Raunzen & Reisen: Meine toxische Beziehung mit der Deutschen Bahn
Wir lieben Reisen, und ganz ehrlich: Wir lieben auch Raunzen. Weil beides wunderschön sein kann, teilen wir hier schamlos unsere Gedanken und nehmen euch diesmal mit auf Safari. Oder so ähnlich. Denn unsere Redakteurin Sonja hat schon viel Zeit in der Deutschen Bahn verbracht – und eine interessante Beziehung dazu entwickelt. Hier erklärt sie, warum.


Ich habe eine toxische Beziehung. Die Deutsche Bahn und ich, wir sind wirklich ein problematisches Duo. Fangen wir mit dem Statement an, mit dem ich mir wohl die meisten Feind*innen mache: Obwohl ich sechs Jahre in Berlin gelebt habe, gibt es die für mich beste Currywurst Deutschlands im Bordbistro.
Als sie im Frühling 2023 eingeführt wurde, ging geradezu ein Beben durch die deutsche Reisejournalismus-Welt, die zugegebenermaßen relativ überschaubar ist. Für mich aber gab es damals keinen begehrenswerteren Snack im ganzen Land und ich wollte den Kraftriegel, wie Gerhard Schröder die Currywurst so liebevoll zu nennen pflegt, unbedingt auch mal im Fahren probieren. Denn: Sie ist im Bordbistro auch vegan erhältlich. Geradezu revolutionär.
Die Currywurst in der Deutschen Bahn im Test
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wann ich den berliner Latenight-Klassiker das erste Mal im Fahren verdrückt habe: Es war auf der Rückfahrt von Leipzig nach Berlin, Ostern 2023. Ich habe also nur wenige Tage zwischen der Einführung der Wurst und meinem Test verstreichen lassen müssen. Die Wurst kam damals wie heute mit einem Twist, für den ich nur applaudieren kann: nämlich mit Tortilla-Crunch. Auf Wunsch gibt es dazu ein Bio-Brötchen oder Pommes. Tausender-Tipp: Nehmt Ersteres.

Nein, es ist nicht unbedingt der unschlagbare Geschmack, der mich zum Fan der Currywurst in der DB macht, aber wer hineinbeißt, kann nicht anders, als nostalgisch zu werden. Meine etwas überdurchschnittliche Fixierung kommt nicht von irgendwo: Zeitweise habe ich nämlich in der Deutschen Bahn mehr Zeit verbracht als in meiner deutschen oder österreichischen Heimat.
Wer in die Currywurst der Deutschen Bahn beißt, kann nicht anders, als nostalgisch zu werden
SONJA KOLLER
Also habe ich mir die Zeit dazwischen einfach gemütlich gemacht und mit der Speisekarte im Bordbistro eine Art Beziehung aufgebaut, die man sonst nur mit jener von Omas Küche vergleichen kann. Wer will, kann also überall Heimat finden.

Weitere Pluspunkte der Deutschen Bahn
Das Schöne ist: Die Deutsche Bahn liebt mich zurück. Wie anders ist es zu erklären, dass sie alles menschenmögliche zu tun scheint, um mich vom frühzeitigen Aufbruch abzuhalten. Die Gründe, um mich zum längeren Verweilen zu bringen, werden zudem immer kreativer.
Technische Störung war gestern, heute wird in Durchsagen manchmal sogar offen zugegeben, dass man keine Ahnung habe, warum wir nun auf unbestimmte Zeit auf offener Strecke zum Stehen gekommen sind. Sympathisch. Echt. Authentisch.
Was ich der Deutschen Bahn auch hoch anrechne: Sie bestärkt mich in meinen Lebensentscheidungen. Fahre ich zurück in meine ehemalige Berliner Heimat, was immer mit einem Umstieg in Nürnberg und somit gleich zwei Zügen der DB verbunden ist, erinnert sie mich daran, warum es eine gute Idee war, zurück nach Österreich zu ziehen. Die Quote ist dabei beeindruckend: Bei meinem letzten Besuch im März waren sowohl bei Hin- als auch Rückfahrt alle vier Züge deutlich verspätet.
Schluss mit lustig
Wer braucht ein Yoga-Retreat, wenn die Bahn einem Gelassenheit lehrt: Denn ich weiß nun, dass ich ruhig bleiben und mich auf eines verlassen kann: Auch der Anschlusszug wird verspätet sein. So habe ich bei meinem letzten Trip zwischen Wien und Berlin tatsächlich all meine ursprünglich gebuchten Züge erreicht. Nur in einer Sache verstehe ich keinen Spaß: Wenn das Boardbistro gesperrt/ohne Strom/ohne Mikrowelle/ohne Lager/ohne Mitarbeiter*innen ist.