„Wir sind eine wahnsinnig exzessive Band“ – Interview mit Naked-Lunch-Sänger Oliver Welter

Dass die Pop-Kapazunder von "Naked Lunch" das Wiener Popfest rocken, ist eigentlich schon längst überfällig. Am 26. Juli 2018 um 20 Uhr ist es aber endlich so weit. Wir haben Sänger Oliver Welter vorab zum Interview gebeten.
Viktoria Klimpfinger Aktualisiert am 26.07.2018
(c) 1000things Redaktion / Viktoria Klimpfinger

Sie haben bereits zur heimischen Popszene gehört, als die Tante Ceccarelli noch nicht mal wusste, wo Bologna liegt. Vor drei Jahren haben Naked Lunch ihr 25-Jähriges gefeiert. Heuer spielen sie endlich auch auf der Seebühne des Wiener Popfests. Wir haben mit Sänger Oliver Welter über Kärnten, Wien und die Musik gesprochen.

1000things: Obwohl euch das Label Tapete Records als „Österreichs wohl bedeutendste Indie-Band“ bezeichnet, spielt ihr heute zum ersten Mal am Wiener Popfest. Wieso erst jetzt?

Oliver: Wir wurden in den letzten Jahren schon einige Male zum Popfest eingeladen. Aber es ist sich bei uns zeitlich nie ausgegangen. Dieses Jahr hat uns Nino Mandl persönlich eingeladen, der das Festival heuer ja kuratiert. Darüber freuen wir uns sehr. Es ist toll, dass wir am Eröffnungstag als Headliner spielen können.

1000things: Was erwartest du dir vom heutigen Abend?

Oliver: Meine Erwartungen sind eher bescheiden. Ehrlicher Weise muss man sagen, dass viele der Anwesenden wohl weniger an der Musik selbst interessiert sind. Für viele ist das Popfest ein Event, bei dem man dabei sein muss, damit man sagen kann, dass man dabei war.

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1000things: Auf einem Festival zu spielen, ist ja sicher ein ganz anderes Feeling als ein eigenes Konzert zu geben. Was ist euch als Band lieber?

Oliver: Schwer zu sagen, beides hat Vor- und Nachteile. Eigentlich sind wir eine sehr exzessive Band, die bei eigenen Konzerten gerne sehr lange spielt. Das macht das Bühnenprogramm dadurch aber auch schwieriger und nicht so zugänglich für das Publikum. Bei einem Festival lässt man hingegen die eine oder andere schwer verdauliche Nummer lieber weg und bedient die Vorlieben der Fans. Das Set ist publikumsorientierter.

1000things: Fast 30 Jahre gibt es euch nun schon. Habt ihr jemals ans Aufhören gedacht?

Oliver: Natürlich. Krisen und Streitigkeiten gibt es immer wieder. Das ist wie in einer langjährigen Beziehung. Ab und zu wäre es wahrscheinlich ganz gut, mit einem Mediator zu arbeiten. Aber das gehört zu einem kreativen Prozess irgendwie dazu. Und man findet immer wieder zueinander.

Naked Lunch Interview
Naked Lunch (c) Ingo Pertramer

1000things: Zum Glück! Was steht denn als nächstes an?

Oliver: Ich schreibe gerade an den Songs für unser neues Album. Das wird noch einige Monate dauern. Normalerweise ist Naked Lunch ja sehr opulent. Aber diesmal werden wir viel ruhiger, sehr Klavier-lastig und nur von ein, zwei Instrumenten getragen. Wir sind der Lautstärke langsam müde.

1000things: Allgemein versteht man euch ja als Kärntner-Band. Was ist euer Bezug zu Wien?

Oliver: Mittlerweile bin ich der Einzige, der nach wie vor eine Art Exil-Kärntner ist. Die Hälfte meiner Zeit verbringe ich in Kärnten, die andere Hälfte in Wien. Herwig Zamernik lebt schon seit ein paar Jahren in Wien. Unser Schlagzeuger ist aus Hamburg, unser Keyboarder aus Berlin. Wenn wir zusammenkommen, kommen wir in Wien zusammen.

1000things: Bist du gerne hier oder doch lieber in Kärnten?

Oliver: Kärnten ist zwar wahnsinnig schön, aber man hat sich irgendwann auch daran abgearbeitet. Ich habe schon viele Städte gesehen – Wien ist meiner Meinung nach die beste Stadt der Welt. Das sieht man ja allein schon bei sämtlichen Rankings. Ich denke, das ist auch der guten Stadtpolitik der letzten 20 Jahre geschuldet. Wien ist eine gewaltarme Stadt im Vergleich zu anderen Städten. Eine saubere Stadt. Und was den historischen Kern betrifft, einfach unfassbar. Vor einigen Jahren waren Freunde von mir aus Manchester zu Besuch hier und meinten nur: „Fucking unbelievable!“ Wien ist schon sehr herzeigbar. Wie man das Neue mit dem Alten zusammenführt, ist hier sehr gut geglückt. Das war zwar nicht immer so, aber Wien ist mittlerweile viel kosmopolitischer als früher.

1000things: Talking about Stadtpolitik: Ist Naked Lunch eigentlich eine politische Band?

Oliver: Wir haben zwar keine explizit politischen Lyrics. Aber wir waren immer politisch. Vor allem in dem Sinn, dass wir Kärnten im Gegensatz zu anderen Künstlern lange nicht verlassen haben. Wir sind immer in Opposition gegangen und haben uns gegen den starken Rechtsruck gewehrt, der nach Haiders Tod immer ärger wurde. Wir haben uns am Neuen Platz in Klagenfurt formiert, haben agitiert, Flashmobs organisiert und hätten auch in Kauf genommen, dass wir verhaftet werden. Passiert ist das zum Glück nie. Kärnten ist aber anscheinend wieder vernünftiger geworden, wie die aktuelle politische Wende weg vom rechten Lager zeigt. Ich denke, viele Menschen sind enttäuscht von der ehemals blauen Regierung und ihren gebrochenen Versprechen.

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1000things: Hast du ein paar Tipps, was man in Kärnten unbedingt machen, essen, sehen muss?

Oliver: In meiner Freizeit mache ich viel Sport. Also gehe ich in Kärnten sehr gerne wandern und laufen, besonders abseits der Trampelpfade. Im Winter gibt’s wahnsinnig schöne Skigebiete – Turach, Bad Kleinkirchheim, das südliche Nassfeld. Kulinarisch muss man in Kärnten unbedingt die Kärntner Kasnudeln probieren. Die können super schmecken oder gar nicht – aber sie sind eben sehr typisch für die Region. Genauso wie der Reindling. Das ist eine Art Gugelhupf mit Rosinen drin. Zu Ostern essen wir ihn zusammen mit Schinken und Kren. Das ist vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig.

1000things: Zum Schluss haben wir noch einen Kärnten-Wien Wordrap-Battle für dich: 

Käsekrainer oder Hauswurst?

Oliver: Käsekrainer!

1000things: Fritatten- oder Kaspressknödelsuppe?

Oliver: Fritattensuppe. Wobei Kaspressknödel ja eigentlich eher etwas Tirolerisches sind.

1000things: Kahlenberg oder Mölltaler Gletscher?

Oliver: Mölltaler Gletscher.

1000things: Villacher Bier oder Ottakringer?

Oliver: Ottakringer.

1000things: Lei lei oder Zamm, zamm, zamm?

Oliver: Beides ist schrecklich! Anscheinend hat Wien den Battle gewonnen. (lacht)

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Ihr wollt dieses Wochenende die volle Pop-Dröhnung? Dann checkt am besten das Programm des Popfests ab. Und braucht ihr zwischendurch ein bisschen Abwechslung, findet ihr bei unseren Wiener To Do’s jede Menge Inspiration.

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