Zu Besuch im Rollerskate-Kurs: Rollin‘ with my Homies
Anstatt so schnell wie möglich mit Rollschuhen durch den Park zu düsen, wird heute wieder mit Rollerskates getanzt. Um das zu lernen, war unsere Redakteurin im Rollerskate-Kurs von Powerjam. Wie sie sich geschlagen hat, lest ihr hier.
Sie tanzen auf Parkplätzen, in Alleen oder in Skateparks – zumindest auf Tiktok und Instagram: Immer wieder scrolle ich durch Videos und Reels auf meinen Social-Media-Kanälen und stoße auf vornehmlich junge Frauen, die in Rollschuhen tanzen. Und das sieht richtig cool aus. Wer nicht geschickt genug ist, sich das selbst beizubringen, kann das auch hier in Wien in Kursen lernen. Powerjam Roller Skate bietet Kurse an, bei denen man nicht nur die Technik, sondern auch die Dancemoves lernt. Also stehe ich an einem Novemberabend eineinhalb Stunden lang mit 16 anderen Frauen im New Wave Gym. Heute findet die dritte Einheit des Anfänger*innen-Kurses an. “Ich kann eislaufen, ich bin schon mal auf Inline-Skates gestanden, wie schwer kann Rollerskaten sein?”, denke ich mir. Wenig später werde ich feststellen: Es kann sogar ziemlich schwer sein.
Revival der Roller Discos
Rollerskaten, das ist kein neuer Trend. Die ersten Rollschuhe entstanden schon im 18. Jahrhundert, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Schuhe mit vier Rollen populär. Auch das Tanzen auf vier Rädern ist nichts Neues. Die Ursprünge liegen in den Roller Discos der 1970er – also Discos, in denen mit Rollerskates an den Füßen getanzt wird. In den 80ern und 90ern wurden die klassischen Rollschuhe dann von Inlineskates abgelöst.
Das Revival der zweispurigen Rollschuhe – und des Tanzens mit ihnen – beobachten Riannon und Eva, die hinter Powerjam stehen, bereits seit ein paar Jahren. Die beiden kennen sich durch das Roller Derby und stehen schon lange auf vier Rollen. Seit etwa zwei Jahren bieten sie Rollerskate-Kurse für Anfänger*innen und für Fortgeschrittene an. Seither erfreuen sich die Kurse großer Beliebtheit – so groß, dass sie eigentlich immer ausgebucht sind. Bis zu 25 Personen können an einem Kurs teilnehmen. Weil die Nachfrage aber deutlich größer ist, bieten die beiden neben Semesterkursen auch offene Workshops an. Zusätzlich wollen sie bei den Meetups die Rollerskating-Community in Wien stärken.
Taktgefühl gefragt
Bevor es heute ans Tanzen geht, wärmen wir uns ohne Rollerskates auf und kräftigen die Muskeln, die man für die Moves braucht. Denn schon alleine fürs Stehen mit Rollschuhen braucht man Balance und Core Strength, also Kraft und Stabilität im Rumpf, erklärt Eva, die den Kurs heute leitet. Nachdem ich die erste Challenge – Rollerskates anziehen und aufstehen – gemeistert habe, merke ich schnell: Die Core Strength fehlt mir offenbar noch. Mehrmals rudere ich mit den Armen herum, verliere die Balance und halte mich in letzter Sekunde an einer Teilnehmerin vor mir fest. Gar nicht mal so einfach, auf Rollerskates zu stehen.
Nach den ersten Geh- und Fahrversuchen geht es nun ans Eingemachte: Im Laufe des Semesters entsteht im Kurs eine Choreografie zu dem Coolio-Song “Rollin’ with my Homies”, jede Woche kommen ein paar Tanzschritte und Takte dazu. Heute lernen wir sogenannte Cross Steps. Dabei geht es darum, ein Bein vor das andere zu bringen, das Gewicht kurz zu verlagern und das zweite Bein dann schließlich wieder neben das erste zu bewegen. Die Technik wiederholen wir mehrere Songs lang, denn sie ist eine Grundlage für viele weitere Choreos und Moves, wie Eva erklärt.
“Save of the Day”
Auch nach unzähligen Wiederholungen habe ich die Cross Steps im Kurs noch nicht perfekt gemeistert. Sie helfen mir aber dabei, mich auf acht Rädern einigermaßen wohlzufühlen. Etwas erleichtert bin darüber, dass ich nicht die Einzige bin, die mit dem Gleichgewicht kämpft. Das Wackeln ist aber gar nicht schlimm, erklärt Eva, als eine weitere Teilnehmerin gleich zweimal das Gleichgewicht verliert – es aber schafft, aus eigener Kraft stehen zu bleiben. “Save of the Day!”, ruft Eva ihr zu und alle applaudieren. Denn die Tatsache, dass sie nicht hinfällt, zeige, dass ihre Rumpfmuskeln kräftig genug sind. In eineinhalb Stunden Kurszeit könne man die Moves (und in meinem Fall: auch die Muskeln) ohnehin nicht perfektionieren. Sie gibt uns das Rüstzeug mit, trainieren muss man dann schon selbst.
Skate-Community stärken
Stichwort trainieren: Dass bei den anderen Teilnehmer*innen die Tanzschritte schon richtig gut aussehen, ist wohl kein Zufall. Mira, eine der Teilnehmer*innen, wollte eigentlich schon vor der Pandemie Rollerskaten lernen und hat sich Schuhe gekauft. Jetzt ist sie im Anfänger*innenkurs und übt in den wöchentlichen Choreo-Stunden und zuhause. Draußen zu üben, das hat sie sich bisher aber noch nicht getraut, erzählt sie. Katarina, eine weitere Kursteilnehmerin, hat schon im Frühjahr einen Workshop besucht und war in den Roller Discos in der Garage Grande. Aber auch Sportarten wie Eislaufen oder Eishockey machen das Rollerskaten etwas einfacher, verraten sie mir.
Am Rollerskaten gefällt Katarina auch die kleine Community, die sich zum Beispiel für Ausfahrten auf der Donauinsel trifft. Die Gemeinschaft wollen auch Eva und Riannon stärken. Deshalb veranstalten sie neben den Kursen und Workshops jede Woche auch offene Meetups für alle Rollerskate-Enthusiast*innen. Dass die Angebote tatsächlich allen offenstehen, das betont Eva dezidiert. Denn in den Kursen und der Wiener Community seien größtenteils Frauen, mittlerweile gebe es erste Männer, “was mich sehr freut”, sagt Eva. Tanzen werde womöglich nach wie vor eher mit Frauen assoziiert. Dabei seien “die großen Legenden eigentlich schwarze Männer vom Venice Beach in den Siebzigerjahren”. International sei die Community aber durchaus divers.
Einen Legendenstatus habe ich mir an diesem Novemberabend noch nicht erarbeitet. Den Winter über – und das nehme ich mir fest vor – kann ich beim Eislaufen meine Balance trainieren. Vielleicht ergattere ich dann ja im nächsten Semester einen der begehrten Kursplätze. Dann stoße ich nicht erst mitten im Semester dazu, sondern komme gleich zur ersten Einheit. Da lernt man nämlich, wie man richtig aufsteht.
Noch mehr coole Workouts gesucht? Wir zeigen euch Sportkurse, die sich wie Clubbing anfühlen. Außerdem haben wir die coolsten Indoor-Sportangebote in Wien für euch gesammelt.