Homeoffice in der Corona-Krise: Arbeitnehmer*innen erzählen
Seit März arbeiten viele vor allem von zu Hause aus. Das hat Vor- aber auch Nachteile, gerade, wenn man nicht alleine wohnt. Manche würden gerne ins Homeoffice gehen, dürfen aber nicht. Wir wollten wissen, was eure bisherigen Erfahrungen rund um das Homeoffice sind.
Seit dem ersten Lockdown im März, als die Regierung dazu aufrief im Homeoffice zu bleiben, wenn es die Branche und der Arbeitsalltag erlauben, schwebt die Idee einer Homeoffice-Pflicht für gewisse Bereiche im Raum. Immer wieder wurde gemunkelt, sie würde verordnet, aber im Endeffekt blieb es stets bei einem Appell der Regierung, möglichst von zu Hause aus zu arbeiten, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Laut einer Prävalenzstudie der Statistik Austria arbeiten während der Coronakrise nach wie vor die meisten zumindest dann am Arbeitsplatz. Der Anteil jener unter den Befragten, die nie im Homeoffice arbeiten, ist im Verhältnis zur Zeit vor Corona um nicht einmal 10 Prozent zurückgegangen. Knapp 20 Prozent der Befragten arbeiten nun täglich oder mehrmals wöchentlich im Homeoffice, eine Steigerung um etwa 10 Prozent im Verhältnis zu vor Corona. Wir haben euch nach der Situation in eurem Unternehmen und euren Erfahrungen rund ums Homeoffice gefragt.
Bella (33 Jahre), HR-Generalist in der App-Entwicklung
Die circa 70 Leute, die wir 2020 eingestellt haben, haben ihr Team teilweise noch nie „in echt“ gesehen.
Wir haben seit März 2020 auf Homeoffice umgestellt, das ist das einzige Wahre. Wir ermutigen unsere Leute dazu, daheim zu bleiben. Es dürfen maximal vier Leute gleichzeitig ins Büro kommen, aber wir zwingen niemanden dazu. Wir haben ein Spreadsheet, in dem sich die Leute eintragen. Das funktioniert total gut und sie reden sich auch zusammen, falls es doch mal keinen Platz mehr gibt. Manche waren seit März 2020 nicht mehr vor Ort und das stört auch keinen. Vor allem geht’s uns darum, dass die sich alle sicher fühlen. Wir bekommen sehr viel gutes Feedback dafür, auch wenn die Leute ihre Kolleg*innen mittlerweile schon vermissen und die circa 70 Leute, die wir 2020 eingestellt haben, ihr Team teilweise noch nie „in echt“ gesehen haben. Insgesamt haben wir 300 Mitarbeiter*innen in Österreich und davon 90 in Wien.
Mersi (27 Jahre), arbeitet in der IT-Branche
Bei uns ist Homeoffice nicht erwünscht.
Wir durften nur im 1. Lockdown ins Homeoffice, seitdem aber nicht mehr. Ich fühle mich eher unsicher. Uns wurde ursprünglich gesagt, wenn wir Angst haben, uns anzustecken, dürfen wir im Homeoffice bleiben. Aber de facto dürfen wir nur von zu Hause arbeiten, wenn wir Symptome haben, beziehungsweise, wenn wir krank sind. Ansonsten ist bei uns Homeoffice nicht erwünscht. Dabei arbeite ich in der IT-Branche, wo das alles easy funktionieren kann. Ich bin ursprünglich aus Albanien, also keine EU-Bürgerin und mein Visum hängt direkt mit meiner Arbeit zusammen. Daher tue ich mir schwer damit, etwas dagegen zu sagen.
Carina (29 Jahre), Bauingenieurin im Tunnelbau
Gerade jetzt wäre Kommunikation so wichtig, aber irgendwie nimmt sich niemand Zeit dafür.
Ich bin seit Ende Oktober nur mehr im Homeoffice. Der 1. Lockdown war gut, da hat unser Chef einmal wöchentlich mit jeder*m geskyped. Jetzt nicht mehr. Ich mochte die wöchentlichen Skype-Meetings, auch wenn es nur 15 Minuten waren. Jetzt schwebe ich ziemlich feedbacklos zwischen „Ja, ich kann das.“ und „Ich habe keine Ahnung, was ich da tue.“ herum. Ich habe den Chef darauf angesprochen, warum es diese kurzen Check-in-Meetings nicht mehr gibt. Er so: Ich habe keine Zeit dafür und es haben eh alle für unnötig gehalten. Mich hat er jedenfalls nicht gefragt. Ich find’s voll schade, denn gerade jetzt wäre Kommunikation so wichtig, aber irgendwie nimmt sich niemand Zeit dafür. Generell ist Kommunikation wichtig, egal ob im Homeoffice oder nicht, dass man einander zuhört, einander ernst nimmt, auf die Bedenken und Ängste im Team eingeht. Für mich als Neuling in der Gruppe ist Feedback besonders wichtig. Mir wäre auch wichtig, dass man sich die Zeit nimmt, wenn ein Meilenstein von jemandem geschafft ist, sich kurz gemeinsam digital freut oder anstößt und bisschen feiert. Eigentlich war mein Chef für mich bis vor Corona eine extrem gute Führungskraft und ein großes Vorbild, sowohl fachlich, als auch menschlich. Aber seit der Krise wackelt mein Bild von ihm etwas.
Mona* (22 Jahre), Online-Marketing
Man fühlt sich jetzt als Person noch weniger wertgeschätzt, als vor der Krise.
Wir durften zuerst gar nicht ins Homeoffice. Mittlerweile haben wir eine Halb-halb-Regelung. Wo mehr als eine Person in einem Raum sitzt, wechseln wir uns theoretisch zwischen Homeoffice und Büro ab. Teilweise sitzen aber trotzdem manche nebeneinander im Büro. Ich weiß nicht, wie die sich das untereinander ausgemacht haben. Immer, wenn man den Schreibtisch verlässt, muss man eine Maske tragen. Man hat uns ans Herz gelegt, uns regelmäßig testen zu lassen, aber natürlich in unserer Freizeit und auf eigene Kosten. Und wir sollen uns gegen die Grippe impfen lassen. Ansonsten bekommen wir nur ab und zu ein Update, wenn der Lockdown verlängert oder verschärft wird. Ich find’s nicht schlimm, zwei von drei meiner Arbeitstage ins Büro zu kommen, allerdings nur, weil ich zu Fuß gehen kann, sonst würde das anders aussehen. Meine direkte Vorgesetzte bemüht sich und macht sich auch ihre Gedanken zur Situation, aber unsere obersten Chefs sind grundsätzlich weder sympathisch noch präsent. Es fühlt sich nicht so an, als ob sie wollten, dass es einem auch gut geht. Man fühlt sich jetzt als Person noch weniger wertgeschätzt, als vor der Krise. Dazu kommen jetzt die FFP2-Masken. So egal mir meine Stoffmaske war, so sehr nervt mich die blöde Einmalmaske. Sie drückt an der einen Seite und an der anderen ist sie offensichtlich undicht, weil sie nicht gut auf mein Gesicht passt. Wenn ich das Teil länger aufhabe, bekomme ich kleine Panikattacken, was die Situation nicht leichter macht.
Gustav* (33 Jahre), IT-Techniker
Im Homeoffice bin ich bei meiner Arbeit durch eine langsame Internetverbindung und einen zu kleinen Monitor eingeschränkt.
Wir sind in zwei Gruppen geteilt und sind alle zwei Wochen abwechselnd im Homeoffice und im Büro, was mich ehrlich gesagt stört. Im Homeoffice bin ich bei meiner Arbeit durch eine langsame Internetverbindung und einen zu kleinen Monitor eingeschränkt. Aber beides hat seine Vor- und Nachteile. Im Büro ist dafür die Arbeitsbelastung durch Anrufe um 300 Prozent höher. Könnte ich die Nachteile des Homeoffices ausradieren, würde ich Vollzeit von zu Hause aus arbeiten. Der große 4K-Monitor an meinem Arbeitsplatz im Unternehmen erleichtert meine Arbeit doch sehr. Aber dafür muss ich mit einer billigen HP-Tastatur arbeiten, zu Hause habe ich meine mechanische Gaming-Tastatur. Wir haben jede*r drei FFP2-Masken bekommen und sollen diese auch tragen und dazu den Babyelefanten-Abstand einhalten. Auf etwaige Wünsche und Äußerungen der Belegschaft werden seitens meines Arbeitgebers eingegangen.
Verena (29 Jahre), Marketing
Mein Chef ist zum Glück sehr vorsichtig.
Wir sind seit März 2020 im Homeoffice. Mein Chef ist zum Glück sehr vorsichtig. Unsere Buchhaltung hat ab Mai wieder ins Büro gewechselt, weil das für sie angenehmer war. Ab Juli war dann unsere Abteilung zwei bis drei Mal pro Woche im Büro, da konnte aber jede*r für sich entscheiden. Seit Ende Oktober sind wir aber doch wieder fünf Tage pro Woche im Homeoffice. Bei uns im Gebäude gilt Maskenpflicht. Das gilt auch fürs Großraumbüro, wenn mehr als eine Person im Raum ist.
Christina, Digital Marketing, 25 Jahre
Ich finde es gut, dass niemand ins Büro muss und fühle mich dadurch sicherer.
Ich arbeite seit dem 1. Lockdown im Homeoffice. Ich finde es eigentlich sehr gut im Home-Office, abgesehen davon, dass es jetzt einfach schon zu lange dauert. Man hat viel mehr Privatzeit und spart sich den Anfahrtsweg. Und es ist natürlich viel sicherer, wenn ich nicht mit den Öffis fahren muss. Als Tipp empfehle ich, sich eine Stunde für die Mittagspause zu blocken und eine Runde spazieren zu gehen, da man sich durch das Homeoffice kaum bewegt und das für Geist und Seele echt wichtig ist. Ich vermisse natürlich meine Kolleg*innen und den Office-Tratsch, aber ich finde es gut, dass niemand ins Büro muss und fühle mich dadurch sicherer.
Die Arbeiterkammer hat in einer Broschüre häufig gestellte Fragen rund ums Homeoffice, um eure Rechte, Ansprüche und Pflichten beantwortet und gibt darin auch Tipps für den Homeoffice-Alltag, etwa zur Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung. Zusammen mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund hat die Arbeiterkammer außerdem eine eigene Beratungsplattform rund um Job und Corona eingerichtet. Falls ihr euch an eurem Arbeitsplatz nicht sicher fühlt oder konkrete Fragen habt, könnt ihr euch telefonisch an die Arbeiterkammer oder an eure Gewerkschaft wenden und euch individuell beraten lassen.
Holt euch ein paar Tipps aus unserem Homeoffice-Survivalguide! Für den Fall, dass euch in dieser herausfordernden Zeit alles zu viel wird, haben wir für euch Anregungen und Anlaufstellen herausgesucht. Für die Spazier-Pause findet ihr auf unserer Winter-Dahoam-Seite reichlich Inspiration.
*Name auf Wunsch geändert
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