin ich, wie viele andere, mit dem „Kilbi-Geld“ der Eltern losgezogen, um Riesenkarussell zu fahren, Spielzeug zu kaufen und natürlich einen „Käsdönnala“ zu essen. Somit kommen wir auch schon zum nächsten Käse-Gericht auf der Vorarlberger Speisekarte: Einfach erklärt, ist ein „Käsdönnala“ nichts anderes, als ein Hefefladen mit Käse und Zwiebeln belegt. Um deine erste Frage, die vermutlich aufkommt, gleich vorweg zu beantworten: Ja, es schmeckt so gut wie es klingt!
Szene Openair – Das Nova Rock von Vorarlberg
Wenn Menschen aus Vorarlberg den Festival-Sommer planen, steht meistens eines fix und ganz oben auf der Liste: das Szene Openair am Alten Rhein in Lustenau – heuer übrigens von 1. bis 3. August 2024. Dort nimmt jede Vorarlberger Festival-Karriere in jungen Jahren, gefesselt an einen Campingstuhl und mit Trichter im Mund, ihren Lauf. Die schönen Seiten dieses eher überschaubaren Festivals: Jede*r kennt jede*n. Du schwelgst mit Menschen im Festival-Dusel, die du zuletzt im Volksschulalter gesehen hast. Außerdem musst du deinen Dunst nicht drei Tage in einem instabilen Zelt mitten in der Schlammsuppe ausschlafen. Durch die Nähe kannst du um vier Uhr gemütlich nach Hause stolpern oder das Eltern-Taxi bestellen. Bereits im zarten Alter von 15 Jahren habe ich dort mit Freund*innen zu Rockbands geschaukelt, beim Dauergast Kraftklub laut mitgeschrien und meine Leber drei Tage lang einer Ethanol-Kur unterzogen. War das schön.