Acht Dinge, die jeder von zuhause am Land kennt
Urlaub zu Hause ist doch am schönsten, oder? Ob Weihnachten, Ostern oder auch nur ein Wochenende zwischendurch – kehrt man von der Stadt zurück aufs Land, fallen einem aber doch einige Dinge auf, die man schon längst nicht mehr gewöhnt ist.
Bereits nach wenigen Tagen im Hotel Eltern fühle ich mich wieder wie 16 und meine Eltern sagen Sätze wie: „Heute gehst du aber nicht fort, du hast doch Halsweh.“ Darum hier eine Hommage an die acht Dinge, die sich in Oberösterreich nie verändern werden.
Der Streit um das Auto
Wohnt man irgendwo in der Pampa, so wie wir in Oberösterreich, ist ein Auto das Nonplusultra. Rund um unser Haus gibt es nichts als Felder, Schweineställe und Pensionist*innen. Und das ist wirklich nicht übertrieben. Darum bin ich natürlich nicht die einzige, die flüchten will. Wer den Kampf verliert, muss bleiben. Und kann dann entweder Schweine streicheln gehen oder auf den Bus warten, der zumindest einmal am Tag hier im Dorf stehen bleibt.
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Der Hunger nach Fleisch
Wenn ich in Wien bin, esse ich so gut wie nie Fleisch. Einerseits weil ich zu faul bin und es meine Kochkünste haushoch überfordert und andererseits weil ich zwar auf Schnitzel stehe, aber kein rohes Fleisch angreifen mag. Sehr heuchlerisch, ja, haters gonna hate. Hier in Oberösterreich ist das anders. Zum Frühstück gibt’s schon Schinken, zu Mittag schwimmen in der Kartoffelsuppe Speckstückerl und als Hauptgang gibt’s Fleisch mit Soße, Schnitzel oder Nudeln mit Fleisch. Und abends zum Jausnen essen wir natürlich Knacker mit Zwiebeln. Ich bin mir nicht sicher, ob mein Körper auf einen Oberösterreichmodus wechseln kann und sich die ganzen Nährstoffe, Fette und Proteine speichert, denn wenn nicht, ist es ein Wunder, dass ich nicht jedes Mal mit der Gicht im Gepäck zurück nach Wien reise.
Der Streit um den Fernseher und das Radio
In Wien habe ich keinen Fernseher. Nicht nur weil ich es mir nicht leisten kann, sondern auch weil ich es für eine Zeitverschwendung halte. Und trotzdem gehe ich dieser Zeitverschwendung in Oberösterreich plötzlich sehr gerne nach. Nicht nur weil es nicht viel anderes zu tun gibt, sondern auch weil es – ähnlich wie beim Auto – einen Kampf zu gewinnen gilt. Hier treffen alle Generationen und Geschmäcker aufeinander und es endet meist mit einem „Tatort“ oder „Bergdoktor“, den keiner sehen will und der Rest schon gesehen hat. Ähnlich ist es auch beim Radio. Musik läuft bei uns im Wohnzimmer in Dauerschleife und meist Klassik Radio FM. Dazwischen wird Radio Salzkammergut gehört, wo Moderatorin Edith Schiller die immer gleichen unlustigen Scherze bringt. Wer es wagt, den Sender zu wechseln, muss es auf Streit abgesehen haben.
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Das Festnetztelefon
Etwas, das ich nie verstehen werde: Warum braucht man heute noch ein Festnetz? Und warum müssen drei Telefone im Haus so vernetzt sein, dass man bei Anrufen fast vom Sessel fällt und mehr das Gefühl hat, eine Sirene als einen Anruf zu hören? Eine Erklärung gibt es dafür nicht, da meine Eltern noch gut hören und man die Lautstärke jederzeit (zumindest theoretisch) dimmen könnte. Und dann gibt es da natürlich noch die Spezialist*innen, die ich besonders liebe. Sie rufen sonntags um halb acht Uhr morgens an und lassen es so lange läuten, bis jemand rangeht. Die denken sich vermutlich: „Warum denn auch nicht, um diese Zeit schläft man schließlich nicht mehr und macht sich ohnehin fertig für die Kirche.“ Tja, ich nicht.
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Die (Nicht-) Gebrauchsgegenstände
Was haben der Tisch und die Polster bei mir zu Hause gemeinsam? Sie sind da, aber man darf sie nicht benützen. Wir haben einen wunderschönen Bambus-Holz-Tisch im Esszimmer. Wirklich schön. Leider bekommt man ihn nie zu Gesicht, da er stets unter Tischdecken und Tischsets begraben wird. Bambus ist zwar traumhaft schön, jedes Wasserglas hinterlässt aber hässliche Ränder. Die Zustände sind zwar noch nicht so krass wie in der Serie „Die Nanny“, wo alles mit Plastik überzogen wird, aber weit entfernt sind wir auch nicht mehr. Dann gibt es auch diese schönen Weingläser, die man nur anschauen, doch niemals benützen darf, weil sie nicht in den Geschirrspüler passen. So läuft’s auch mit den Zierpölstern und dem Lilienporzellan und einer langen Liste von „Nicht-Gebrauchsgegenständen“.
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Heißes Wasser
Ein Szenario, wie ich es schon zigmal erlebt habe: Ich freue mich den ganzen Tag auf die Badewanne. Auch ein Luxusgut, das ich in Wien nicht habe. Da ich es nicht erwarten kann, lege ich mich schon bei ganz wenig Wasser in die Wanne. Das Wasser ist traumhaft heiß, die Luft dampft und plötzlich wird es kalt. Auch wenn man kurz abdreht und wartet — kein warmes Wasser mehr. Auch das wenige verbliebene heiße Wasser in der Wanne wird kalt und so bleibt mir nichts anderes übrig als die Wanne zu verlassen. Ich schlinge mir schnell ein Handtuch um und tropfe trotzdem den ganzen Boden voll, reiße die Türe auf und schreie durch das ganze Haus: „Papa, das Wasser ist kalt“. Meist kommt keine Antwort und ich brülle noch einmal wie eine Berserkerin. Irgendwann geht Papa in den Keller und dann kommt die Antwort: „Da hätten wir aufdrehen müssen.“ Und dieses „aufdrehen müssen“, das verheißt nichts Gutes. Das weiß ich schon seit Jahren. Wir heizen unser Wasser mit Solar und wenn zu wenig Sonne da war, müsste man dazu heizen. Eigentlich alles kein Problem, nur das dauert eben ein paar Stunden. Und die Luft ist heiß. Und das Wasser kalt.
Sharing is caring, oder?
Bei uns gab es immer mehr als genug zu essen. Immer. Und trotzdem bin ich mit einem Futterneid aufgewachsen, der seinesgleichen sucht. Auf Sätze wie „Isst du das noch?“ oder „Darf ich einen Schluck von deinem Kaffee haben?“ bin ich heute noch allergisch. Denn diese Sätze endeten meist mit dem Resultat, dass ich eine leere Tasse oder einen leeren Teller zurückbekam. Darum wird bei uns beim Essen aus Prinzip um das letzte Mohnflesserl gestritten. Auch wenn man schon pappsatt ist.
Wlan ausschalten
22:30 Uhr. Ich scrolle mich gerade auf Facebook durch. Plötzlich die Warnung: „keine Verbindung“. Ich disconnecte das Wlan, doch auch danach findet mein PC kein Netz mehr. Ich verlasse mein kuscheliges Bett und mache mich auf den Weg zum Wlan-Rooter. Kein Leuchten, kein Blinken, nichts. Er scheint tot. Ich schalte ihn wieder ein. Es dauert Ewigkeiten, bis er nicht mehr blau blinkt und endlich wieder funktioniert. Ich weiß auch, woran das Internet gestorben is: Bei uns zuhause wird das Wlan nachts meist ausgestaltet. Wegen der Strahlen. Ernsthaft!
Nach so ein Paar Tagen im Hotel Mama und Papa sitze ich dann wieder in Wien in meiner Wohnung, wo es dauerhaft fließendes warmes Wasser gibt, ich die Musik hören kann, die ich will, mit der U-Bahn so gut wie überall hinkomme, meinen Tofu in den Salat schneide und mir niemand meinen Kaffee wegtrinkt. Da vermisse ich meine Familie und Oberösterreich dann doch. Und all das, was sich nie verändern wird, fehlt mir plötzlich.