Unser Grätzel-Guide für das Stuwerviertel
Von der Mexikokirche bis zum Praterstern, von der Venediger Au bis zum Handelskai erstreckt sich das berühmt-berüchtigte Stuwerviertel. Zwischen Überbleibseln aus verruchteren Zeiten und Gentrifizierung, zwischen Konservierung und Aufbruch herrscht hier eine ganz eigene Atmosphäre. Wir erkunden mit euch das Grätzel nebst dem Wurstelprater.
Zwischen Praterstern und Handelskai, Lasalle- und Ausstellungsstraße spannt sich jenes derb-schöne rechtwinklige Dreieck auf, das wir als Stuwerviertel bezeichnen. Der Name des Grätzels leitet sich von Johann Georg Stuwer ab, der in der Gegend vom Ende des 18. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts beliebte Feuerwerkshows abfackelte.
Das klingt vielleicht erstmal skurril, dann aber auch wieder nicht, wenn man bedenkt, dass sich der Wurstelprater in direkter Nachbarschaft befindet und sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts über die Ausstellungsstraße hinweg nach Norden ausbreitete – also zu Teilen im heutigen Stuwerviertel lag. Und mit dem Vergnügungspark kam auch das Rotlicht, dem das Stuwerviertel seinen lange Zeit verruchten Ruf zu verdanken hat.
Davon ist heute allerdings nichts mehr übrig, die neue WU brachte die Gentrifizierung und damit auch eine Imagepolitur, irgendwo zwischen bodenständig-abgerockt und zaghaft-hipsteresk. Aber genug der grätzelspezifischcen Nerdigkeiten. Was kann man denn nun anstellen im legendären Stuwerviertel? Wir verraten’s euch!
Streifzug über den Vorgartenmarkt
Wo heute der Vorgartenmarkt gschaftlhuabat, lag im 19. Jahrhundert der Reservegarten der Wiener Stadtverwaltung. Seitdem hat sich einiges getan: Zwischen Obst-, Gemüse- und Feinkoststandeln tummeln sich einige bereits aus anderen Ecken der Stadt bekannte Namen wie die Schankwirtschaft oder die Mochi Ramen Bar. Wenn ihr auf Pizza steht, solltet ihr hier unbedingt bei der Pizzeria Il Mercato vorbeischauen und bei Ella’s Twins auf Kaffee und Kuchen.
Bei Fisch am Markt bekommt ihr frischen Fang im hübschen Gastgarten. Am Bauernmarkt, der jeden Freitag und Samstag von 8 bis 13 Uhr hier gastiert, findet ihr weitere österreichische Spezialitäten wie Wild, Waldviertler Fleisch oder Mehlspeisen. So starten wir gerne ins Wochenende!
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Gasthaus Reinthaler
Am südwestlichen Ende des Stuwerviertels, in der namensgebenden Stuwerstraße, findet ihr ein Stückchen altes Wien. Das Reinthaler versorgt euch mit zünftiger Hausmannskost, wie man sie in einem Wiener Gasthaus erwarten würde. Schon die Marquise und der Schriftzug über dem Lokal zeugen davon, dass man hier ruhig etwas aus der Zeit fallen kann. Besonders, wenn im Sommer der gemütliche Schanigarten der Stuwerstraße Leben einhaucht.
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Gasthaus Reinthaler | Stuwerstraße 5, 1020 Wien
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täglich
Zum Mährischen Spatzen
Das noch relativ neu renovierte Lokal schreibt sich zwar tschechische Küche auf die Fahnen, interpretiert sie aber offenbar etwas internationaler. Schon das Signature Piece der hängenden grünen Flaschen über der Schank lässt die Brücke erahnen, die man hier zwischen Tradition und Moderne schlägt.
Neben Rouladen und Rinderbraten (Svíčková) fährt die Speisekarte Flammkuchen, Gebackenes, Spareribs in verschiedenen Rubs und Saucen und Burger auf. Absolutes Highlight ist dabei der Special Fire Cheeseburger, der genau das hält, was er verspricht: Flüssiger, brennender Käse wird in einem Schwall über euren Burger gegossen, aber seht am besten selbst:
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Zum Mährischen Spatzen | Ybbsstraße 25, 1020 Wien
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täglich
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- Lieblinge 2024
brösl
Der traditionellen Wirtshauskultur haucht man auch im brösl neues Leben ein. Die Einrichtung ist zwar bewusst alt, aber nicht altbacken, und vereint Industrial Chic mit Beisl-Minimalismus. Das kulinarische Konzept ist besonders auf Saisonalität konzentriert – die Karte ändert sich so gut wie täglich, je nach dem, welche Zutaten gerade verfügbar sind. Was es gibt, könnt ihr in der Instagram-Story sehen. Die gehobenen Gerichte werden üblicherweise so serviert, dass sie in der Mitte des Tisches stehen und ihr ganz entspannt teilen und kombinieren könnt.
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brösl | Wohlmutstraße 23, 1020 Wien
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MO–SA
- Lieblinge 2024
Stuwer
Das Stuwer hat sich hingegen die Wiener Beislkultur vorgeknöpft und sie ebenfalls mit frischem Konzept und hervorragenden Gerichten gespickt. Auch hier achtet man auf Handwerk und Regionalität – das Brot ist hausgemacht, das Beef Tatar von Hand geschnitten, die Kroketten sind selbst gedreht. Die Zutaten stammen nach Möglichkeit aus Österreich und werden mit viel Liebe und Können zu etwas ganz Besonderem verarbeitet.
Neben Klassikern wie Wiener Schnitzel von der österreichischen Kalbin, Tafelspitz, BBQ Spareribs vom Waldviertler Roggenschwein oder saisonalen Highlights wie Spargel sind uns besonders die verschiedenen Langos-Variationen äußerst sympathisch. Ob mit Bergkäse, Beinschinken oder Lachsforelle – Langos geht einfach immer!
Chef Roland Soyka hat uns übrigens sogar sein Langos-Rezept zum Nachkochen für zu Hause verraten. Vorbeischauen solltet ihr aber trotzdem im Stuwer, hier sitzen wir gerne länger und lassen den Vorabend zur Frühnacht werden.
>> Mehr lesen: Das Langos-Rezept vom Stuwer
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Stuwer | Stuwerstraße 47, 1020 Wien
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täglich
Zazatam im Hotel Zola
Das Boutiquehotel Zola hat eine ordentliche Prise Noblesse ins Stuwerviertel gebracht. Die spinnt auch das hoteleigene Restaurant Zazatam weiter und verwöhnt mit internationalen Fine-Dining-Gerichten von XO Beef im Bao Bun über hausgemachte Sepia Agnolotti bis hin zu Churros und Popcorn Eis als Nachspeise.
Wenn ihr euch bei so viel feiner Köstlichkeit nicht entscheiden könnt, nimmt man euch beim viergängigen Menü für 70 Euro die Entscheidung zumindest ein wenig ab. Besonderes Highlight sind aber nicht nur die exaltierten Gerichte, sondern auch die ausgefallenen, bunten Cocktails. Schlürft ihr die dann auch noch im romantischen Boho-Gastgarten, ist der Sommerabend perfekt.
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Zazatam | Hillerstraße 11, 1020 Wien
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Mi–Sa
fritz von stuwer
Altes neu beleben, das ist offenbar das Motto im Stuwerviertel. Denn auch das fritz von stuwer hat es sich zur Mission gemacht, das alte Gasthaus, in dem es beheimatet ist, zu erhalten, die Lässigkeit der 70er mit Jazz und Gin zu konservieren, ohne sie einstauben zu lassen. Die Cocktailkarte ist eher schlicht gehalten, die Gin & Tonic Auswahl dafür umso ausschweifender.
Das Essen steht zwar nicht unbedingt im Vordergrund, aber bei klassischen Beisl-Snacks bleibt es dann doch nicht: Der Schinken-Käse-Toast steht in bester Gesellschaft seines snobby Cousins, dem Käsefondue-Toast. Und auch hier solltet ihr es euch im Sommer unbedingt draußen im Holz-Schanigarten gemütlich machen und die einzigartige Atmosphäre des Viertels aufsaugen.
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fritz von stuwer | Sebastian-Kneipp-Gasse 2, 1020 Wien
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MO–SA
Dezentral
Für dieses Viertel ist wohl kaum ein Platz so prägend wie der Ilgplatz. Im Frühjahr besonders hübsch anzusehen, wenn seine Kirschbäume aus dem Winterschlaf erwachen, scharen sich um ihn so manche Lokalitäten. Legende unter Legenden ist dabei das Dezentral, das keine Brücke zwischen Altem und Neuem schlagen muss, weil es sich längst aus der Zeit herausgeschält hat.
Sobald es wärmer wird, sitzt man hier auf den bunten Stühlen auf dem Vorplatz und beobachtet das Treiben am Ilgplatz in erster Reihe fußfrei bei Bier, Spritzwein und Co. Früher gab’s hier auch Konzerte und Lesungen, das ist mittlerweile leider vorbei. Legendenstatus besitzt das Herzenstschocherl aber nach wie vor.
>> Mehr lesen: 10 lässige Wiener Beisl
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Dezentral | Ilgplatz 5, 1020 Wien
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täglich
Circus- und Clownmuseum
Aber nur, weil unsere Redakteurin offensichtlich hungrig war, als sie diesen Artikel verfasst hat, heißt das nicht, dass man im Stuwerviertel nur essen und trinken kann. Nein, auch Kulturgenuss gibt’s im Grätzel. Das Circus- und Clownmuseum lässt etwa die Geschichte von Zirkus, Clowns, Zauberkunst generell und den Wiener Unterhaltungsetablissements im Speziellen Revue passieren.
Ihr findet hier ein Archiv von Kostümen und Requisiten, von Kulissen und Geschichten. In einem separaten Raum widmet man sich in einer eigenen Sammlung auch den damaligen “Abnormitäten”-Shows. Auf der museumseignenen Bühne treten außerdem immer wieder Künstler*innen auf und zaubern oder schmähtandeln übers Parkett.
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Circus- und Clownmuseum | Ilgplatz 7, 1020 Wien
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SO
Stuwerbuch
In der Stuwerstraße findet ihr mit Stuwerbuch eine wirklich sympathische Buchhandlung in Wien, in der ihr neben Klassikern und Must-Reads auch etwas nischigere Highlights und sogar Schallplatten erstöbern könnt. Egal ob ihr nach Romanen, Sach- oder Kinderbüchern sucht – die Betreibenden sind Feuer und Flamme und beraten euch verlässlich. Immer mal wieder finden hier außerdem spannende Lesungen statt. Stuwerbuch ist längst ein beliebter Kulturtreffpunkt innerhalb des Grätzels.
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Stuwerbuch | Stuwerstraße 42, 1020 Wien
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DI–SA
Führung durch das “verruchte” Stuwerviertel
Ihr wollt das Grätzel noch genauer kennenlernen? Dann heftet euch an die Fersen von Austria Guide Annemarie Geiger, die euch das nächste Mal am 31. August 2024 durchs Stuwerviertel führt. Ihr startet um 11 Uhr vor der wunderschönen Mexikokirche und spaziert bis zum Vorgartenmarkt, erkundet den Ilgplatz und die Venediger Au. Die Führung dauert etwa zwei Stunden und kostet 24 Euro pro Person.
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