11 Dinge, die du kennst, wenn du ältere Geschwister hast
Als Geschwisterchen hat man es nicht immer leicht – weder als älteres noch als jüngeres. Aber wenigstens hat man einander. Wir haben uns angesehen, welche Dinge typisch sind, wenn man mit älteren Geschwistern aufgewachsen ist.
„Pack die Badehose ein, nimm dein kleines Schwesterlein“ – spätestens jetzt hätte meine ältere Schwester damals in voller pubertärer Blüte die Augen verdreht und geächzt: „Boah, muss ich sie wirklich mitnehmen?“ Zwischen uns liegt ein Altersunterschied von etwa sechs Jahren. Das bedeutet, als ich damals gerade erst in die Pubertät schlitterte, war sie bei ihr gerade noch am Auslaufen. Beste Voraussetzungen für diverse Konflikte biblischen Ausmaßes also. Natürlich haben wir uns inzwischen längst zusammengerauft, konnten fixe Zahnspangen und überdramatische Stimmungsschwankungen ablegen und haben uns nach all den Kabbeleien, die wir durchhaben, immer noch furchtbar lieb. Oder vielleicht sogar gerade deshalb. Denn eine Schwester, das ist eine Freundin fürs Leben, die man nicht so einfach los wird. Also, liebes Schwesterlein oder „Lästerschwein“, wie du mich heute noch so gerne nennst, das hier ist für dich.
Keiner verarscht dich kreativer als die Großen
Da haben wir auch schon den ersten Punkt: die ewigen Verarschen. Niemand haut dich so versiert und wortgewaltig in die Pfanne wie dein großes Geschwisterchen. Und mit niemandem sonst ist das gegenseitige Frotzeln so gnadenlos und kreativ. Egal ob neu gesprossener Pickel oder fixe Zahnspange – ihnen entgeht auch wirklich nichts. Mit meinen zwölf Jahren rang ich bei Sprüchen wie: „Deine Zähne sind so wie die Sterne: Gelb und weit auseinander“, oder: „Ein Gesicht wie ein Turnschuh: Reinsteigen und wohlfühlen“, regelmäßig um einen ebenbürtig eloquenten Konter, der meistens auf ein trotziges „Selber, selber, sagt die Tante Helga!“ hinauslief. Wer ist eigentlich diese Tante Helga? Ein Mysterium, das sich bis heute nicht geklärt hat.
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Sie reden dir gerne Blödsinn ein
Und auch manche der kreativen Geschichten, die mir meine große Schwester früher so gerne reingedrückt hat, habe ich viel zu spät als Blödsinn enttarnt. Da gab es etwa das von ihr gestreute Gerücht, dass es von mir keine Babyfotos gibt und ich eigentlich nicht von unserem Vater, sondern vom Postler abstamme. Gut, das mit dem Postler war nach einem gellenden „Mamaaa!!!“ meinerseits ziemlich schnell enttarnt. Aber die Babyfoto-Sache habe ich tatsächlich nie wirklich hinterfragt. Erst als ich in meine erste Wohnung zog und meine Mutter mich fragte, ob ich meine Babyalben mitnehmen wolle, klärte sich auf, was ich als kleiner Naivling komischerweise einfach als gegeben hingenommen hatte.
Und auch zu meiner Geburt gab es einen eigenen Mythos: Die kleine Viktoria ist – Achtung, jetzt wird’s grauslich – eigentlich mit ihren Organen nach außen geboren worden. Glücklicherweise ist zur selben Zeit ein Alien mit seinem Raumschiff auf der Satellitenschüssel ihrer Großeltern abgestürzt, hat sich in ihrem Gehirn eingenistet, die Organe nach innen gedreht und steuert bis heute ihre Gedanken. Toll. Erst einmal: Hut ab für das perfide Talent meiner Schwester, spontanen und detailreich ausgeklügelten Blödsinn auszuscheiden, der jede X-Factor-Folge alt aussehen lässt. Und dann meine im Nachhinein für mich etwas beschämende Reaktion: „Mamaaa!!!“ Da lässt sich ein Muster erkennen. Jedenfalls musste meine Schwester, nachdem ich gepetzt hatte, kleinlaut ihre Geschichte revidieren. Aber natürlich nicht ohne sarkastisches Zwinkern und hämischen Grinser, sobald sich meine Mutter umgedreht hatte. Ja, ich war ein naives Kind. Aber wenigstens kann ich für manche dummen Entscheidungen in meinem Leben einfach dem Alien in meinem Kopf die Schuld geben. Danke, Lästerschwein!
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Wir sind die Petzen…
Das Petzen war also in vielen Situationen für mich die letzte rettende Bastion. Nichts war befriedigender, als meiner verbal und körperlich deutlich überlegenen älteren Schwester so richtig eins reinzuwürgen für ihren Schabernack, als ihn brühwarm unserer Mutter zu vermelden. Im Nachhinein ist das natürlich nicht der eleganteste Move, schon klar. Aber damals war das eben der einzige Trumpf in meinem Kinderärmel.
Als meine Schwester das wiederum durchschaut hatte, änderte sie schlauerweise ihre Taktik und schwor mich auf sie ein. Zuerst mit gnadenlosen Verarschen darüber, dass ich eine ehrlose Petze sei und niemand Petzen mag. Dann mit Codewörtern wie „Schwesternpower“, mit denen sie mir in schicksalsträchtigem Ton zu verstehen gab, dass wir uns gegen das elterliche Establishment verbrüdern, äh, verschwestern müssen – zusammen sind wir stark.
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…die ihnen alles nachmachen
Da hatte sie mich also am Ego. Denn für mich als Kleinere gab es natürlich nichts Größeres, als mitmachen zu dürfen bei was auch immer. Immerhin ist meine Schwester bis heute mein insgeheimes Vorbild. Jetzt ist nach all den Jahren endlich raus, was sie mir früher so gerne unterstellte, als sie die Backstreet Boys hörte und ich mir plötzlich auch ein Stickeralbum ihrer Lieblings-Boygroup besorgte. Oder als sie plötzlich begann, Nietengürtel und Dr. Martens zu tragen und ich schlagartig auch erklärte, ich wäre jetzt „alternativ“. So ein kleines, hartnäckiges Mini-Me um sich zu haben, kann schon an den Nerven sägen. Im Nachhinein verstehe ich natürlich, dass meine geheimen Ausflüge in den Kleiderschrank meiner Schwester nicht unbedingt zu einem besseren Klima zwischen uns beigetragen haben. Bis heute bin ich übrigens als die Person der Familie verschrien, die gerne Dinge ausleiht und sie dann nicht mehr zurückgibt. Beweisstück A: Die alten Dr. Martens meiner Schwester, die ich erst kürzlich wieder in meinem Schrank entdeckt und von denen ich damals so vehement behauptet habe, ich wüsste nicht, wo sie abgeblieben sind. Dieser Artikel steckt voller Enthüllungen.
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Abgelegte Klamotten und Co.
Als die Jüngere kam ich nicht nur meiner leichten Neigung zur Langfingrigkeit wegen an ein paar Sachen meiner Schwester. Immer wieder wurden mir von oben, also von Muttern, Klamotten und Spielzeuge zugespielt, denen die Ältere entwachsen war. Oder entwachsen schien. Denn sobald ich in ihren alten Jeans herumlief oder mit ihrem zerknuddelten Ex-Lieblingsstofflöwen schmuste, gab es erst recht wieder Zorres. Nicht einmal das Klavierstück, dass sie vor Jahren in der Musikschule gelernt hatte, durfte ich, die natürlich ebenfalls Klavierunterricht einforderte, anspielen, ohne heftige Diskussionen über persönliche Grenzen vom Zaun zu brechen. Es stimmt schon: Durch Geschwister lernt man teilen. Nur eben auf die harte Tour.
Vor ihren Freund*innen angeben…
War ich auch intern immer mal wieder unliebsames Beiwagerl, schlug meine Schwester nach außen hin ganz andere Töne an. Natürlich wollte ich auch, wenn ihre Freund*innen zu Besuch kamen, immer irgendwie mit von der Partie sein. Und das habe ich erstaunlicher Weise auch einige Male geschafft! Nur eben weniger als Gesprächspartnerin auf Augenhöhe, sondern viel eher als flapsiger Sidekick oder Hofnarr, der ein paar einstudierte Nummern zum Besten gibt, um die Hofgesellschaft bei Laune zu halten. Besonders stolz war meine Schwester auf ihre Leistung, mir in meinem Alter von elf Jahren bereits den gesamten Text von Schrei nach Liebe von den Ärzten beigebracht zu haben, den ich bei jeder Gelegenheit vortragen durfte. Natürlich sehr zum Unbehagen meiner Mutter. Wenn deine kleine Tochter plötzlich aus voller Kehle „Arschloch“ durch das Haus skandiert, wirft das vielleicht nicht das beste Licht auf dich als Erziehungsberechtigte. Und auch früher, als wir noch nichts von Punkrock wussten und stattdessen lieber unsere eigenen Theaterstücke mit unseren Freund*innen inszenierten, durfte ich mitmischen. Selbstverständlich nicht in einer der tragenden Hauptrollen, nein, so weit kommt’s noch. Während sie ein Model auf Zugreise spielte, gab ich den verwahrlosten Vagabunden, der ihr währenddessen auf die Nerven geht. Fast wie im echten Leben.
…und uns vor unseren blamieren
Für diese Gnade revanchierte sich meine Schwester übrigens immer wieder, wenn ich meine eigenen Freund*innen zu Besuch hatte – und zwar, wie es ältere Geschwister oft so gerne tun: mit peinlichen Geschichten. Als ich meiner Familie etwa meinen ersten festen Freund vorstellte, hatte sie nichts Besseres zu tun, als ihn in ihr Zimmer zu schleppen und ihm ein Foto von mir in Geisha-Verkleidung bei einer Ballettaufführung vor die Nase zu halten, inklusive komplett weiß geschminktem Gesicht, schwarzer Perücke und für diese Verkleidung überproportional ernstem Gesichtsausdruck. Offenbar hatte sie dieses Bild jahrelang sorgsam gehütet und nur auf den perfekten Moment gewartet, mir damit eins auszuwischen.
Wir durften alles früher
Aber ich will mich hier keineswegs als die einzig Leidtragende dieser Beziehung darstellen, Das würde meiner Schwester und dem leichten Memmen-Bild, das sie so gerne von mir malt, zu sehr in die Hände spielen. Denn eines, was sie damals so brüskiert bekrittelte, stimmt schon irgendwie: Als die Kleine durfte ich alles ein bisschen früher als sie. Während sie mit 16 alle denkbaren Geschütze von zitternder Unterlippe bis zeterndem Geschrei auffuhr, um ein Backstreet-Boys-Konzert zu ertrutzen, zu dem sie dann erst recht nicht gehen durfte, war ich schon mit 15 auf meinem ersten Rockkonzert in der Arena. Und wo Fortgehen für sie damals noch lange kein Thema war, schlug ich mir schon bis zu einer waghalsigen Uhrzeit von ein Uhr Früh die Nächte um die Ohren. Den Neid, den ich dafür immer wieder erntete, verstehe ich im Nachhinein. Aber man kann es auch positiv sehen: Die Großen ebnen den Kleinen den Weg. Oder haben die Eltern vielleicht auch einfach mürbe gestritten.
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Sie sind die Harten, wir die Verhätschelten
In ihrer Version klingt das allerdings ein bisschen anders. Da hat sich viel eher das David-versus-Goliath-Narrativ durchgesetzt. In der Rolle des rechtschaffenen, heldenhaften Davids: meine Schwester. In der Rolle des übermächtigen, weil von der gesamten Familie verhätschelten Baby-Goliaths: ich. Denn gegen die Niedlichkeit eines kleinen Geschwisterchens kommt man nur schwer an. Da war man in den ersten Jahren die Sonne, um die sich die Welt der Familie gedreht hat, und plötzlich schlüpft da eine zweite, jüngere, vor allem am Anfang pflegebedürftigere Ausgabe und schon muss man die Aufmerksamkeit zumindest zur Hälfte teilen. Ups, sorry. Das ist rückwirkend betrachtet tatsächlich ziemlich ärgerlich.
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Wir werden immer die Kleinen bleiben
Und diese Rolle wird man irgendwie schwer los. Egal wie alt ich werde, egal wie viele Führerscheine ich mache und wie viel Scheiße ich baue, ich werde innerhalb der Familie wohl wahrscheinlich immer die Kleine bleiben, deren große, unschuldige Augen kein Wässerchen trüben können. Ich müsste lügen, hätte ich mir diese Tatsache als rabiater Teenie nicht das eine oder andere Mal zum Vorteil gemacht.
Sie kennen sich im Leben aus
Man hat es also auch mit jüngeren Geschwistern sicher nicht immer leicht. Aber dennoch – und das rechne ich meiner großen Schwester hoch an – stand sie sich bis heute immer, wenn es nötig war, für mich ein, war an meiner Seite, wenn mich wieder mal der Liebeskummer drückte, und versorgte mich vor allem mit der einen oder anderen lebenswichtigen Weisheit. Vergesst Poesiealbensprüche wie „Die Zeit heilt alle Wunden“ – die Tipps meiner Schwester waren an konkreter Relevanz nicht zu überbieten. Zum Beispiel habe ich von ihr gelernt, dass ich mich auf Hardrock-Konzerten am besten nicht in die Nähe von Männerhorden in Schottenröcken stelle, weil sie beim Pogen keine Gnade kennen. Oder dass ich nach dem Feiern immer genug Wasser trinken sollte, damit der Kater am nächsten Tag nicht zu hart zuschlägt. Oder dass ich es gefälligst unterlassen sollte, die Familienkatze in Puppenkleider zu zwängen, weil man so etwas Tieren eben einfach nicht antut. Oder dass ich in der Schule nicht zu großgoschert herumlaufen, sondern bei meinen neuen Klassenkamerad*innen im Gymnasium lieber tief- als hochstapeln sollte, damit ich nicht wie in der Volksschule als einsame Streberin ende. Nicht umsonst schätzt man gemeinhin die Älteren für ihre Weisheit.
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Meine Schwester hat den Artikel übrigens vorab gelesen und für gut befunden. Ich bin mir aber sicher, dass ich mich auf eine Revanche gefasst machen kann.
Dem einen oder der anderen von euch kommen sicher auch einige Dinge bekannt vor, die wir für all jene gesammelt haben, die in Wien aufgewachsen sind. Vielleicht wart ihr als Teenies ja sogar in der Emo-Szene unterwegs.