Der 1000things-Survival-Guide für Öffis in Niederösterreich
Nachhaltige Fortbewegung rückt immer mehr ins Zentrum vieler Reisender. Egal, ob diese Reise der Arbeitsweg, der Besuch bei den Eltern am Land oder gar der Urlaub ist. Während in urbanen Gegenden das Umsteigen vom Auto auf die Öffis mittlerweile kaum noch Probleme bereitet, schaut es in der Peripherie oft eher düster aus. Wir haben es ausprobiert und das Waldviertel mit den Öffis bereist. Unsere Erfahrungen waren vielfältig und diese wollen wir euch auf keinen Fall vorenthalten.
“Der Bus kommt in fünf Minuten… okay, in zwei… er sollte eigentlich schon da sein… na gut, ein paar Minuten Verspätung sind eh normal… zehn Minuten sind aber schon viel, oder? Okay, haben wir einen Plan B, falls er nicht mehr kommt?” Dieses Zitat stammt 1:1 von unserer Recherche-Reise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durch das Waldviertel. Wir haben etwas riskiert, unsere Frustrationstoleranz auf die Probe gestellt und sind aber auch positiv überrascht worden. Und das Resultat: Unser 1000things-Survival-Guide für Öffis in Niederösterreich. Gute Fahrt!
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“Geduld ist die Kunst, nur langsam wütend zu werden”
Dieses Sprichwort trifft die Situation der Öffis in Niederösterreich wohl ziemlich perfekt. Geduld ist die wahrscheinlich wichtigste Eigenschaft, die ihr mitbringen müsst, wenn ihr – zumindest im Waldviertel – öffentlich von A nach B kommen wollt. Vor allem, wenn gerade Schulferien sind. Denn dann fährt vielerorts nur alle paar Stunden einmal ein Bus durch die Gegend und selbst dann lässt er die meisten Stationen aus. Meistens kann man sich aber zumindest soweit darauf verlassen, dass einmal morgens und einmal abends ein Bus um die Ecke der wichtigsten Orte biegt. Vielleicht.
Vorausblick, Weitblick, Rundumblick
Neben ein bisschen Geduld ist akkurate Planung und absolute Flexibilität eine Grundvoraussetzung für die Nutzung von Öffis in Niederösterreich. Denn es kann durchaus schon einmal vorkommen, dass ihr Wege doppelt und dreifach zurücklegen müsst, um ans Ziel zu kommen. Uns ist es zumindest so ergangen, als wir am Weg von Gmünd nach Schrems einen Zwischenhalt in Hoheneich, ziemlich genau in der Mitte der Strecke, einlegen wollten. So konnten wir nicht etwa unsere Fahrt nach unserem Aufenthalt in Hoheneich Richtung Schrems fortfahren. Nein. Wir mussten zurück nach Gmünd und von dort mit dem Schnellbus wieder nach Schrems. Doppelt hält halt einfach besser. Und nicht wundern, falls ihr euren Bus einmal von der Ferne hupen hört. Auch das ist uns passiert, als wir an einer Bushaltestelle gewartet haben und 200 Meter weiter der Bus an einer Kreuzung stehen blieb, wir nach kurzem Sprint schweißgebadet beim Vehikel ankamen und der Busfahrer seelenruhig meinte: “Mei, die Haltestelle da unten, die fahrma scho lang’ nimmer an.” Okay. Danke für nichts.
Alle Wege führen nach… Dings
Wer sich bisher in den Städten des Landes zu sehr auf die Anzeigetafeln mit Minutenangabe bei den Haltestellen der Öffis verlassen hat, wird in der Peripherie Niederösterreichs Probleme bekommen. Digitalisierung: Fehlanzeige. Wenn ihr also wissen wollt, wann euer Bus in welche Richtung fährt, müsst ihr euch durch eine Vielzahl an Listen und Tabellen arbeiten. Durch Abfahrts- und Ankunftszeiten, durch Stationen in Metropolen wie “Lugendorf Kapelle”, “Sallingberg Friedhof” oder “Großrupprechts Bundesstraße” und durch Busnummern irgendwo zwischen 170 und 775. Zumindest in den Bussen selbst ist das digitale Zeitalter aber mittlerweile angekommen. Ihr müsst nicht rätselratend auf gut Glück den roten Stop-Knopf drücken, in der Hoffnung, die Richtige Station erwischt zu haben. Eine digitale Anzeigetafel im Bus gibt es mittlerweile fast überall und in Niederösterreich obendrauf sogar noch WLAN und USB-Stecker zum Aufladen eurer Handys. Wenn das nicht sowas von 2022 ist.
Zu den Highlights chauffiert werden
Für viele der touristischen Top-Attraktionen in Niederösterreich braucht ihr keinesfalls ins Auto zu steigen. Denn eine Vielzahl der Sehenswürdigkeiten sind öffentlich ganz einfach zu erreichen. So haben wir zum Beispiel das Mohndorf Armschlag mit dem Bus besucht und sind in 25 Minuten von Zwettl direkt zu den Mohnfeldern kutschiert worden. Mit dem Auto dauert es übrigens genauso lange. Auch mit dem Zug ist das Bundesland rund um Wien gut erschlossen. Von der Hauptstadt aus lässt es sich in allen Richtungen nach Gmünd, Tulln, Krems, Semmering und Retz hervorragend erkunden. Wenn ihr mit dem Zug unterwegs seid, solltet ihr nur bedenken, dass die Bezeichnungen der Haltestellen oft trügerisch sind. Die Haltestelle Schrems-Pürbach zum Beispiel ist vom Stadtzentrum Schrems knappe fünf Kilometer entfernt. Da gilt es, vorsichtig zu sein, sonst muss die Fußmaschine herhalten.
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Ruhe bewahren, es ist nur ein Bus
Wer in Niederösterreich unterwegs ist, muss mit kurvenreichen Strecken rechnen. Vor allem im Waldviertel folgt eine Kurve der nächsten und obwohl es kaum Erhöhungen gibt, rasen die Busfahrer*innen oft recht ungehemmt durch die Höhenmeter des Landes. Wenn ihr also schnell reisekrank werdet, bereitet euch gut auf euren Trip mit den Öffis durch Niederösterreich vor. Denn mit etwas Fantasie wirkt das Schaukeln der Busse wie eine Fahrt durch stürmische See und würde der prägnante Geruch von Kuhmist und Heu nicht hin und wieder die Landschaft unterstreichen, könnte man wirklich meinen, mit einem Boot unterwegs zu sein. Was helfen kann, ist, sich so weit nach vorne wie möglich zu setzen, ruhig zu bleiben und den Blick stets in Fahrtrichtung zu halten. Zur Not gibt es natürlich auch spezielle Kaugummis und andere Hilfsmittel gegen Übelkeit und Schwindel bei längeren Fahrten mit Bus und Bahn.
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Plan B, C, D, E, F, G
Wahrscheinlich haben wir uns im größten Sommerloch durch das niederösterreichische Landleben bewegt, aber selbst für wenig Frequenz war die Auslastung ein Trauerspiel. Wenn wir nicht alleine durch die Gegend getuckert sind, dann waren meistens maximal drei weitere Fahrgäste im Bus. Und wir verstehen das auch irgendwie. Denn bei so viel erforderlicher Flexibilität kann die Lust auf alternative Fortbewegungsmittel schnell mal vergehen. Wenn der letzte Zug um 19 Uhr Richtung Wien fährt und in umgekehrter Richtung um 20 Uhr ankommt, das Fahren mit dem Bus die halbe Lebensplanung erfordert und obendrein auch nicht wirklich günstig ist, dann ist es nur verständlich, dass Öffis in Niederösterreich oft nur die Alternative von der Alternative und somit mindestens Plan G sind. Da ist man mit dem Radl, zu Fuß, per Autostopp oft wirklich schneller unterwegs.
Traut euch, es tut auch nicht weh
Mit mehr Nachfrage kommt aber auch mehr Angebot und deshalb geben wir die Hoffnung nicht auf, dass auch in Niederösterreich öffentliche Verkehrsmittel die Zukunft sind. Traut euch einfach drüber. Wie sonst kann man die schöne Landschaft so stressfrei aus dem Fenster raus genießen als im Bus oder Zug? Bushaltestellen sind außerdem auch immer interessante Schauplätze für zeitgenössische Kunst (aka Graffiti), soziale Studien (sprich: Leute beobachten) und spontane Liebesbekundungen (Hannah + Dominik <3, wir wünschen euch alles Beste für die Zukunft). Es muss ja auch nicht gleich von Null auf Hundert gehen, vielleicht reicht es schon, wenn ihr einen Tag in der Woche statt mit dem Auto mit den Öffis bestreitet. Die Umwelt wird es euch danken!
Inspiration für eure Reise nach Niederösterreich gefällig? Wir haben zehn Ausflugsziele quer durchs Bundesland für euch gesammelt. Und für den Sommer in Niederösterreich haben wir gleich eine ganze Liste an Artikeln und Tipps für euch – einfach registrieren und der Liste folgen und schon verpasst ihr keine Neuigkeiten über Niederösterreich mehr.