Was man in Österreich bei Nacht machen kann
Die Clubs haben zu, die Clubs sind offen – euch ist das egal? Dann seid ihr hier richtig: Wir stellen euch vor, was man in der Nacht in Österreich sonst noch machen kann.
„Finster war’s, der Mond schien helle, schneebedeckt die grüne Flur, als ein Wagen blitzeschnelle, langsam um die runde Ecke fuhr. Drinnen saßen stehend Leute, schweigend ins Gespräch vertieft, als ein totgeschoss’ner Hase auf der Sandbank Schlittschuh lief.“ Wer jetzt nicht wenigstens einen Flashback an lange Autofahrten oder Wanderausflüge mit reimenden und singenden Eltern hat, ist wahrscheinlich währenddessen im Auto eingeschlafen. Allen anderen beweisen wir jetzt, dass die Nacht in Österreich viel mehr zu bieten hat als skurrile Wagen mit widersprüchlichem Tempo und fragwürdigen Passagieren oder saisonübergreifend wintersportelnde Hasen. Und betrunkenes Partyvolk, definitiv auch mehr als betrunkenes Partyvolk.
Die Nachtwächter sind los
In einigen österreichischen Städten führen euch Nachtwächter*innen durch ihr dunkles Revier. Als sich im Mittelalter die ersten größeren Städte bildeten, sorgten sie nachts für Zucht und Ordnung. Sie streiften durch die Gassen und warnten ihre Bürger*innen vor Bränden oder ähnlichen Katastrophen. Dazu überprüften sie, ob die Haustüren auch richtig abgesperrt waren, und hatten das Recht, auffällige Passant*innen abzupassen, zu befragen und eventuell sogar festzunehmen. Außerdem sagten sie oft auch laut die Uhrzeit an, um nachzuweisen, dass sie ihren Dienst verrichteten und nicht hinter der nächsten Pferdekutsche schnarchten. Aber keine Sorge, die heutigen Nachtwächter*innen dienen vornehmlich Dekorationszwecken und werden euch vermutlich weder verhaften noch die Uhrzeit ins Gesicht brüllen. Vermutlich. Auf Blasphemie, Hexerei oder andere mittelalterliche Vergehen solltet ihr aber sicherheitshalber doch verzichten.
Auf der dunklen Seite der Macht… äh… Nacht streift ihr zum Beispiel bei einem Fackel- und Erlebnisspaziergang mit einem Nachtwächter durch Rust. Rund eineinhalb Stunden dauert der Nachtwächterrundgang durch die Altstadt. Im Juli und August 2022 finden die Rundgänge einmal pro Woche statt, los geht es um 21 Uhr. In Graz müsst ihr euch um 19 Uhr beim Burgtor einfinden, wenn ihr dem Nachtwächter auf den Spuren von Hexen und Henkern folgen wollt. Der nächste schaurige Rundgang findet am 30. September 2022 statt. Und auch in Steyr könnt ihr Nachtwächter*innen durch die Stadt begleiten und ihren gespenstischen Geschichten lauschen. Nämlich jeden Donnerstag und Samstag bis September 2022 um 20 Uhr.
Auf den Spuren der Grazer Geister
Wenn wir schon am nächtlichen Gehen sind, dann walken wir gleich weiter nach Graz – zum Ghostwalk. Der Geistergeher Josef Tschida führt euch immer freitags und Samstag ab 20 Uhr in okkultem Gewand durch die Stadt. Dabei hört ihr Geistergeschichten und historische Anekdoten, gruselt euch und erwischt euch zugleich beim Schmunzeln. Denn der Ghostwalk ist weit mehr als eine weitere trockene Stadführung: „Ein mobiles Theaterstück in sechs Bildern aus der Vergangenheit mit vergnüglichem Schauer“ beschreibt Tschida den Walk auf seiner Website. Man darf sich also darauf verlassen, dass er nicht aus der Rolle fällt. Skurril? Definitiv! Sollte es aber auch sein, wenn es um Geister geht, oder? Treffpunkt ist jedenfalls die Neutorgasse Nummer 5. Erwachsene zahlen 15 Euro pro nicht abnehmbarem Kopf.
Schönbrunn bei Nacht
Ihr wollt euch nachts nicht ausschließlich auf Fledermäuse konzentrieren oder spürt vielleicht schon, wie euch Dracula in den Nacken haucht wie ein distanzloser Fahrgast im gesteckt vollen Bus? Dann lieber doch ab nach Schönbrunn, bevor er zubeißen kann. Hier leiten euch die Nachtführungen nämlich querbeet durch die gesamte schlafende und nachtaktive Fauna. Wer weiß, vielleicht hört ihr ja ein paar Pinguine schnarchen oder seht die hyperaktiven Erdmännchen schlafwandeln (niemand kauft den Typen ab, dass sie auch nur eine Minute ruhighalten können)? Und habt ihr eigentlich schon mal gesehen, dass sich die Koalas tagsüber bewegen? Vielleicht liegt’s ja daran, dass sie nachtaktiv sind. Möglicherweise schmeißen sie sich ab 20 Uhr in ihre heißesten Glitzerleggings und fahren Roller-Disco. Wer weiß?
Herausfinden könnt ihr es bei den täglich stattfindenden Touren. Eineinhalb Stunden Nacht-Action inklusive Nachtsichtgerät in Schönbrunn kommen auf stolze 29 Euro pro Person. Jetzt müsst ihr euch fragen: Ist euch das ein vielleicht oder vielleicht auch nicht Leggings tragender und tanzender Koala wert?
Schwimmen bei Mondschein
Lieber keine Nachteulen und Siebenschläfer? Dann ist Nachtschwimmen vielleicht eher etwas für euch. Wobei ihr in Naturgewässern vielleicht auch den einen oder anderen verdutzten Fisch aus dem Schlaf reißt. Daher empfehlen wir Mondscheinschwimmen in geschütztem Rahmen. Die Therme Aqua Dome in Tirol hat Schwimmbereich und Sauna jeden Freitag bis Mitternacht geöffnet, das Restaurant bis 21.30 Uhr. Und jetzt der absolute Clue: Ripperl gibt’s für 12,90 Euro auch noch dazu! Danach solltet ihr aber mindestens eine Stunde warten, bevor ihr euch wieder in die nächtlichen Fluten schmeißt.
Die Stadt als dunkler Parkour
Action ja, nassmachen nein? Dann ab auf die Straße. Natürlich wollen wir jetzt nicht, dass ihr ominöse Geschäfte in dunklen Gassen betreibt, um eure Streetcredibility zu pushen. Das wäre wohl die falsche Art von Nervenkitzel. Nein, wir scheuchen euch durch den größten Parkour Wiens – die Stadt selbst. Die Plattform Parkour Austria organisiert verschiedenste Workshops und Kurse rund um Parkour und Freerunning in Wien. Nach dem richtigen Aufwärmen zeigt man euch, wie man mit möglichst wenig Kraftaufwand, also möglichst ökonomisch von A nach B kommt, und zwar direkt: Alles, was zwischen euch und dem Ziel steht, ist ein Hindernis, das entweder übersprungen, durchpurzelt oder über das balanciert wird. Die regulären Outdoor-Kurse finden montags und freitags von 18 bis 19.30 Uhr statt. Einmal schnuppern kostet zwölf Euro, eine reguläre Teilnahme 18 Euro.
Noch nicht nächtlich genug für euch? Dann sind es die Night-Missions definitiv. Hin und wieder organisiert Parkour Austria Freerunning-Events, wie etwa auch die nächtlichen Parkour-Ausflüge. Dabei bewegt man sich acht Stunden durchgehend hüpfend, rollend oder slidend durch die Stadt. Hatten wir am Anfang impliziert, ihr werdet euch nicht nassmachen? Tja, nach acht Stunden Kunstrennen legen wir für trockene Achseln nicht die Hand ins Feuer. Oder woanders hin.
In die Sterne schauen
Zum Abschluss haben wir noch den Klassiker unter den Nachtaktivitäten für euch, den man in der Großstadt dank ständiger Beleuchtung und kaum freiem Himmel gerne mal vergisst: Sternderlschauen. In Wien könnt ihr etwa auf der Jubiläumswarte auf dem Gallitzinberg, im Freiluftplanetarium Sterngarten Georgenberg in Mauer nahe der Wotruba-Kirche oder auf der Sophienalpe den Sternen ungestört beim Funkeln zusehen. Aber wenn ihr so richtig in die dunkle Materie eintauchen wollt, schmeißt ihr euch am besten ins Auto und fahrt eine halbe Stunde, bis ihr zum Sternenweg in Großmugl im Weinviertel kommt. Ein Themenweg über freie Felder erklärt euch auf Infotafeln hier unten, was ihr dort oben seht. Verfehlen könnt ihr ihn auch in der Dunkelheit nicht: Er startet direkt in der Ortsmitte an der Adresse 2002 Großmugl, Hauptstraße 46. Seine Begehung ist kostenlos – aber ganz sicher nicht umsonst!
Mit einem besonders eindrucksvollen Sternenhimmel rühmt sich übrigens auch der Nationalpark Gesäuse. Bei guter Sicht soll man hier sogar die Milchstraße mit freiem Auge erspähen können. Wenn der Neumond aufzieht, herrscht fast völlige Dunkelheit. In Johnsbach im Nationalpark-Gebiet hat man tatsächlich den dunkelsten Himmel Österreichs gemessen. Hier blickt ihr also ins unverfälschte, nicht durch Nachtlichter und Scheinwerfer geblendete Dunkel. Stichwort Dunkel: Im Sternenpark Attersee-Traunstein ist der Himmel nachts so dunkel, dass das Gebiet von der International Darksky-Association als Sternenpark zertifiziert wurde. Dort könnt ihr nicht nur Sternderlschauen, sondern auch an Nachtnatur-Erlebnisführungen teilnehmen. Zum Beispiel am Moonwalk auf der Kreuzing-Alm. Bei so einem guten Wortspiel müssen wir einfach hinfahren!
Bevor wir jetzt völlig in den philosophischen Abgrund stürzen, wenden wir uns dem zu, woran wir doch alle gedacht haben, als wir „Nachtaktivitäten“ gelesen haben: Wir schnappen uns ein Spritzweinglas, werden nach 30 Minuten supermüde und fallen laut schnarchend in die Hapf’n. Gute Nacht!
Jetzt habt ihr doch Lust auf ein bisschen mehr Nightlife bekommen? Dann crasht doch ein paar der ausgefallensten Bars Österreichs. Ihr möchtet euch gerne gruseln? Dann folgt der Liste Gruseliges Österreich, um regelmäßig mit düsteren Beiträgen versorgt zu werden.