Karneval in Köln: Survival Guide
Kölner Karneval ist etwas, was man erlebt haben muss, um wirklich zu verstehen, was da abgeht. Egal, wie alt ihr seid: Einmal im Leben müsst ihr Karneval in Köln feiern. Damit ihr das aber gut übersteht und vor allem bei all dem kuriosen, was so abgeht, auch durchblickt, erklären wir euch die wichtigsten Regeln.
Rein ins Kostüm und los feiern. Karneval in Köln klingt nicht so, als bedürfe es sonderlich viel Erklärung – aber weit gefehlt. Unvorbereitet zum Feier-Marathon in die Karnevalshauptstadt zu starten, ist gar keine gute Idee. Dafür gibt es zu viele skurrile Programmpunkte und Vokabular, dass man sich als Karnevals-Neuling einfach nicht herleiten kann.
Wir waren vor Ort, haben Profi-Feier*innen aka. Kölner*innen befragt, für euch keine Party ausgelassen und die Dos and Don’ts für den Karneval in Köln mitgenommen. Packt eure Perücken, Pailletten und Pappnasen aus – hier kommt der Survival Guide für den Karneval in Köln:
Die Basics: Was ist der Kölner Karneval eigentlich?
Karneval gilt in Köln tatsächlich als fünfte Jahreszeit und ist viel, viel mehr als eine Party – manch eine/e Lokalpatriot*in würde sogar von einer Lebenseinstellung sprechen. Fest steht: Karneval sind nicht nur sechs lustige Tage, sondern eine gesamte Saison – offiziell startet der Karneval schon im November. Genauer: Am 11.11. um 11.11 Uhr. Einen Tag lang gibts schon dann einen Vorgeschmack auf den Wahnsinn, der euch im Winter erwartet.
Die heiße Phase startet am Donnerstag vor dem Aschermittwoch, zur Weiberfastnacht. Schluss mit lustig ist dann am Veilchendienstag in der Woche danach. Dazwischen verwandelt sich die gesamte Stadt in eine große Partyzone.
Wer dem Karneval aus dem Weg gehen will, muss Köln verlassen. Innerhalb der Stadtgrenzen nämlich liegt sich während der Karnevals-Hauptsaison absolut jede*r in den Armen. Egal, ob Kölner*innen oder von außerhalb, jung oder alt: Es wird gemeinsam geschunkelt, gesungen und getrunken. Und zwar nicht nur in Bars oder Clubs, sondern auch auf der Straße.
Die wichtigsten Tage während des Karnevals in Köln 2025:
- Weiberfastnacht (27. Februar 2025): Startschuss des Karnevals um 11.11 Uhr am alten Markt durch das Dreigestirn, davor ist Boozy Brunch angesagt
- Karnevalsfreitag (28. Februar 2025): Party in Clubs und Kneipen in der ganzen Stadt
- Karnevalssamstag (1. März 2025): Straßenkarneval all day long
- Karnevalssonntag (2. März 2025): Paraden und Familienevents
- Rosenmontag (3. März 2025): Großer Zug (Parade) als Höhepunkt des Karnevals
- Veilchendienstag (4. März 2025): Veedelzüge, also kleinere Züge durch Grätzel, später Nubbelverbrennung und emotionaler Abschied
Die wichtigsten Vokabeln auf Kölsch:
Eines ist sicher: Beim Karneval werdet ihr nicht lange warten müssen, um ins Gespräch zu kommen. Damit ihr euch vor Ort auch verständigen könnt, gibt es ein paar Vokabeln auf Kölsch, die ihr kennen solltet:
- Alaaf = Schlachtruf des Kölner Karnevals. Wichtig: Wer “Helau” sagt, muss fürchten, aus der Stadt geschmissen zu werden. Dieser Ruf kommt nämlich aus dem zwar nahen, aber verfeindeten Düsseldorf
- Jeck = Karnevals-Feierer, jeck sein = verrückt/lustig sein
- Kamelle = Süßigkeiten, die von den Festwagen geworfen werden
- Strüßjer = kleine Blumensträuße, die bei Umzügen verschenkt werden
- Bützje = Bussi
- Köbes = Kellner in einer typischen Kölner Kneipe
- Fastelovend = Karneval
Kölsche Bräuche, die ihr beim Karneval kennen müsst:
Weiberfastnacht
Wie der Name suggeriert, geht es an diesem Tag tatsächlich um Frauen. An dem einen Tag im Jahr ist es nämlich ausnahmsweise erwünscht, dass diese buchstäblich “die Macht” übernehmen. Das zeichnet sie vor allem durch das Recht aus, allen Männern, die an diesem Tag eine tragen, die Krawatte abzuschneiden. Eine Schere in der Handtasche gehört also ausnahmsweise zur Grundausstattung.
Kölsche Trinktradition
Wer in Köln trinkt, trinkt Kölsch. Das wird in Kölner Brauhäusern vom Köbes, dem Kellner eingeschenkt – und ohne Nachfrage wieder nach. Das Köllner Bier wird in kleinen 0,2 Gläsern serviert, damit ihr euch nie auch nur ein leicht abgestandenes Getränk zumuten müsst. Damit ihr aber trotzdem viel und vor allem schnell trinkt, ist es üblich, dass der Köbes – sollte er ein leeres Glas sehen – einfach ungefragt neues Bier bringt.
Damit niemand die Anzahl der ausgetrunkenen Gläser aus den Augen verliert, wird für jedes neue Kölsch ein Strich auf einen Bierdeckel gemacht, der am Tisch liegen bleibt. Solltet ihr kein Bier mehr wollen, müsst ihr den Deckel nutzen, um euer Glas zuzudecken. Modus operandi ist also grundsätzlich mehr Bier, wer keines mehr will, muss das explizit kommunizieren.
Dreigestirn
Das sind Prinz, Bauer und Jungfrau; die drei wichtigsten Figuren des Karnevals. Sie werden jedes Jahr von drei anderen Personen dargestellt, die in einem aufwändigen Prozess vom Kölner Karnevalsverein gekürt werden. Einmal Karnevalsprinz zu sein, ist eine ungefähr zehnmal so große Ehre, wie Prom King in amerikanischen Highschool Filmen.
Natürlich ist die zentrale Figur der drei der Prinz, den ihr an einer Federhaube und seinem Zepter erkennt. Der Bauer trägt eine Rüstung und steht historisch für die Stärke und Unabhängigkeit Kölns als Freistaat. Die Jungfrau – wie sollte es anders sein – symbolisiert die Reinheit der Stadt Köln. Damit aber auch hier die Männer nicht zu kurz kommen, übernimmt auch diese Rolle traditionell ein Mann, der sich eben als Frau verkleidet.
Das Dreigestirn taucht im Laufe des Karnevals immer wieder auf. Am wahrscheinlichsten seht ihr sie bei der Eröffnung und während des Zugs am Rosenmontag – ihr Dienst erstreckt sich aber über Monate. Während der gesamten Karnevalszeit klappern sie Schulen, Firmen oder Altenheimen ab, um Kölschen Humor und gute Stimmung zu verbreiten.
Kamelle
Wer bei den Umzügen zusieht und sich dabei Snacks wünscht, muss das nicht schweigend tun, sondern kann auch einfach um Kamelle bitten. Die Süßigkeiten stehen für die Großzügigkeit der Kölner*innen – und die manifestiert sich zumindest während der Karnevalszeit tatsächlich darin, dass ihr euch wirklich keine Sorgen machen müsst, hungrig nach Hause zu gehen. Wer sich gut platziert, kann während der Umzüge einen wahren Süßigkeitenregen erleben. Das Süße ist hier also anders als etwa beim Nikolo nicht vorrangig für brave Kinder gedacht, sondern für alle.
Nubbelverbrennung
Am letzten Abend vor dem Aschermittwoch findet mit der Nubbelverbrennung ein dramatischer Abschied vom Karneval statt. Bei dem zu verbrennenden Objekt handelt es sich um eine menschengroße Strohpuppe, die nicht mal aus Kleidung und Accessoires verzichten muss. Während der Karnevalszeit beobachtet sie das Treiben und hängt über Kneipen oder an zentralen Orten der Stadt.
Damit sich Kölner*innen nach der tagelangen Feierei samt Bützje für die halbe Stadt noch in den Spiegel sehen können, haben sie eine Lösung gefunden: Der Nubbel wird zum sinnbildlichen Sündenbock für alles, was während der Karnevalszeit so passiert ist – und muss deshalb vernichtet werden. Samt Gerichtsverhandlung und Trauerzug. Die Verbrennung markiert auch den Abschied der spaßigen Karnevalszeit und den Beginn der Fastenzeit – die danach kommt, wie gerufen.
Was ist das Karnevalsmotto 2025?
Jedes Jahr steht der Karneval in Köln unter einem anderen Motto. 2025 lautet es „Mit Herz und Hut: Jeder Jeck is anders gut!“ Übersetzt: Jede*r darf seine Karnevals-Liebe auf die ganz eigene Art begehen – egal ob als Pirat*in, Einhorn oder tanzender Frosch.
Wo wird genau gefeiert?
- Altstadt: Der Dreh- und Angelpunkt des Straßenkarnevals Hotspots sind Heumarkt, Alter Markt, Zülpicher Platz, Barbarossaplatz
- Südstadt: Hier gehts etwas entspannter zu, aber los ist auf jeden Fall trotzdem was
- alternative Partys in Ehrenfeld
- Clubs: Luxor, EDM im Bootshaus und im Roxy gibt’s Indie-Beats
- Kneipen: Kult bei Papa Joe’s Klimperkasten, typisch Kölsch gehts bei Gaffel am Dom oder im Brauhaus Sion zu, links-alternativ ists im Lotta in der Südstadt
Survival-Tipps: Wie überlebt ihr Karneval?
- Verkleidung ist Pflicht: ob DIY oder Profikostüm – es kann eigentlich nicht zu ulkig sein. Ohne Verkleidung ist man während des Karnevals in Köln Persona non grata.
- Lernt die Lieder: Inoffizielle Hymne ist „Viva Colonia“, kennt am besten aber auch die Texte von „Kölsche Jung“, „Drink doch eine met“, „Stadt met K“ und „Polka, Polka, Polka“
- Kamelle-Taktik: Fangt Kamelle (Süßigkeiten) mit Würde. Kein Drängeln.
- KVB statt Auto: Mit dem Auto kommt ihr in der Innenstadt kaum einen Meter weit. Bahn und Bus fahren durch die Nacht, aber es werden definitiv Fahrten, die euch in Erinnerung bleiben.
Warum ist Karneval ausgerechnet in Köln so groß?
Wenn ihr eines aus diesem Survival Guide mitnehmt, dann hoffentlich, dass Karneval in Köln nicht einfach nur lustige Sauferei ist, sondern eine Menge Traditionen dahinterstehen, die Kultur der Stadt auf die wohl sympathischste Art überhaupt näherbringen.
Entstanden ist der Brauch übrigens bereits ins Mittelalter und entwickelte sich ausgerechnet durch katholischen Einfluss zu einem ausgelassenen Fest. Die heutige Version geht zurück auf eine Mischung von heidnischen Bräuchen, um den Frühling einzuläuten, und einem römischen Fest, bei dem sich die Rollen von Sklaven und Herrschern vertauschten. Wer sich fragt, was italienische Bräuche in Köln zu suchen haben: Das römische Reich ging einst bis nach Köln.
Der Name „Karneval“ leitet sich übrigens möglicherweise von „carne vale“ (lateinisch für „Fleisch, lebe wohl“) ab und könnte auf das letzte ausgiebige Essen und Trinken vor der Fastenzeit verweisen. Dass ausgerechnet Köln Karnevalshauptstadt geworden ist, hat wohl neben der damaligen historischen Bedeutsamkeit der Stadt und der katholischen Kirche zu einem gewissen Grad sicherlich auch mit der rheinischen Mentalität zu tun. Kölner*innen gelten nicht zu Unrecht als offen und lebensfroh.
Modernisiert wurde der Karneval und in eine Form gebracht, die der jetzigen ähnelt ungefähr 1820 – dann fand der erste Rosenmontagszug statt. Mittlerweile wird der Kölner Karneval also seit über 200 Jahren gefeiert.