Altes Handwerk: 11 Manufakturen in Wien
Auch heute gibt es noch Manufakturen in Wien, die ihre Waren in Handarbeit herstellen: Wir schauen Silberschmied*innen und Taschenproduzent*innen über die Schulter und lernen über Schuh- und Hutmanufakturen. Kommt mit auf eine Entdeckungstour zu altem Handwerk in Wien!
Seidengasse, Porzellangasse oder Wollzeile – einige Straßennamen in Wien geben Hinweise darauf, welches Handwerk man in den Vierteln einst vorgefunden hat. Auch heute gibt es noch einige traditionsreiche Handwerksbetriebe in Wien, die ihre Waren in Handarbeit fertigen. Wir zeigen euch coole Manufakturen in Wien!
Silberschmiede Jarosinski & Vaugoin
Wir beginnen unsere Tour zum Thema altes Handwerk im 7. Bezirk, wo wir im Rahmen einer Artissimi-Stadtführung die letzte produzierende Silberschmiede in Österreich besucht haben. Jarosinski & Vaugoin wurde 1847 gegründet und stellt hochwertige Bestecke und Tischwaren aus Silber her. Im dunkel gehaltenen Verkaufsraum glänzt Silber von allen Seiten. Jean-Paul Vaugoin, der den Betrieb in sechster Generation führt, präsentiert üppig verzierte Bestecksets und lässt die Gäste raten, wofür die verschiedenen Gabeln und Gerätschaften genutzt wurden (Highlights: Hendlhaxen-Halter und Spargelheber).
Doch nicht nur Besteck wurde und wird in der Silbermanufaktur im 7. Bezirk hergestellt. 1969 bildete Jarosinski & Vaugoin anlässlich eines Staatsbesuchs von Queen Elizabeth II. in Wien zum Beispiel die Saliera von Cellini nach. Hinter dem Verkaufsraum gelangt man in die Produktion, wo Silberschmiede Gabeln schlagen und schleifen, die später unter anderem an Königshäuser in aller Welt geliefert werden. Im hauseigenen Museumsraum befinden sich einige besondere Stücke – bei unserem Besuch auch eine Tafel, an der am Abend noch internationale Gäste speisen werden.
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Jarosinski & Vaugoin | Zieglergasse 24, 1070 Wien
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MO-FR
Hornmanufaktur Petz
Einige Meter weiter, in der Westbahnstraße 7, befindet sich der Shop der Hornmanufaktur Petz, den wir ebenfalls mit Artissimi besucht haben. In dem Geschäft könnt ihr handgefertigte Accessoires aus und mit Horn kaufen. Der Klassiker unter den Hornprodukten ist der Hornkamm, denn die Haare laden sich beim Kämmen mit einem Kamm aus Horn nicht statisch auf. Hergestellt werden die Produkte in der Manufaktur im 15. Bezirk. Die Hornmanufaktur wurde im Jahr 1862 gegründet, seit 2008 führt Thomas Petz den Betrieb.
Petz lernte das Handwerk von seinen Großeltern – sein Großvater erhielt als letzter Hornkammmacher Österreichs den Meisterbrief, denn durch den Trend hin zum Plastik stand die Hornproduktion vor dem Aus. Nun produziert Thomas Petz nicht nur Klassiker wie Kamm und Schuhlöffel, sondern hat die Produktpalette erweitert. Und so bekommt ihr zum Beispiel auch Sonnenbrillen, Taschen oder Ohrringe aus Horn in dem Geschäft im 7. Bezirk. Das Horn stammt von Rindern aus Afrika – das Material fällt dabei als Nebenprodukt der Fleischindustrie an.
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Hornmanufaktur Petz Store | Westbahnstraße 7, 1070 Wien
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MO-SA
Taschner Alexander
Nicht nur Horn, auch die Haut von Rindern ist ein Nebenprodukt der Fleischproduktion. Diese nutzen Taschner wie Alexander Rippka. In seinem Geschäft mit Werkstätte im 7. Bezirk produziert und repariert er Taschen und andere Lederwaren. Die Manufaktur gibt es bereits seit 1931 – wenn auch an anderer Stelle. 2017 hat Rippka den Betrieb übernommen.
Gelernt hat er das Handwerk bei seinem Vorgänger Albert Pattermann, auf dessen Designs und Schnittmuster Rippka auch heute noch zurückgreift. Aber auch eigene Kollektionen findet ihr in seinem Shop, welcher an das Atelier anschließt. Während Rippka durch das Atelier führt, surrt im Hintergrund eine Nähmaschine – etwa die Hälfte der Taschenproduktion ist immerhin Näharbeit. Im oberen Stockwerk stapeln sich Rollen mit Leder, Schnittmuster und zahlreiche Schnallen liegen bereit. Laut Rippka ist die Manufaktur eine der letzten, die in diesem Umfang Ledertaschen zu hundert Prozent in Österreich produziert.
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Taschner Alexander | Kaiserstraße 8, 1070 Wien
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DI-SA
Schuhmanufaktur Scheer
Von der Ledertasche geht es nun zum Lederschuh: Das Unternehmen Scheer stellt seit 1816 und seit sieben Generationen in Wien Maßschuhe her. Über dem Geschäft in der Bräunerstraße im 1. Bezirk befindet sich die Werkstatt, in denen verschiedene Schuhmodelle von Hand gefertigt werden. Schon die Schuhe von Kaiser Franz Joseph wurden hier hergestellt.
Berühmt ist der Schuhhersteller nicht nur, weil er einst kaiserlicher und königlicher Hof- und Kammerschuhmacher war, sondern auch aufgrund der umfangreichen Ledersammlung. Wer sich keine Schuhe nach Maßanfertigung leisten möchte, bekommt auch Leder-Accessoires wie Gürtel und Taschen. Zudem könnt ihr eure Schuhe hier reparieren lassen. Wer mehr über das Handwerk der Schuhmacherei erfahren will, kann eine Gruppenführung buchen.
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Schuhmanufaktur Scheer | Bräunerstrasse 4, 1010 Wien
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MO-SA
Mühlbauer Hutmanufaktur
Vom Fuß blicken wir zum Kopf, wo sich nach einem Besuch in der traditionsreichen Mühlbauer Hutmanufaktur vielleicht ein Exemplar des Hauses befindet. Die Hüte, die ihr in den Shops im 1. und im 7. Bezirk findet, werden in der Werkstätte am Franz-Josefs-Kai von Hand gefertigt. Begonnen hat alles im Jahr 1903, als Julianna Mühlbauer in Floridsdorf eine Hutwerkstätte mit angeschlossenem Geschäft eröffnete. Nun befindet sich der Betrieb in vierter Generation: Klaus Mühlbauer entwirft gemeinsam mit Designerinnen Nora Berger und Selma Klima die Kollektionen. Zu den Träger*innen zählen auch Stars wie Madonna, Yoko Ono, Meryl Streep oder Brad Pitt.
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Mühlbauer Hutmanufaktur | Seilergasse 10, 1010 Wien
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MO-SA
Augarten Porzellanmanufaktur
Jetzt blicken wir über den Tellerrand, nämlich über jenen von Augarten Porzellan. Die Manufaktur wurde in der heutigen Form 1923 gegründet, ihre Geschichte reicht aber noch weiter zurück: Die Augarten Porzellanmanufaktur setzt die Tradition der Wiener Porzellanmanufaktur fort, welche schon 1718 als zweite Porzellanmanufaktur in Europa entstand. Bis heute produziert die Augarten Porzellanmanufaktur Teller, Tassen, Schüsseln und mehr in Handarbeit.
Die Designs entstehen heute wie damals in Zusammenarbeit mit Künstler*innen. Im Museum im Schloss Augarten taucht ihr in die über 300-jährige Geschichte des Wiener Porzellans ein und bestaunt originale Stücke, den historischen Brennofen und wechselnde Sonderausstellungen.
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Porzellanmuseum im Augarten | Obere Augartenstraße 1, 1020 Wien
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MO-SA
Studio Comploj
Glasbläser*innen gibt es nur in Murano? Stimmt nicht. Auch in Wien wird in die heißen Rohre gepustet. Und zwar in Währing bei Robert Comploj. Er produziert Vasen in allen möglichen, eher zeitgenössischen Formen. Aber auch Streetart-Objekte: Dabei bringt er auf der Straße einfach heißes Glas auf einen Kanaldeckel in Form. Seine Videos auf Instagram haben übrigens Suchtpotential.
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Studio Comploj | Martinstraße 28, 1180 Wien
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MO-SA
Rudolf Vienna
Das Wiener Stricklabel ist deshalb so besonders, weil die Wolle für ihre Mode- und Interiorpieces in Wien Liesing gefärbt wird – und zwar mit Naturfarben. Produziert wird im Umkreis von 150 Kilometern. Und was sie so im Sortiment haben? Mustergültige Merinowolldecken und kuschelige Streifen-Pullover, zum Beispiel.
Werkstätte Carl Auböck
Diese Manufaktur hat sogar eine Hand als Markenzeichen. Besser gesagt als eines der Markenzeichen. Denn die vielen Produkte, die in der Werkstätte Carl Auböck seit über hundert Jahren aus Messing produziert werden, sind mittlerweile Kultobjekte und begehrte Alltagsbegleiter. Ob Briefbeschwerer-Hand, Erdnuss-Schlüsselanhänger, Baumtisch – der Katalog ist umfangreich. Produziert wird im siebten Wiener Gemeindebezirk.
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Werkstätte Carl Auböck | Bernardgasse 21, 1070 Wien
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nur mit Termin
Original Wiener Schneekugelmanufaktur
Ja, Miniatur-Stephansdome aus dem Souvenir-Shop sind kitschig. Noch kitschiger wird es, wenn sie auch noch golden sind. Und wisst ihr was? Es gibt sogar noch eine Steigerung davon: den vergoldeten Miniatur-Stephansdom in einer Schneekugel. Das ist so kitschig, dass es schon wieder schön ist. Es gibt aber natürlich auch andere Motive, die in der Schneekugelmanufaktur in Hernals beschneit werden: Punschkrapfen, Rauchfangkehrer und sogar Klopapier … Wie der Schnee so schön langsam rieseln kann, ist übrigens ein Betriebsgeheimnis.
>> Mehr lesen: Dinge, die ihr im 17. Bezirk machen müsst
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Original Wiener Schneekugelmanufaktur | Schumanngasse 87, 1170 Wien
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MO – DO
Kintsugi & Urushi
Japan ist ein Land, das für seine Handwerkskunst und den achtsamen Umgang mit Objekten bekannt ist. Geht etwas zu Bruch, etwa eine Tasse, wird sie nicht einfach weggeschmissen, sondern repariert. Und zwar so, dass man es sieht. Mit Gold. Hier wird nicht nur der Bruch der Tasse verarbeitet, sondern auch ein möglicher Schmerz, der damit einhergeht. Das Resultat ist ein authentisches Zeichen von Unvollkommenheit – Wabi-Sabi nennt sich die Philosophie. Diese Form der Keramik-Reparatur führt auch Yamuna Valenta in Wien durch – stellvertretend für einen selbst oder als DIY in Form eines Workshops.
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Kintsugi & Urushi | Strozzigasse 27, 1080 Wien