Muschicraft: Das feministische Bier aus Wien unterstützt Frauenhäuser
Saufen mit Sinn: Sophie Tschannett macht mit ihrem Projekt Muschikraft Sticker, Bilder und nun auch Craftbier. Einen Teil des Erlöses spendet sie an frauenbezogene Projekte. “Muschicraft – das feministische Carft Bier” ist ab Mitte März erhältlich.
Wenn Sophie Tschannett mit ihrem Freund etwas trinken geht, bekommt sie oft etwas anderes vorgesetzt, als sie bestellt hat. Das Bier, das sie wollte, wird nämlich immer wieder ihrem Freund serviert. Und sie sitzt dann vor dem Campari Soda ihrer Begleitung. Seit Sommer 2021 braut Tschannett an der Idee für ihr eigenes Bier. Rausgekommen ist dabei Muschicraft – ein Craftbier, mit dem sie die Bier-Stereotype in der Gesellschaft aufbrechen will.
Bier für alle
Vom pinken Etikett strahlt eine bunte Vulva, darunter steht: “Muschicraft – das feministische Craft Bier”. Auch wenn sie damit vielleicht ein paar alteingesessene Biertrinker*innen provoziert, will sie gar kein Anti-Männer-Bier für Frauen machen, sondern ein Bier für alle. “Bier ist ein banales Produkt, doch uns ist beim Kaufen und Konsumieren gar nicht bewusst, wie viele patriarchale Strukturen in einem Bier reproduziert werden. In der Branche wird stark davon ausgegangen, dass nur Männer Bier trinken. Das stimmt einfach nicht”, sagt sie. Viele Frauen trinken gerne Bier, würden sich aber vom Image nicht angesprochen fühlen. Mit Muschicraft will Tschannett weg vom Stereotyp des reinen Männergetränks: “Es geht mir darum, ein inklusives Bier zu machen, das alle Geschlechteridentitäten anspricht. Schön wäre es, wenn es ein Bier für viele Geschlechteridentitäten ist.”
Craftbier aus Ottakring
Für das Bier hat sich Tschannett mit der Braumanufaktur Schalken aus dem 16. Bezirk zusammengetan. Tschannett liefert die Muschi, also die Marke, und die Braumanufaktur das Craftbier. Geschmacklich hat Muschicraft eine fruchtige, melonige Note, im Nachgeschmack ist es ein bisschen bitter. Derzeit vertreibt Sophie Tschannett das Bier in kleinen Mengen über ihren Instagram-Account muschi_kraft. Ab Mitte März ist es dann auch in Lokalen, Greisslereien und direkt bei der Braumanufaktur Schalken erhältlich. Einen Teil der Einnahmen spendet Tschannett regelmäßig an frauenbezogene Projekte, derzeit an die Frauenhäuser in Wien und Österreich. Bisher hat sie 3.600 Euro gespendet.
Sticker, Bilder, Bier
Die Summe ist aber nicht nur durch die Bier-Verkäufe zusammengekommen. Denn Muschikraft gab es schon vor Muschicraft. Die Idee für das Projekt entstand beim Tretbootfahren: Eine Freundin erzählte ihr davon, wie sie sexistische Bemerkungen ihrer Chefs gekontert hat. Tschannett kommentierte das damals mit: “Du hast halt Muschikraft!”
Im September 2020 war das Projekt Muschikraft dann geboren. Damals arbeitete sie im Sozialbereich, wo sie das Thema Gewalt an Frauen stark beschäftigt hat. Außerdem malt sie auch – so kam ihr die Idee, eine Vulva zu zeichnen und auf Sticker drucken lassen, später kamen auch Bilder dazu. Ihre Kunst vertreibt sie über den Instagramkanal, vor dem Hintergrund, den Erlös an Frauenhäuser zu spenden, wie sie erzählt. Mit dem Craftbier wagt die ehemalige Sozialarbeiterin nun den Schritt in die Selbstständigkeit.
Make Muschi great again
Was in feministischen Kreisen gefeiert wird, kommt nicht überall gut an: Kritiker*innen finden das Vulva-Bild anstößig oder das Wort “Muschi” despektierlich. “Ich verstehe, dass das Wort für viele negativ besetzt ist. Aber ich finde, dass Muschi ein cooles Wort ist”, sagt Tschannett. Für sie habe das Wort weder mit Schwäche zu tun noch soll es als despektierlich gegenüber dem weiblichen Geschlecht verstanden werden, sie wolle es (wieder) mit einer positiven Bedeutung besetzen. Gleichzeitig sei sie auch dankbar für die Kritik: “Es bestärkt mich in meinem Vorhaben, die Vulva zu enttabuisieren.”
Kritik komme aber auch von einer anderen Seite: Tschannett wurde auch schon vorgeworfen, dass sie den Feminismus kapitalistisch nutzt. “Das ist eine spannende Aussage. Es stimmt, ich werde damit mein Geld verdienen. Aber ich frage mich: Was ist daran schlecht? Die Gesellschaft ist noch nicht da angekommen, dass man etwas machen will, das einen interessiert, einen Nutzen für die Gesellschaft bringt und womit man auch seine Miete bezahlen kann”, entgegnet sie. Sie wolle zudem beibehalten, einen Teil der Einnahmen für frauenbezogene Projekte zu spenden. Die aktuell wichtigsten frauenpolitischen Forderungen sind für sie die gerechte Entlohnung von Care-Arbeit und größere Budgets für den Schutz und die Förderung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen.
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