Kurioses aus der Wiener Verkehrsgeschichte
Achtung, hier knattern die Motoren, klackern die Hufe und klimpern die Bims! Wir haben ein paar skurrile Geschichten aus der Wiener Verkehrsgeschichte für euch.
Ungewöhnliche Fortbewegungsmittel, merkwürdige Verkehrsführungen, legendäre Berufsgruppen und ausgefallene Transportsysteme für Leichen: Langweilig war es auf Wiens Straßen noch nie! Deshalb haben wir ein paar echte Schmankerln aus der Wiener Verkehrsgeschichte für dich.
Sänftenträger
Lange Zeit hatten die Fiaker in Wien echte Konkurrenz durch Sänftenträger, weniger liebevoll auch Sänftenknechte genannt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es in der Stadt etwa 100 dieser öffentlichen Tragsessel, wobei sich der Hof den Luxus eigener kaiserlicher Sänftenknechte leistete. Sonderlich beliebt waren die Träger aber nicht, viel eher haftete ihnen der Ruf unguter Grobiane an. In einem Reiseführer von 1852 liest man über ihre „ärgerliche Rücksichtslosigkeit gegen die übrigen Passanten, die sie oft über den Haufen stoßen, um dann erst ihr kaum verständliches Auf´gschaut zu brummen.“ So unhöflich die Sänftenknechte auch gewesen sein mochten, eingestellt wurde ihr Geschäft erst im Jahr 1888.
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Kreisverkehre
Beim Thema Kreisverkehre kann Niederösterreich niemand das Wasser reichen, aber vereinzelt traten und treten sie auch in Wien auf. Der erste Kreisverkehr der Stadt wurde am 1. Jänner 1927 am Michaelerplatz eröffnet, wo die Straßenführung noch heute gut erkennbar ist. Wenig später folgten jene am Praterstern und am Albertinaplatz. Um die Verkehrsteilnehmer*innen an die neuen Umstände zu gewöhnen, wurden vor den Einfahrten sicherheitshalber Richtungspfeile angebracht. Als man in den 80ern und 90ern anfing, sich Gedanken über Verkehrsberuhigung zu machen, wurden die meisten Kreisverkehre wieder rückgebaut. So auch der Michaelerplatz, dessen Überquerung aber nach wie vor abenteuerlich ist.
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Leichentransport
Kaum war der Wiener Zentralfriedhof 1874 eröffnet worden, tauchten schon die ersten Probleme auf. Denn für den Transport der Verstorbenen standen damals nur Pferdefuhrwerke zur Verfügung. Die Kutschen waren langsam, Simmering weit entfernt und die Anrainer*innen litten unter dem makabren Durchzugsverkehr. Eine praktikable Lösung musste her. Die Ideen reichten von einer eigenen Eisenbahnlinie oder einer Dampf-Tramway entlang des Donaukanals bis zu einer Art U-Bahn, die direkt zum Friedhof führen sollte.
Den revolutionärsten Ansatz verfolgte wohl Franz Felbinger, der für eine pneumatische Beförderung der Leichen eintrat: Mithilfe einer Hochdruck-Dampfmaschine sollten die Toten von einer zentralen Begräbnishalle im 3. Bezirk innerhalb von zehn Minuten durch Röhren bis zum 4,5 Kilometer entfernten Zentralfriedhof transferiert werden. Die Idee stieß auf wenig Gegenliebe und 1918 fand man schließlich eine andere Lösung: den Leichentransport mittels einer elektrischen Straßenbahn. Auf diese „Schwarze Tram“ folgten 1925 motorisierte Leichenwagen. Felbinger konnte sein Transportkonzept letztlich doch noch gewinnbringend verkaufen: 1875 wurde in Wien eine pneumatische Rohrpostanlage mit einer Gesamtlänge von 14 Kilometern in Betrieb genommen.
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Linksverkehr
Der Linksverkehr, der uns heute etwa in Großbritannien einigen Stress beschert, war einst auch hierzulande etwas völlig Normales. Die Linksorientierung stammt aus einer Zeit, in der man sich noch nicht mit Autos, sondern noch mit Pferden fortbewegte. Schon damals waren die meisten Menschen Rechtshänder, weshalb der Aufstieg auf das Ross in der Regel von der linken Seite erfolgte. Da aber beim Aufsatteln niemand mitten auf der Straße stehen wollte, einigte man sich darauf, generell auch linksseitig zu reiten.
Erst in der Zeit Napoleons wurde in vielen europäischen Ländern der Rechtsverkehr eingeführt, allerdings dauerte es in Österreich noch wesentlich länger, bis man sich mit der neuen Ordnung abfinden konnte oder wollte. Als das Parlament 1926 schließlich beschloss, landesweit Rechtsverkehr einzuführen, ging das den Wiener*innen noch immer zu schnell. Als Tag für den Umstieg kündigte man in der Hauptstadt den 1. Dezember 1932 an, doch auch dieses Datum erwies sich als illusorisch. Die tatsächliche Umstellung von links auf rechts erfolgte erst nach dem Einmarsch der Wehrmacht im Jahr 1938. Davon betroffen war nicht nur der Individualverkehr, sondern auch das Straßenbahnnetz: Gleise mussten neu verlegt, Einstiege ausgetauscht und neue Beschilderungen aufgehängt werden. Den Schlusspunkt setzten 2012 die ÖBB, die ihre letzten linksgeführten Züge erst damals dem neuen System anpassten.
Straßenbahnschaffner
Schaffner war ein schlecht bezahlter, aber ehrwürdiger Beruf, der ursprünglich ausschließlich von Männern ausgeführt wurde. In den Wiener Straßenbahnen waren die Schaffner – und nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Schaffnerinnen – für die Abfertigung der Wagen und den Verkauf beziehungsweise die Kontrolle der Fahrkarten verantwortlich. In den 1960er-Jahren machten ihnen automatische Kartenausgabekassen und Entwerter zunehmend das Leben schwer, weshalb die Zahl der Wiener Schaffner*innen ab dieser Zeit stark zurückging. 1964 war auf der Linie 43 erstmals ein schaffnerloser Beiwagen unterwegs; 1996 fuhr letztmalig eine Bim mit Schaffnerbegleitung aus. Geblieben ist von diesem Traditionsberuf lediglich Wolfgang Ambros legendärer Song von 1978, in dem es heißt: Schaffner sei, des woar amoi wos. Die Zeit is vorbei, heit foahr ma schaffnalos.
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Doppeldeckerbusse
Im Zuge der Motorisierungswelle der späten 1950er-Jahre wurden in Wien mehrere Straßenbahnlinien auf Busbetrieb umgestellt. Da allerdings Fahrermangel herrschte, mussten Busse her, die möglichst viele Passagier*innen transportieren konnten. Die Lösung waren Doppeldeckerbusse, kurz auch Stockbusse genannt. Im April 1960 kam der erste dieser Stockbusse zum Einsatz und erfreute sich zunächst großer Beliebtheit: Als im Jahr darauf die Straßenbahnlinie 13 von Bim auf Bus umgestellt wurde, feierten das Tausende Wiener*innen vor Ort.
Bald stellte sich jedoch heraus, dass die neuen Vehikel nicht besonders praktisch waren. Die Doppeldecker waren zwar geräumig, aber sehr schwerfällig, was in einer hügeligen Stadt wie Wien nicht gerade von Vorteil ist. Mit einer Höhe von über vier Metern überstiegen sie zudem die gesetzliche Begrenzung von 3,8 Metern und konnten viele Unterführungen oder Brücken gar nicht passieren. Gerade ältere Passagier*innen mieden außerdem den oberen Stock, aus Angst, sie würden es zum Ausstieg nicht mehr rechtzeitig nach unten schaffen. 1991 kam schließlich das Aus für die dicken Brummer. Den Stockbus Nummer 8229 kannst du heute noch im Verkehrsmuseum der Wiener Linien bestaunen.
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Noch mehr Spaß mit Verkehrsmitteln gefällig? Wir verraten dir ein paar Dinge über die Wiener Linien, die du bestimmt noch nicht wusstest. Außerdem entführen wir dich zu einigen Wiener Orten, die es schon längst nicht mehr gibt.