Die schirchsten Orte in Wien
So wunderbar unsere Lieblingsstadt auch ist, einige Ecken und Plätze stechen eher durch ihre unschöne Architektur und das Gegenteil von jeglicher Ästhetik ins Auge. Wir nehmen euch diesmal mit auf einen Streifzug durch Wien und präsentieren die wohl schirchsten Orte der Stadt.
Schönheit liegt bekanntlich im Auge der betrachtenden Person, dies gilt somit genauso für das Gegenteil. Die folgende Aufzählung ist demnach rein subjektiv und misst sich an keinen allgemein gültigen Kriterien oder dergleichen. Außerdem beinhaltet sie eine ziemlich ironische Komponente.
Franz-Josefs-Bahnhof
Verdankt der Bahnhof seinen Namen dem altehrwürdigen Kaiser der einstigen Monarchie, so sind das heutige Gebäude und der angrenzende Julius-Tandler-Platz jedoch alles andere als prunkvoll und majestätisch. Man glaubt es heute kaum: Der Bahnhof, der zunächst „Kaiser-Franz-Josefs-Bahnhof“ hieß, war einst sogar mit einem luxuriösen Salon für den kaiserlichen Hof ausgestattet.
Stark beschädigt durch einen Brand im Zweiten Weltkrieg wurde das damalige Gebäude 1974 schließlich zur Gänze abgerissen, daraufhin neu konstruiert und in den Folgejahren errichtet. Dass für diese Neugestaltung Praktikabilität eine größere Rolle als Ästhetik spielte, lässt sich schon von außen erkennen und so wurde über den Gleisanlagen eine sogenannte verspiegelte „Betoneindeckelung“ errichtet. Warum dennoch soviel regelmäßig ihren Weg hierher finden? Abgesehen von der Anbindung im Nahverkehr der ÖBB und den Wiener Linien lockt vor allem der dort ansässige Billa mit seiner Sonntagsöffnungszeit.
Matzleinsdorfer Platz
Hallo und Willkommen am Matzleinsdorfer Platz, der im Ranking um den schirchsten Ort der Stadt garantiert weit vorne mit dabei ist. An der Bezirksgrenze von Margareten zu Favoriten findet man diesen wohl hässlichsten Platz der Stadt, der dennoch tagtäglich von Tausenden an Pendler*innen gezwungenermaßen passiert wird, um sich so morgens einen Weg in oder abends aus der Stadt zu bahnen.
Wen wundert es da noch, dass sich hier der Wiener Grant von seiner schönsten Art und Weise zeigt, wenn Zeitdruck, Stau, Hupen und Schimpfen aufeinander treffen. Anrainer*innen des Grätzels leiden wohl an einer nochmals höheren permanenten „CO2-Oberdosierung“ als es ohnehin am Gürtel der Fall ist. Die Feinstaubbelastung steht dieser um nichts nach. „50 Shades of Grey“ trifft’s beim Matzleinsdorfer Platz mehr als nur auf den Punkt und bei Regen wird das Gesamtbild um eine weitere Nuance der Trostlosigkeit ergänzt. Wien, du kannst so hässlich sein!
Juridicum
Ist das Hauptgebäude der Universität Wien selbst ein solches Prunkstück, das neben Studierenden auch Touris lockt und mit den altehrwürdigen Treppenhäusern, Stiegen-Anlagen und der Bibliothek begeistert, so ist die juristische Fakultät so ziemlich das Gegenteil. Schon von außen wird sie ihrer großen Schwester mit nichts gerecht. In der Aula fühlt man sich mehr wie in einem Warteraum oder auf einem Bahnhof und die Sessel sind schrecklich unbequem und hart.
Die sanitären Anlagen sind gefühlt aus dem Jahre Schnee und das Öffnen der Tür kann schon mal etwas Gewalt abverlangen. Besonderes Highlight: Die fensterlosen Hörsäle im Keller, in denen es meist sowieso viel zu überfüllt zugeht und wo somit besonders im Sommer eine wunderbare Geruchskulisse anzutreffen ist.
Neues Institutsgebäude der Universität Wien
Wir bleiben im Uni-Umfeld: Nicht nur von außen ein absolutes Schmuckstück, auch innen geht’s mindestens genauso trostlos weiter. Das „neu“ im Gebäudenamen des „NIG“ geht auf die Errichtung im Jahr 1962 zurück. Heute ist an dem Gebäude rein gar nichts mehr „neu“. Je weiter man die Treppen nach oben geht, desto grindiger wird’s in den Gängen und auch in den Hörsälen. Die Heizkörper in den Räumlichkeiten lassen sich nur selten regulieren, so ist es entweder im Sommer brütend heiß und im Winter eiskalt. Die Gänge erinnern an die sterilen Gänge in einem Krankenhaus, von den Toiletten gar nicht mal erst angefangen. Einziger Lichtblick: Die Mensa mit ihrer Außenterrasse und Ausblick auf die Votivkirche.
Vienna International Busterminal
Ein weiteres wahres Prunkstück in Wien findet ihr in Erdberg. Der dortige Busbahnhof, der eigentlich Vienna International Busterminal heißt, hat wohl schon den einen oder die andere Tourist*in verschreckt, die per Bus nach Wien gereist ist. Das Farbschema reicht von grau bis grauslich, fügt sich damit aber zumindest gut in die direkte Umgebung ein. Viel Zeit für eine ausführliche Architekturkritik bleibt einem hier aber ohnehin nicht, meistens hetzt man eher von Busstop zu Busstop, auf der Suche nach der richtigen Einstiegsstelle. Aber was soll’s, Ästhetik hin oder her – manchmal beginnen die schönsten Reisen an der schirchsten Busstation (zumindest behaupten wir das an dieser Stelle einfach einmal).
Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien
Egal, aus welcher Perspektive man Wien betrachtet, die Zwillingsbauten des Allgemeinen Krankenhauses stechen durch ihre klotzartige Architektur schon von weitem ins Auge und setzen sich deutlich von der Umgebung ab. Klar: Die Notwendigkeit der medizinischen Versorgung von etwa zwei Millionen Wiener*innen ist hier primär und macht eine praktische Konstruktion unabdingbar, welche mit Platz für rund 1.700 Betten und knapp 9.000 Angestellte auch gut gelungen ist. Dennoch ist die Architektur des AKHs schlichtweg hässlich, der Anblick fast schon etwas angsteinflößend und bereits die U-Bahn-Stadtion Michelbeuern reiht sich gekonnt in diese Tristesse ein. Habt ihr außerdem mal versucht, die Notaufnahme zu finden?
Wohnpark Alt-Erlaa
Der Wohnpark im 23. Bezirk ist wohl an Hässlichkeit so schnell nicht zu überbieten, steht hier einmal mehr die Praktikabilität anstelle der Ästhetik im Mittelpunkt. Eine der größten Wohnanlagen Österreichs mit vollständiger Infrastruktur ist trotz ihres gewöhnungsbedürftigen Erscheinungsbilds garantiert eines der erfolgreichsten Wohnprojekte.
Denn immerhin finden auf dem Areal von 240.000 Quadramtetern über 9.000 Menschen Platz zum Wohnen und Leben und sind mit Einkaufszentrum, Kindergärten, Schulen, Ärztezentren und Co gut versorgt. Die Wohnanlagen haben 23 bzw. 27 Stockwerken und am Dach steht ein Pool für alle Bewohner*innen zur Verfügung. Doch auch das ändert nichts an der scheußlichen Konstruktion, die auch in Architektenkreisen für reichlich Kontroversen sorgte und es immer noch tut.
Praterstern
Als Hauptknotenpunkt im öffentlichen Verkehr der Wiener Linien herrscht am Praterstern rund um die Uhr ein reges Treiben und eine ständige Hektik. Auch der Billa am Praterstern hat hier eine Erwähnung verdient, nirgendwo sonst geht es in Wien am Sonntag wahrscheinlich bunter, aggressiver und hektischer zu.
Mediatower
Gegenüber vom Schwedenplatz, der zumindest als Randbemerkung hier unbedingt auch angeführt werden muss, findet man mit dem Mediatower einen Gebäudekomplex, der garantiert ins Auge sticht und dies nicht wegen bemerkenswerter Konstruktionen tut. Viele Köche verderben den Brei, das trifft auch bei der Architektur zu und die zu vielen Einflüsse und Ideen, die hier am Werk waren, haben für ein Konglomerat der Hässlichkeit gesorgt.