7 Dinge, die du kennst, wenn du Teilzeit arbeitest
Gerade ging es innenpolitisch in Österreich mal verhältnismäßig ruhiger zu, da fällt Arbeitsminister Kocher (ÖVP) auch schon der nächste Un-Sager aus dem Gesicht. Die Kurzfassung (Wortspiel nicht beabsichtigt): Jene Menschen in Österreich, die Teilzeit arbeiten, sollen auch geringere Sozialleistungen erhalten. Dafür erntete er Kritik von allen Seiten. Denn Fakt ist: Viele der Teilzeit-Beschäftigten machen das nicht, weil sie keine Lust auf Arbeit haben, sondern weil sie nebenbei etwa unbezahlte Schattenarbeit in Form von Care-Work verrichten. Das betrifft überwiegend Frauen, weshalb die Kürzung von Sozialleistungen indirekte Diskriminierung wäre, so der allgemeine Tenor.
Generell ist es schon mehr als brachial, in Zeiten, in denen Begriffe wie “Quiet Quitting” belegen, dass das Konzept “Hussle Culture” längst überdacht werden sollte, in denen Burnout längst zur Volkskrankheit geworden ist, in denen immer lauter über Konzepte wie die Vier-Tage- oder die 30-Stunden-Woche nachgedacht wird, einen Slogan mit dem Tenor “Leistung muss sich wieder lohnen” zu bedienen, der dem Zeitgeist so brachial ins Knie schießt. Vor allem, wenn “lohnen” in diesem Kontext bedeutet, Sozialleistungen zu erhalten, die anderen versagt bleiben. Kocher hat seine Aussage inzwischen relativiert und in Kontext gesetzt. Was bleibt, ist aber definitiv ein unguter Nachgeschmack.
Weil einige von uns bereits selbst in der Situation waren oder sind und in Solidarität mit allen Teilzeit-Arbeitenden da draußen, haben wir uns ein paar Dinge überlegt, die du sicher kennst, wenn du schon mal Teilzeit gearbeitet habt.
“Du wirst einmal keine Pension bekommen”
Zitat einer Oma, wird jedoch inflationär vielen Teilzeit-Arbeitenden entgegen geworfen, wenn sie ihre Wochenstunden offenbaren. Und ja, das Problem der Teilzeitfalle ist mit Sicherheit nicht zu vernachlässigen, aber in vielen Fällen hat es gute Gründe, warum jemand eine Teilzeitstelle angenommen, beziehungsweise sich dafür beworben hat. Und wenn eine Teilzeitstelle beispielsweise neben einem Vollzeitstudium ausgeführt wird, dann tut man ja ohnehin schon einiges, um dem Problem einer fehlenden Pension entgegenzuwirken. Ist man auf Teilzeit angewiesen, weil man gleichzeitig unentlohnte Care-Arbeit verrichten muss, sieht das natürlich ganz anders aus.
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“Jetzt wird’s langsam Zeit, dass du WIRKLICH arbeitest”
Auch das ist ein Zitat, das eigentlich nur Unverständnis hervorrufen kann. Denn was ist denn wirklich richtige Arbeit? Überstunden im Sozialbereich zu schieben, weil Personalmangel herrscht? Auch sonntags auf der Baustelle hackeln, weil die Fachkräfte ausbleiben? Überstunden schieben, weil irgendein Projekt irgendeine Deadline hat, die ohne Wenn und Aber steht? Oder hat auch jene Arbeit ihre Berechtigung, wenn sie innerhalb von 20 oder 30 Stunden in der Woche erledigt wird? Was macht einen Artikel besser, eine Mauer standfester, eine Kindergartengruppe besser betreut, wenn die Person, die beruflich dafür verantwortlich ist, ihre Arbeit in 40 oder gar noch mehr Stunden erledigt? „Wirklich“ arbeiten hängt nicht davon ab, wie viel man arbeitet.
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“Und, was machst du so, wenn du den ganzen Tag frei hast?”
Masterarbeit schreiben, die Kinder von der Schule abholen, die Großmutter pflegen, Essen kochen, den Haushalt schmeißen, ein Nickerchen oder zwei, in eine Vorlesung gehen, einen anderen Job, sich selbst Gutes tun, Sport, Einkäufe, Amtswege, die Wäsche erledigen, Kunst, einfach mal nichts, Physiotherapie, Psychotherapie, Körperhygiene, eine Runde spazieren, eine Umschulung, Zaubertricks, den Opa zur Ärztin fahren, die Kinder zur Ärztin fahren, den Partner zur Ärztin fahren. Man nennt es auch Care-Arbeit – in vielen dieser Fälle. Danke für die Nachfrage.
“Du warst ja gestern nicht da”
Vorwürfe sind nie gut, vor allem unberechtigte. Im Arbeitsalltag tragen sie ebenfalls alles andere als zum Wohlbefinden bei. Wenn jemand nur vormittags arbeitet und am nächsten Tag das Protokoll eines Meetings bekommt mit dem Kommentar: “Weil du warst ja gestern nicht da”, dann hat das einen sehr bitteren Beigeschmack. Wenn die Anwesenheit bei einem Meeting notwendig ist und eine*r der Teilnehmer*innen arbeitet am Nachmittag nicht, dann wäre es entweder sinnvoll, das Meeting am Vormittag anzusetzen, oder sich unterschwellig wertende Kommentare zu sparen. Offene Kommunikation ist dabei das Um und Auf, und zwar am besten im Vorhinein, um solchen Situationen vorzubeugen.
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Der verfrühte Abschied
Nun aber genug von nörgelnden Mitmenschen, auch Teilzeit-Arbeitende selbst sind nicht vor Schandtaten gefeit. So ist es zum Beispiel für das Klima im Kollegium nicht besonders förderlich, wenn man am Donnerstag zu Mittag allen ein schönes Wochenende wünscht. Ups! Und nur weil man sich einen Tag früher ins Wochenende verabschiedet, heißt das übrigens nicht, dass man ab Donnerstagnachmittag die Füße hochlegt und nichts tut. Nein, es heißt nur, dass man die kollegialen Visagen gerade eben das letzte Mal vor dem Wochenende gesehen hat – auch nicht schlecht.
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Das schlechte Gewissen
Nicht nur, wenn man sich donnerstags ins Wochenende verabschiedet, auch andernfalls kann das schlechte Gewissen schon einmal plagen. Und das zeigt doch deutlich, welche Mentalität in der Arbeitswelt gelebt wird. Denn nicht selten checkt man am freien Tag doch noch schnell die Mails, Slack-Nachrichten oder die WhatsApp-Gruppe mit den Kolleg*innen, weil es ja doch etwas Dringendes sein könnte. Frei heißt aber trotzdem frei und das sollten sich auch Teilzeitkräfte hinter die Ohren schreiben.
Die Kalender-Falle
Auch beim Arbeiten selbst befinden sich bei Teilzeitstellen so manche Stolpersteine auf dem Weg zum Feierabend. Nicht nur, wenn Kolleginnen sich mit einer Nachricht ankündigen, nur um dann zu sagen: „Entschuldigung, ganz vergessen, du arbeitest ja heute gar nicht.“ Auch in der eigenen Planung – oder der vorgegebenen durch Feiertage – kann es durchaus vorkommen, dass man in einen Modus verfällt, in dem sich eine Teilzeitstelle ganz schnell wie Vollzeit anfühlt. Pfingsten, Ostern, Fenstertage und irgendeine Himmelfahrt – sobald ein Tag in der Woche fix ausfällt, kommen Teilzeit-Angestellte schnell einmal ins Strudeln, denn plötzlich ist man ja fast genau so oft und lange da, wie alle anderen.
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Was lernen wir aus diesen Zitaten, Aussagen, Verhaltensweisen und Angewohnheiten? Teilzeitanstellungen sind ohnehin schon vielen Vorurteilen ausgesetzt und werden nicht selten belächelt. Ob politische Entscheidungen wie Kürzungen der Sozialleistungen da der richtige Weg ist, bleibt fraglich. Eine polemisch geführte Debatte ist es jedoch sicher nicht. Fest steht: Es ist gut, wenn sich in der Arbeitswelt etwas tut, es wäre aber schön, wenn es auch jenen zugute kommt, die nicht 40 Stunden arbeiten (können) (und wollen).
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