9 Dinge, die du nicht über den 3. Bezirk wusstest
Die Landstraße ist definitiv einer der feschesten Bezirke der Stadt. Zwischen Arena und Konzerthaus, Village und Donaukanal regiert die Vielfalt. Wir verraten dir ein paar Dinge über den 3. Bezirk von Wien, die du höchstwahrscheinlich noch nicht wusstest.
Die Geschäftigkeit rund um die Mall oder am Rennweg, die entspannte Lässigkeit des Weißgerberviertels, das blühende Leben im Stadtpark und dem Botanischen Garten, das Konzerthaus, das Schloss Belvedere, der Eislaufverein – zu erleben gibt es im 3. Bezirk wirklich jede Menge. Wir haben uns diesmal ein paar spannende Fakten über den 3. Bezirk angesehen, die du wahrscheinlich noch nicht kennst.
Villa Mautner-Jäger
Wer schon mal die Landstraßer Hauptstraße entlang gegondelt ist, hat sich ziemlich sicher schon mal gefragt, was es eigentlich mit diesem verwunschenen Geisterhaus zwischen Bürogebäuden und Altbaukomplexen auf sich hat. Die denkmalgeschützte Villa Mautner-Jäger schien Jahre lang dem Verfall preisgegeben. Doch jetzt tut sich was: Die Villa soll generalsaniert und danach zum Privatwohnsitz für die neuen Besitzer*innen werden. Bis es aber so weit ist, dient sie ein Jahr lang als Hotspot für Kunst und Kultur. Ganz im Sinne der ersten Bauherrin des Gartenschlössls Hertha Jäger übrigens, die sich nicht nur für Frauenrechte einsetzte, sondern ihre Türen auch der Kunst- und Kulturszene öffnete. Wer diesen einzigartigen Lost Place mitten in der Stadt schon immer genauer erkunden wollte, hat also dieses Jahr endlich die Möglichkeit dazu.
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Villa Mautner-Jäger | Landstraßer Hauptstraße 140-142, 1030 Wien
Apostelbad
Auch das altehrwürdige Apostelbad wurde voriges Jahr umfassend saniert. Man würde es von außen kaum vermuten, aber im Inneren könnt ihr hier mitten im Dritten saunieren und euch Brausen gehen. Das ist nicht böse gemeint, sondern wörtlich: Das 1891 eröffnete Apostelbad zählt zu den letzten Brause- und Saunabädern in ganz Wien. Im obersten Stock befindet sich übrigens das Zirkeltrainingsgym Hyper Active, das dich mit Crossfit ähnlichen Workouts ordentlich in Schwung bringt.
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Apostelbad | Apostelgasse 18, 1030 Wien
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Sauna/Dampfbad: DI–SA
- Lieblinge 2024
Besetzung des Schlachthofs
In Wien passiert ja alles bekanntlich etwas später. Verständlich also, dass das “Wiener 1968” erst Mitte der 70er-Jahre über die Bühne ging. Seit 1970 veranstalteten die Wiener Festwochen die Reihe “Arena”, 1975 erstmals auf dem Gelände des ehemaligen Auslandsschlachthofes St. Marx, der abgerissen werden sollte. Ein Jahr später blieben die Besucher*innen nach der letzten “Arena”-Veranstaltung und begründeten damit die Besetzung. Auf 70.000 Quadratmetern tummelte sich Aufbruchsstimmung: Konzerte, Lesungen, Performances zogen immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Drei Monate lang konnte man das Areal halten, Mitte Oktober 1976 begann die Stadt dann mit dem Abriss, weil man das Gelände bereits der Textilkette Schöps zugesichert hatte. Heute befindet sich auf diesem Areal übrigens das Modecenter MGC, das wiederum teilweise als Veranstaltungszentrum genutzt wird.
Das, was wir als “Arena Wien” kennen, war ursprünglich der Inlandsschlachthof, den die Stadt als Ausweichoption für das neue Kulturzentrum zur Verfügung stellte. Nicht alle aus der Besetzungsbewegung sahen die Einigung, die 1977 folgte, als positives Zeichen – für manche stellte sie eine Art Verrat dar.
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Arena Wien | Baumgasse 80, 1030 Wien
Zwischennutzungen in Neu Marx
Auch der noch relativ neue Stadtteil Neu Marx war ursprünglich Teil der Schlachthöfe. Daran erinnern übrigens noch die zwei pompösen Säulenskulpturen, wenn man sich ihm von der Schlachthausgasse aus nähert: “Central Viehmarkt Stadt Wien” steht auf der linken, “Von der Gemeinde errichtet 1879 – 1888” auf der rechten. Mittlerweile haben sich hier große Medienhäuser zum Media Quarter Marx verdichtet. Nur ein paar Meter weiter breitet sich die MARX Halle aus.
Zwischen all dem neu Geschaffenen, Modernen, Umfunktionierten, scheinen ein paar Freigeister der Hochglanzpolitur zu trotzen. Gegenüber der MARX Halle, auf einer Freifläche, auf der bald eine weitere Veranstaltungshalle entstehen soll, die der Stadthalle den Rang ablaufen will, haben sich engagierte Gärtner*innen zum Gemeinschaftsgarten zusammengefunden. Zwischen Mehrzweckbauten und rauschender Tangente schmiegen sich mittlerweile 35 Hochbeete in den brachial urbanen Raum. In dieser Grünoase, mitten in der Betonsteppe, lebt man Vielfalt und sozialen Austausch.
In der Nähe hat Pavle Stojanović den wahrscheinlich leiwandsten Basketball-Platz der Stadt aus eigener Kraft und eigenen Mitteln geschaffen: die Grube. Hier trifft sich mittlerweile die Hip-Hop- und Bastketball-Szene, vorigen Sommer hat sogar ein erstes Turnier stattgefunden. Der Platz selbst ist privat gepachtet, aber wer nett fragt und sich korrekt verhält, darf mitspielen. Von unbefugtem Eindringen auf eigene Faust ist aber unbedingt abzusehen! Und wieder etwas weiter kurven die Skater*innen auf dem Minimundus DIY Skatepark. Die Stimmung ist entspannt, irgendwie fühlt man sich plötzlich seltsam frei und unbegrenzt auf dieser Freifläche, die wahrscheinlich bald keine mehr ist.
All diese Vereine und Projekte sind nur temporär hier angesiedelt, sind Pächter*innen, bis die Wien Holding Arena irgendwann übernimmt. Der Bau soll sich allerdings deutlich verzögern.
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Neu Marx | Karl-Fakas-Gasse, 1030 Wien
Erdberger Stadtwildnis
Am nördlichen Ende dieses Viertels ist die urbane Brache gekommen, um zu bleiben. Die Erdberger Stadtwildnis erstreckt sich ab der Maiselgasse bis hin zum Media Quarter. Hier wuchert und gedeiht alles wild durcheinander, seit Ende der 90er ökologische Entwicklungsfläche. Man könnte auch sagen: G’stettn. Die vom Hügel der Stadtwildnis abfallende Kante nennt man auch Donauprallhang, weil hier vor einigen Jahrhunderten ein Donauarm die Erdberger Mais (Bezeichnung für einen Jungwald, nicht für den Kukuruz) in den Schwitzkasten nahm, bevor der Donaukanal begradigt wurde.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in den Hang sogar einige mehrstöckige Eiskeller für die St. Marxer Bierbrauerei gegraben, den Hügel darüber nennt man deshalb auch Erdberger Kellerberg. In den frühen 2000ern konnte es hier schon mal zu illegalen Goa-Partys kommen, Teile der Anlagen werden heute vom Sportschützenclub Wien genutzt, andere liegen – da haben wir es wieder – brach. Auch zwei Linienwälle, die damals die Wiener Vororte schützen sollten, verschmelzen mit dem verwilderten Areal.
Fiakerdörfel
Das Fiakermuseum befindet sich zwar in Hernals, aber auch der 3. Bezirk hat eine lange Geschichte mit den Huf-Taxis: Im kleinen Bock Park beim Fiakerplatz hebt sogar eine Fiakerstatue ihren Hut zum Gruß. Die Gegend hier nannte man auch Fiakerdörfel, weil hier früher besonders viele Fiaker gewohnt haben.
Aspangbahnhof
Eine verheerende Rolle nahm der Wiener Aspangbahnhof im 3. Bezirk ein. Er diente während des Zweiten Weltkriegs als zentraler Ort für die Deportationen der jüdischen Bevölkerung Wiens und ganz Österreichs in Ghettos und Vernichtungslager im Osten. Wöchentlich mussten sich hier jeweils rund 1.000 Jüdinnen und Juden in die Züge pferchen – mitten in der Stadt und damit nachweislich unter den Augen der Bevölkerung. Zwischen 1939 und 1942 wurden 47.035 Personen am Aspangbahnhof aus Wien deportiert, von ihnen überlebten lediglich 1.073 ihr Martyrium.
Heute erinnert das Mahnmal Aspangbahnhof für die Opfer der Deportation sowie der Platz der Opfer der Deportation beim Leon-Zelman-Park an die düstere Geschichte der Aspanggründe, auf denen mit dem Village im Dritten mittlerweile ein neues Stadtviertel entstanden ist.
Flaktürme im Arenbergpark
Auch die beiden Flaktürme im Arenbergpark erinnern an die Zeit des Nationalsozialismus. Während andere Flaktürme in Wien mittlerweile umfunktioniert wurden, sind die beiden im Dritten nicht begehbar. Der Gefechtsturm ist der größte aller Wiener Flaktürme. Für den Bau des Gefechtsturms und des dazugehörigen Feuerleitturms – das Konzept der Flaktürme sieht vor, dass sie immer paarweise angeordnet sind – wurden am damaligen Aspangbahnhof sogar zusätzliche Anschlussgleise gelegt, damit eine Feldbahn von dort aus direkt weiter zur Baustelle fahren konnte. Zwar wurden in den frühen 2000ern Ausstellungen zeitgenössischer Kunst im Turm gezeigt und auch der Turm selbst diente bereits als Kunstprojekt, aber inzwischen ist er aufgrund von Sanierungsarbeiten bis auf Weiteres geschlossen. Der Gefechtsturm beherbergt übrigens das Depot des Museums für Angewandte Kunst.
Römerstraße Rennweg
Eine der Hauptschlagadern des Bezirks und der ganzen Stadt ist der Rennweg, der vom Schwarzenbergplatz abzweigt und schließlich in die Simmeringer Hauptstraße mündet. Das ist er nicht erst seit Kurzem. Bereits zur Zeit der Römer wurde der Weg zur Straße ausgebaut. Dieser Tatsache verdanken wir auch zahlreiche archäologische Funde entlang der Straße, wie etwa den größten Münzfund des 20. Jahrhunderts in Wien im Jahr 1989.
Du willst noch weitere spannende Fakten über die Wiener Bezirke? Wir haben uns auch die Nachbarbezirke der Landstraße angesehen und verraten wir ein paar Dinge, die du garantiert noch nicht über den 1. und den 11. Bezirk wusstest.
FB-Beitragsbild: (c) Alissa Hacker | 1000things