Die Geisterbahnen im Wiener Prater
Von Horrorhaus bis Geisterschiff: Die Geisterbahnen im Wiener Prater faszinieren uns und ziehen in ihren Bann. Tretet ein und lasst euch von unserem Guide durch die zahlreichen Geisterbahnen in Wien führen.
Ein Schauer liegt besonders zu dieser Jahreszeit in der Luft: Geisterbahnen sind Kult und fast ebenso sehr in unseren Kindheitserinnerungen verwurzelt, wie der Jahrmarkt selbst. Für manche immer wieder ein lustiger Nervenkitzel, für andere ein Kindheitstrauma, das man ganz sicher nicht aufzufrischen gedenkt, wieder andere standen sicher schon unzählige Male vor den mal schaurigen, mal kitschigen, doch stets kultigen Fassaden, haben sich aber noch nie ins innere der Attraktionen getraut. Wer den Horrortrip (einmal mehr) wagen möchte, sollte sich zu diesem Anlass mal wieder einen Besuch im Wiener Prater gönnen. Er hat bis 31. Oktober 2024 für euch geöffnet, bevor er in die Winterpause geht. Wir haben uns tapfer durch alle sieben Geisterbahnen gekämpft.
Geisterbahn zum roten Adler
Auftakt macht die Geisterbahn zum Roten Adler. Sie entführt ins finsterste Mittelalter. Hier wird weniger auf Elemente gesetzt, die die Fahrgästen anspringen. Stattdessen fährt man vorbei an verschiedensten kleinen Szenerien am Wegesrand und kann so Hinrichtungen and allerlei andere Gräuel bestaunen, dargestellt durch animatronische Puppeninstallationen. Stellenweise wünscht man sich fast, die Gondel würde ein wenig langsamer fahren, sodass man manch ein Szenario noch eindringlicher bestaunen kann. Eine atmosphärische kleine Geisterbahn mit moderatem Gruselfaktor, in der auf typische Jump Scares weitgehend verzichtet wird.
Große Geisterbahn
Die Große Geisterbahn hat tatsächlich eine recht breite Fassade und wirbt damit, die größte, höchste und längste Geisterbahn Europas zu sein. Ganz sicher sind wir uns nicht, ob das entsprechende Schild noch aktuell ist, von außen wirkt die Bahn aber durchaus gewaltig. Im Inneren erwartet einen dann eine klassische, altmodische Geisterbahngestaltung, überwiegend mechanisch bewegte Puppen und die eine oder andere nette Schwarzlicht-Installation. Teilweise würde den Puppen eine Restaurierung eventuell guttun, die große Geisterbahn wirkt insgesamt ein wenig wie ein Relikt. Wer absolutem Retro-Geisterbahn-Feeling etwas abgewinnen kann und sich nicht zu sehr gruseln möchte, kann ein Ticket lösen.
Geisterschloss
Das Geisterschloss ist genau die Art von Geisterbahn, die man aus der Kindheit kennt, und liefert im Inneren so ziemlich das, was die Fassade verspricht: typische Geisterbahnpuppen, die einem auch gerne mal entgegenspringen oder fallen, eine schaurige Geräuschkulisse und so manchen Jump Scare, von denen mindestens zwei auch ganz gut sitzen. Manche der Schreckgestalten sehen hier wirklich garstig aus, an vereinzelten Stellen könnten die Puppen oder die Lichtstimmung eventuell eine kleine Überarbeitung vertragen. Dennoch ist das Geisterschloss unter den Old School Geisterbahnen wohl die unheimlichste Attraktion mit den effektivsten Schockern.
Jack the Ripper
Das Jack the Ripper Haus ist eine der berüchtigtsten Prater-Attraktionen und die einzig fixe Horror-Installation, die komplett zu Fuß durchschritten werden muss. Traut ihr euch? Im ersten Teil durchwandert man ein kulissenhaftes Gewölbe, in dem man immer wieder an Schaukästen vorbeikommt, in deren Inneren animatronische Puppen ganze Szenen darstellen. Es lohnt sich, sich hier ausreichend Zeit zu nehmen. Viele der Szenen pausieren, ehe sie von Neuem beginnen, und wer zu schnell geht, läuft Gefahr, etwas von der liebevoll gestalteten Schauermär zu verpassen. Im Vergleich zu den Gondelgeisterbahnen ist es sehr erfrischend, endlich einmal die Zeit zu haben, sich alles so genau anschauen zu können, wie man möchte. Gegen Ende warten dann noch einige sehr gelungene Überraschungen auch die Besucher*innen, denn den größten Spaß machen hier die kleinen, sehr effektvollen Fahrgeschäfte im Fahrgeschäft, in denen man sich unverhofft wiederfindet. Zumindest, wenn man keine Angst vor Fahrstühlen hat.
The Clown-VR
Diese Virtual Reality Geisterbahn lockt mit einer ebenso aufwendigen wie schaurigen Fassade. Alles, was es im Inneren zu sehen gibt, ist virtuell, aber dadurch nicht minder unheimlich – im Gegenteil. Ausgestattet mit Kopfhörern und einer VR-Brille fährt man mit einer Gondel in den Zirkus des Schreckens, die Bewegung ist echt, die audiovisuelle Komponente kommt komplett über das VR-Setup. Auch hier erlebt man keine zusammenhängende Geschichte, sondern eine Aneinanderreihung einzelner Szenen, die durch das Horrorclown-Motiv miteinander verknüpft sind. Mit fortschreitender Dauer wird das Geschehen immer morbider, bis es in einem gelungenen und mitreißenden Finale mündet. Insbesondere die Tiefe und Großflächigkeit der einzelnen Sequenzen wären mit klassischen Mitteln kaum umsetzbar, die immensen Möglichkeiten einer virtuellen Realität für eine Geisterbahn zu nutzen, erweist sich als sehr lohnend.
Die Toilette neben den Horrorclowns
Das Toilettenhäuschen, das vielversprechend in die Außenkulisse der Horrorclown-Bahn integriert ist, war wohl kaum als Attraktion konzipiert, hat aber seinen ganz eigenen Charm. Die 50 Cent Eintritt lohnen sich schon fast alleine für die absolut entsetzlich quietschendste Toilettentür, die wir jemals hören mussten. Dieser Ort wird wohl vom Geist des verstorbenen Horror-Regisseurs Wes Craven heimgesucht, der sein Requisit zurückhaben möchte.
Hotel Psycho
Diese Attraktion überzeugt, lockt und verängstigt bereits von außen. Die bösartig animierten Fake-Gemälde verheißen bereits einen gewissen technischen Aufwand, aus einigen Lautsprechern tönt das berüchtigte Filmmusikstück „Hello Zepp“ aus dem Soundtrack zu „Saw“. Die Köder versprechen nicht zu viel. Hotel Psycho täuscht zu Beginn noch eine gut gemachte Old School Geisterbahn vor, bis dann nach und nach die harten Geschütze aufgefahren werden. Viele Effekte arbeiten auch hier mit Puppen, in diesen steckt jedoch eine atemberaubende Animatronik. Die Beweglichkeit der Figuren und deren motorische Möglichkeiten sind enorm. Viele der wirklich grässlich entstellten Monster sehen in der kongenialen Lichtinstallation verstörend echt aus, können die Gondeln zum Teil über mehrere Meter verfolgen und kommen gerade nicht nahe genug an einen heran, um sie in einem Panik-Anfall versehentlich zu vermöbeln.
Hier kommen aber auch andere Technologien wie (sehr drastische) Videoanimationen hinter Fakefenstern zum Einsatz, die Gondeln werden teilweise gekippt, fahren seitwärts, rückwärts, die Lichter gehen immer im perfekten Moment an oder aus. Dank diesem sehr durchdachten und perfiden Einsatz von An- oder Abwesenheit von Licht sitzen die Jump Scares, die einem hier im Sekundentakt um die Ohren gehauen werden, ordentlich. Neben stroboskopischen Lichteffekten tut dann die laute und extrem unheimliche Soundkulisse ihr Übriges, um einen Stresspegel und eine Horrorintensität zu erzeugen, die kaum einer Geisterbahn gelingen. Wer an Horrorattraktionen in erster Linie den Anspruch stellt, sich nach allen Regeln der Kunst fertig machen zu lassen, sollte unbedingt im Hotel Psycho einchecken. Diese spektakuläre Geisterbahn ist nicht nur der krasseste Schocker im Prater, sondern generell die härteste Gondel-Geisterbahn, in der wir je gesessen sind. Laut Aushang ist dieses Erlebnis für Kinder ab 12 Jahren freigegeben. Wir wissen nicht, was für Zwölfjährige hier als Referenz gedient haben – wir haben jedenfalls Angst vor diesen Kindern.
Skull Rock – Fluch der Piraten
Geht man in die richtige Richtung und hat gerade den „Hello Zepp“ Schallradius von Hotel Psycho verlassen, da lockt Skull Rock schon mit dem ebenso ikonischen Soundtrack aus „Fluch der Karibik“. Skull Rock sieht zwar von außen nicht ganz so spektakulär aus wie der Nachbar, steht diesem im Inneren jedoch in nichts nach. Wir begeben uns hier auf eine Schatzsuche auf einem verfluchten Piratenschiff, allerlei Schreckgespenster, mit denen man an solch einem Ort rechnen muss, treiben ihr Unwesen. Skull Rock ist eine liebevoll gestaltete Gruselattraktion. Aufwendige Video- und Lichtinstallationen lassen einen Hochseegewitter und Unter-Wasser-Szenarien erleben, man wird von Zombiepiraten angegriffen und mit Kanonen beschossen. Das deutlich an „Fluch der Karibik“ angelehnte Konzept ist dabei so gut und konsequent durchgezogen, dass man sich auf dem Piratenschiff stellenweise räumlich orientieren kann, und in die ungewöhnlich lange Fahrt mit ein wenig Fantasie sogar einen kleinen Handlungsverlauf interpretieren kann. Der durchdachte Ablauf der Szenarien, die großartigen Kulissen und ein unerwartetes Finale machen diese Piratengeisterbahn zwar nicht zur extremsten, aber definitiv zur stilvollsten und vergnüglichsten Gruselattraktion im Prater.