Die drei schlechtesten TripAdvisor-Lokale in Salzburg
Die beste Pizza, die leckersten Gyoza und das schmackhafteste Gulasch Salzburgs – das findet ihr in diesem Artikel leider nicht. Stattdessen haben wir versucht uns durch die miesesten Schuppen der Salzburger Altstadt zu kosten. Und es war schlimmer als erwartet.
Salzburg – die Stadt der Musik, des Theaters und der feinen Lokale. Als ich selbst in Salzburg wohnte, kam ich einige Male in den Genuss der Salzburger Kulinarik. Zum Glück kam mir dabei nie ein richtig mieses Lokal unter. Was aber nicht heißt, dass es solche nicht gibt. Eine kleine Suche auf Tripadvisor bestätigte mir diesen Verdacht. Niemand, den ich kenne, war je auch nur in einem der gefundenen Restaurants, und ich selbst kannte auch nur eins davon vom Vorbeigehen. Von den schlechten Online-Bewertungen allein ließen wir uns aber nicht überzeugen. Offenen Herzens und ohne Erwartungen machte ich mich auf zum Testen. Mein bescheidener Studentinnen-Gaumen ist ja doch so einiges gewöhnt. Dachte ich zumindest.
Zum Mohren
„Schlimmste Restaurant-Erfahrung, die ich bisher gemacht habe.“
“Katastrophaler Service und Rausschmiss”
Diese und etwa 60 weitere miese Bewertungen locken mich in das Gasthaus Zum Mohren. Mitten in der Altstadt zwischen dem Rathaus und dem Mozartplatz findet sich die Treppe hinab ins Kellerlokal. Schon beim Eintreten wird klar, wie beliebt das Lokal ist. Ich bin der einzige Gast und das um zwölf Uhr mittags. Sofort kommt der Kellner auf mich zu und bringt mich nörgelnd zu einem Tisch, hinter dem ich kaum Platz finde, ohne mir die Beine zu verknoten. Das ist aber verständlich, ob meiner immensen Körpergröße von 1,55 Metern.
Während ich auf das bestellte Mineralwasser warte, scanne ich die grelle Deko. Das Kellergewölbe zieren mehrere Heiligenfiguren, verstaubtes Plastikobst, ein synthetischer Baum und freiliegende Kabel, nur unterbrochen von einer Menge rotem Karo. Der verkitschte Touristen-Traum wartet aber auch mit „Kunst“ auf, etwa mit Bildern, die grenzrassistische Darstellungen von dunkelhäutigen Menschen zeigen. Das Highlight des Gastraumes ist der Mohrensitz, eine kleine Klappe in der Wand über einem der Tische. Wäre das Essen nicht schon bestellt, dann sollte spätestens jetzt an eine Flucht aus dem Lokal gedacht werden.
Das Restaurant bietet österreichische, indische und italienische Spezialitäten. Ich entscheide mich für eines der kostengünstigeren Hauptgerichte – ein Kalbsgulasch mit Spätzle für 13,90 Euro. Nach einer knappen halben Stunde wird das Essen gebracht. Die länglichen Fertigspätzle bezaubern mit einer Konsistenz, die zu gleichen Teilen überaus mehlig anmutend, aber auch gummiartig fest, und deshalb schwer zu kauen ist.
Das Gulasch selbst ist zwar optisch als solches zu erkennen, geschmacklich aber nur mit Mühe bestimmbar. Nach genauerem Testen wird klar, dass es sich hier nicht um Kalb handelt, sondern um Schwein. Das stört aber nur wenig, denn die einzelnen Fleischstücke sind ohnehin nur etwa daumennagelgroß und bestehen hauptsächlich aus Fasern und Flachsen. Die Sauce schmeckt konzentriert nach säuerlichem Paprika und doch auch irgendwie wieder nach nichts, wie man es sonst nur aus wenigen Spitalskantinen gewöhnt ist. Der ganze Gulaschalbtraum wird vollendet von einer Garnierung aus zwei nackerten Salatblättern, die noch recht feucht vom Waschen sind und diverse braune Stellen mitbringen. Darunter fristet eine einzelne Tomatenscheibe ihr Dasein, die wohl nicht von dieser Woche ist.
Nach wenigen Bissen gebe ich auf, da sich mein – sonst recht abgehärter – Magen mit lautstarkem Protest meldet. Etwa fünf Rufe nach dem Kellner und nur eine halbe Stunde später bequemt dieser sich zu seinem einzigen Gast. Er ignoriert den noch vollen Teller und fragt: „Es war eh super, gell?“ Als ich auf die mehligen Spätzle aus der Packung hinweise, meint er nur: „Aber das Fleisch ist top, stimmt’s?“ Ich verneine auch das, und werde zum Zahlen an die Theke gebeten. Fesche 18,80 Euro darf ich für das retournierte Gulasch und ein Mineralwasser hinblättern. Na bumm.
Trattoria Da Pippo
Nur wenige Meter weiter findet sich schon unser nächstes Testobjekt, ein italienisches Lokal. Das Da Pippo hat schon über 30 schlechte Kritiken auf Tripadvisor gesammelt. Deshalb wollen wir mal sehen, ob das berechtigt ist. Das Restaurant befindet sich im ersten Stock, und auch hier bin ich wieder der einzige Gast. „Warum geht eine Frau denn alleine essen?“, fragt mich der Kellner zur Begrüßung. Damit öffnet er mir die Augen, denn ich wusste bis dahin noch gar nicht, dass ich mir nur Nahrung zuführen darf, wenn ich in Begleitung bin. Gut zu wissen!
Die Deko im Gastraum ist eine wilde Mischung aus mexikanischem Tacoladen, katholischer Kirche und Shishabar. Die blinkenden Deckenleisten ändern alle drei Sekunden ihre Farbe, weshalb der Blick gen oben nach einer recht mutigen Netzhaut verlangt. Ansonsten findet sich auch hier viel Kramuri, wie ein Holzschiff, Fahrräder aus Draht und kitschige Tonvasen. Und natürlich wieder viele freiliegende Kabel. Naja, das Auge isst hier definitiv mit. Die Preise auf der Karte lassen mich ebenfalls kurz erblinden. Die meisten Pizzen rangieren zwischen zwölf und 15 Euro, ebenso wie Pasta und Vorspeisen. Ich entscheide mich für die vergleichsweise günstige Pizza Regina um 10,50 Euro, also Schinken und Champignons. Die Wartezeit verbringe ich mit dem Blick aus dem Fenster, denn tatsächlich ist die Aussicht sehr schön. Nebenher spielt es italienische Schlager und hin und wieder Dido.
Nach nur zehn Minuten wird die Pizza serviert. Der Teig allein ist schon etwa so dick wie meine Hand und dementsprechend schwierig zu verzehren, ohne dass der halbe Belag Richtung Boden flüchtet. Schon nach wenigen Sekunden mit dem ersten Stück in der Hand läuft mir ein breites Fettrinnsal am Handgelenk hinunter. Der Pizzaboden hat die Konsistenz von Kartoffelpürree. Die ölige Kruste am Rand könnte man auch noch mit den Dritten ohne Probleme genießen. Spätestens beim zweiten Bissen muss ich husten, denn der flummiartige Analogkäse erschwert das Schlucken. Zusammen mit dem ungewürzten Tomatenpüree und dem Toastschinken schmeckt die Pizza, trotz Unmengen an Fett, etwa so spannend wie Haferbrei.
Den einzigen Geschmacksträger stellt die staubige Schicht an trockenen Kräutern der Provence obendrauf dar. Von den Champignons muss ich leider auch bald ablassen, denn sie stammen wohl aus der Dose – innen matschig, außen trocken. Nach nur zwei Stücken wird auch hier kapituliert und nach der Rechnung verlangt. Immerhin erkundigt sich der Kellner freundlich, was nicht gepasst hätte. Bonniert wird trotzdem, und so verlasse ich, 14,70 Euro ärmer und immer noch hungrig, das Lokal. Beim Rausgehen höre ich noch, wie die Bedienung den Koch zu sich ruft. Er scheint die Kritik wenigstens ernst zu nehmen.
Tokyo Japan Restaurant
„Schrecklich- bleiben Sie fern!“
„Kriminell! Abzocke mit vermeintlich billigen Lock-Angeboten auf einer Tafel. Statt 6,90.- kostet es dann aber 18,90.“
Das Beste kommt zum Schluss. Das Tokyo Japan in der Linzergasse verbucht sage und schreibe 200 schlechte Bewertungen auf Tripdadvisor – und drei gute. Um fair zu sein: Mein Aufenthalt dort war ein einzigartiges Erlebnis. Das Restaurant liegt in der belebten Einkaufsstraße Linzer Gasse mit einem schmalen Aufgang zum ersten Stock. Die Dekoration gleicht der klassisch überspitzten Version, wie man es auch von anderen billigen Asia-Lokalen kennt. Viel Gold und Rot, diverse Blumenmuster, Holzvertäfelung. Ob der Enge des Lokals und dem Mangel an Licht entscheide ich mich dafür, vorne draußen an einem der beiden Tische Platz zu nehmen. In nur kurzer Zeit bringt der Kellner die fleckige Karte an meinen fleckigen Tisch. Die Preise schockieren mich im Vergleich zu den beiden Lokalen davor weniger, deshalb gönne ich mir gleich zwei Gänge und einen Eistee. Da ich aber vorhin einen Blick Richtung Küche erhaschen konnte, beschließe ich, lieber kein Fleisch zu ordern. Ich bin zwar mutig, aber nicht lebensmüde.
In Windeseile steht mein Getränk vor mir, etwas wässrig und mit viel Schaum. Eben genauso, wie man sich Eistee so vorstellt. Während ich warte, wird mir aber keineswegs fad. Denn der Kellner fühlt sich von einem Schalständer gestört, der zum Geschäft nebenan gehört. Scheinbar steht er ihm zu nah am Restaurant-Eingang, weshalb er ihn packt und wegschiebt. Aus dem Schal-Geschäft kommt ein Mann heraus und fängt an, sich mit dem Kellner zu streiten, was in einem kurzen Faustkampf endet. Keiner scheint verletzt und beide ziehen sich wieder zurück in die jeweiligen Geschäfte.
Nur eine Minute später bekomme ich meine Yaki-Gyoza. Optisch brillieren sie, und ich fange schon an, mich etwas zu früh zu freuen. Schon beim ersten Bissen bereue ich das. Die Gyoza wurden offensichtlich in der Mikrowelle zubereitet. Der Teig an den Rändern ist steinhart und wechselt Richtung Mitte zu trockenem Gummi. Die Füllung schmeckt nach Knoblauch und ansonsten nach neutralem Babybrei. Aber nur, bis lavasteinartiger Spinat herausspritzt und mir das Kinn verbrennt. Die Gyozas liegen zudem in einer wässrigen Sojasauce-Essigmische, die durch die Mikrowellen-Behandlung eine Säure entwickelte, wie ich sie bisher nur von Centershocks gewohnt war. Obwohl ich gesunde Zähne besitze, lässt sich der Gyoza-Klumpen einfach nicht kauen, weshalb ich ihn in meine Serviette spucke. Mahlzeit.
Dann folgt der Hauptgang, das eigentliche Highlight: Tofu-Bio Nudeln vegetarisch. Die große Portion flätzt sich von links nach rechts auf den Teller, wie ich es an verkaterten Sonntagen zu tun pflege, und duftet konzentriert nach Kohlsuppe. Obenauf thronen liebevoll verteilte Tiefkühlkarotten neben letscherten Fisolen und einer klitzekleinen Spur Sriracha-Sauce. Die Nudeln sind so zerkocht, dass sie schon fast nicht mehr wahr sind und sich bereits im Mund vollständig zersetzen. Darüber liegt eine großzügige, halbgare Wucht undefinierbares Kraut (Chinakohl?) mit einer Menge Kümmel samt holzigem Strunk. Wer sich nach den gatscherten Nudeln was zu beißen wünscht, wird also hier fündig.
Die Speise an sich ist jedoch multifunktional. Denn der panierte Tofu könnte auch als Badeschwamm oder Spülwaschel herhalten. Vorausgesetzt, der Geruch nach Fuß stört einen nicht. Nachdem ich mich einmal rund durch den Teller gekostet habe, beschließe ich, nicht weiterzuessen. Als Dessert werde ich mir stattdessen ein Rennie gönnen. Oder vier.
Zum Zahlen werde ich ins Lokal an die Theke gebeten. Der Kellner nennt mir den Betrag nicht, und weigert sich nach Auflegen meiner Bankomatkarte mir einen Beleg zu geben. Ich versuche ihm weiszumachen, dass ich die Rechnung für die Buchhaltung brauche. Er knickt schließlich ein, und beim Überreichen bekomme ich große Augen. Die Yaki-Gyoza kosten statt 3,90 Euro plötzlich 4,90, die Tofu-Bio-Nudeln werden von 7,20 Euro auf 9,80 Euro befördert und mir wird ein Mineralwasser bonniert, welches ich nicht hatte. Ich frage nach, ob er sich bei der Rechnung denn sicher sei. Der Kellner macht einen Schritt auf mich zu und mustert mich skeptisch. Wir sind alleine im Lokal. Wegen des Faustkampfes zuvor beschließe ich zu kuschen und ziehe mit meiner Rechnung von 22,30 Euro für einen knurrenden Magen und ein fetziges Sodbrennen ab.
Wir haben uns übrigens auch in Wien durch die schlechtesten Lokale laut TripAdvisor gequält. Wenn ihr kein kulinarisches Update mehr verpassen wollt, registriert ihr euch am besten bei uns und folgt unserer Liste Lokale in Salzburg.