Der 1000things-Survival-Guide für die Familienfeier
„We are Family!“ Und das ist manchmal gar nicht so einfach. Denn Familienfeiern bergen oft riesiges Konfliktpotenzial. Wir verraten euch, wie ihr so einen Tag halbwegs elegant und unverfänglich übersteht.
Durchs Reden kommen die Leut’ z’samm’. Und durch Feiertage die Familie. Weihnachten, Ostern und vielleicht der eine oder andere Geburtstag trommeln die Nichten und Neffen, Taufonkel und Urstrumpftanten aus allen Himmelsrichtungen an einen Tisch – oder mehrere improvisierte Beistelltische – zusammen. Dass das nicht nur ein willkommenes Wiedersehen mit manchen verschollen geglaubten Cousins und Cousinen bedeutet, sondern auch sehr viel angestautes Konfliktpotenzial birgt, ist kein Geheimnis. Deshalb haben wir uns ein paar Tipps und Tricks überlegt, mit denen ihr euch halbwegs elegant durch den Tag lavieren könnt.
Lange nicht gesehen – na und?
„Jetzt haben wir uns schon so lange nicht mehr gesehen!“, ist wohl der Klassiker in Sachen passiv-aggressiver Kommunikation, besonders auf Familienfeiern. Könnte nett gemeint sein oder bloß eine triviale Feststellung, geht aber meistens einher mit einem vorwurfsvollen Unterton und einem peinlich betretenen Schweigen der angemaulten Person. Denn obwohl dieser Satz fast immer fällt, sind wir jedes Mal aufs Neue davon überrumpelt und in Erklärungsnot. Für die nächste große Familienfeier nehmen wir uns daher vor, nicht mehr auf unsere Schuhe zu starren, bis Tante Karin von uns abgelassen hat, sondern in klarem Ton zu kontern: „Ja stimmt, Karin. Du könntest dich auch wirklich öfter melden.“
Wer nicht gleich mit der Tür ins brennende Haus fallen will, kann die Retourkutsche natürlich auch etwas abschwächen: „Ja stimmt, Karin. Schade, dass wir schon so lange nichts voneinander gehört haben. Wie geht’s deiner Katze?“ Zuerst nehmt ihr Karin damit den Wind aus den Flügeln, indem ihr die Schuld zu gleichen Teilen auf euch beide aufteilt – immerhin hätte sie sich ja auch wirklich mal melden können. Und dann lenkt ihr das Gespräch schnell auf etwas, worüber sie gerne spricht. Ob das eine Katze, Gefängnisserien oder schräge Fetische sind, ist da mehr oder minder egal. Hauptsache, das Manöver gelingt.
Vorbereitung ist alles
Generell ist es ratsam, sich für die klassischen Fragen, die auf jeder Familienfeier abgeklappert werden, ein paar Antworten oder zumindest Stichworte zurechtzulegen. Natürlich geht’s dabei nicht darum, die immer gleichen Absätze stur runter zu rattern wie ein Chat-Roboter. Das würde nach einiger Zeit sicher ungewollt große Aufmerksamkeit auf euer starres Gesicht lenken. Und auch eure Moderationskärtchen lasst ihr lieber zu Hause. Doch prinzipiell nimmt es schon einige Konversationslast von den Schultern, wenn man nicht von Fragen wie: „Bist du schon fertig mit deinem Studium?“, „Wie lange bist du jetzt schon single?“, oder „Wieso hast du noch immer keinen Führerschein?“ eine unverfängliche Antwort parat hat und nicht auf nervöses Gestammel oder hysterisches Lachen zurückgreifen muss.
„Nein, ich habe noch zwei Semester vor mir“ – warum, ist eure Sache. „Ich bin schon eine Weile Single, aber das stört mich nicht. So kann ich mich stärker auf meine Karriere konzentrieren“ – gegen berufliche Ambitionen kann wohl kaum jemand etwas einwenden. „In der Stadt brauche ich keinen Führerschein. Würde ich ihn jetzt machen, wäre das Ressourcen- und Geldverschwendung“ – Ressourcenschonung und Sparsamkeit, damit zieht ihr sie alle auf eure Seite! Und falls dieses Jahr die Impfdebatte rund um den Familientisch erneut aufflammt, haben wir ein paar gute Konter für euch gesammelt, um eure impfskeptischen Familienmitglieder selbstbewusst in die Schranken zu weisen.
Sucht euch Verbündete
Sollte die Stimmung aus welchen Gründen auch immer konstant auf einen sozialen Eisberg zusteuern und drohen zu kentern, könnt ihr euch immer noch nach einem Rettungsanker umsehen. Natürlich empfehlen wir euch an dieser Stelle nicht, einen echten Schiffsanker mitzuschleppen. Das wäre erstens seltsam und zweitens sind diese Dinger ziemlich schwer. Nein, wir setzen stattdessen auf Leidensgenossinnen und Leidensgenossen, deren Zehen sich in den Filzhausschuhen der Großtante bisweilen ähnlich verkrampfen wie unsere. Meistens sind das gleich- oder ähnlich gesinnte Cousins oder Cousinen, die prototypischen Sisters from other Misters und Brothers from other Mothers. Habt ihr keine Verwandten in eurem Alter oder eurer Stimmung, könnt ihr euch immer noch bei den Kleinsten der Runde einschleimen, um vielleicht sogar einen Platz am Kindertisch zu ergattern. Peinlichen Fragen über Karriere oder Privatleben seid ihr damit zwar ausgewichen. Aber Ruhe habt ihr natürlich auch hier keine.
Ablenkung ist die beste Offensive
In fast jeder Familie gibt es bestimmte Themen, die man nicht einmal mit einer Kneifzange angreifen sollte. Doch je später die Stunde und je höher der Weinpegel, desto wahrscheinlicher ist es, dass doch irgendjemand die Familien-Büchse der Pandora versehentlich mit dem Ellenbogen umrempelt. Jetzt habt ihr drei Möglichkeiten: Still und heimlich auf den Balkon oder in den Garten flüchten, konsequent schweigen und an die Decke starren oder reagieren. Entscheidet ihr euch dafür, die Höhle der Löwen tatsächlich zu entern, dann nicht ohne gute Vorbereitung. Bei Raubtieren wie bei streitwütigen Familienmitgliedern empfiehlt es sich, einige Ablenkungsmanöver einzustudieren. Habt ihr ein Baby in der Familie? Perfekt: Schnappt es euch, haltet es hoch und behauptet, es habe gerade sein erstes Wort gesprochen. Zumindest für ein paar Minuten wird sich die komplette Aufmerksamkeit auf das arme Baby richten. Danken könnt ihr eurem menschlichen Schutzschild, sobald es alt genug ist, um euch zu verstehen.
Kein Baby? Auch kein Problem! Am besten habt ihr immer ein paar lustige Videos auf eurem Handy parat, die mindestens zehn Minuten dauern, währenddessen ihr ständig erklärt: „Gleich kommt’s, gleich kommt’s, warte, warte…“ Die meisten werden so froh sein, dass das Gruppen-Bildschirm-Gestarre endlich ein Ende hat, dass sie vergessen, worüber davor gesprochen wurde. Und wenn sie doch wieder davon anfangen, könnt ihr immer noch ein Gedicht, ein Musikstück oder ein Ausdruckstänzchen in petto haben, das ihr just in diesem Moment vor allen Augen zum Besten geben müsst. Peinlich und unangenehm für euch, gut für die Stimmung.
Einen haben wir immer noch getrunken
Und sollten schließlich alle Stricke – oder etwa das Kostüm für euren Ausdruckstanz – reißen, gibt’s immer noch die Allround-Medizin für jeden Kummer: ein Glaserl Spritzwein! Nein, wir raten euch natürlich nicht dazu, euch auf der Familienfeier die Kante zu geben, bis ihr mit Unterhose auf dem Kopf auf dem Tisch tanzt. Denn das wäre spätestens bei der nächsten Familienfeier Gesprächsthema numero uno. Und zu viel Allohol ist außerdem nicht gut für euch. Punkt. Jetzt, wo das gesagt ist, können wir aber doch sagen: Ein bis zwei Glaserln schaden ab und zu nicht. Besonders Krampfsituationen, denen man auf Gedeih und Verderb nicht auskommt, hüllen sie in einen leichten Wattebausch. Und manchmal ist ein kleiner Wattebausch alles, was es braucht, um etwas abzufedern.