Sagenspaziergang durch die Wiener Innenstadt – Teil 2
Ein zweites Mal entführen wir euch auf einen Spaziergang zu sagenumwobenen Orten in der Wiener Innenstadt und erzählen euch, was wohl hinter ihnen steckt.
Wir beginnen unseren Sagenspaziergang am Schwedenplatz, direkt beim Ausgang der U-Bahn-Station. Ihr werdet etwa eine Stunde lang unterwegs sein, also zieht bequeme Schuhe an, packt eine Thermoskanne mit Tee ein oder holt euch noch einen Kaffee oder eine heiße Schokolade to go und auf geht’s!
Eingebettet zwischen einem Imbissstand und einer Bankfiliale liegt der Hauseingang Franz-Josefs-Kai 21, um den herum ein Hauszeichen an jene Sage erinnert, mit der wir den Sagenspaziergang beginnen.
Küssdenpfennig | Franz-Josefs-Kai 21, 1010
Bis zum Zweiten Weltkrieg verlief parallel zum Franz-Josefs-Kai die Adlergasse von der Rotenturmstraße bis zum Laurenzerberg. Der Sage nach betrieb ein besonders geiziger Wirt hier sehr erfolgreich das Gasthaus Zum schwarzen Adler. Das Service im Wirtshaus übernahmen sein Sohn Josef und die junge Frau Marie, eine arme Verwandte der Wirtes, die hübsch und bescheiden gewesen sein soll. Josef war schwer in Marie verliebt. Sein Vater hatte aber vor, ihn mit der Tochter eines anderen wohlhabenden Wirten zu verheiraten. Als Josef einmal offen um die Hand von Marie anhielt, wurde sein Vater zornig und verbot ihm die Liebesbeziehung zu Marie. Er schwor sogar, Marie bald wegzuschicken, damit seinen Plänen nichts im Weg stand.
Eines Abends betrat ein einfach gekleideter Mann die Schankstube und verlangte nach Essen und einem guten Bett. Der Wirt beäugte ihn misstrauisch und fragte, ob er das denn überhaupt bezahlen könne. Der Fremde gab sich daraufhin als Theophrastus Bombast von Hohenheim zu erkennen, heute gemeinhin bekannt als Paracelsus, der berühmte Schweizer Arzt und Alchemist, und meinte, wer so jemanden Berühmten im Haus hätte, müsse froh sein und nicht gleich an Geld denken. Der Wirt blieb hart und gab Paracelsus zu verstehen, er solle verschwinden, wenn er kein Geld hätte. Marie hatte Mitleid mit dem erschöpften Besucher und bezahlte mit ihren kleinen Ersparnissen für ihn. Fürs Erste war der Wirt zufrieden.
Paracelsus blieb einige Tage im Wirtshaus und die Rechnung schwoll immer weiter an. Gleichzeitig rückte der Tag näher, an dem Marie das Wirtshaus verlassen musste. Eines Tages schüttete sie Josef ihr trauriges Herz aus, der sie in die Arme schloss und tröstete. Zufällig kam gerade der Wirt vorbei und als er die beiden umschlungen sah, wurde er wütend. Er befahl Marie, auf der Stelle ihre Sachen zu packen und zu verschwinden. Davor solle sie aber noch die Rechnung ihres Gastes bezahlen. Josef erklärte daraufhin, er würde mit Marie gehen und ein Streit brach los. Plötzlich stand Paracelsus in der Tür und versuchte, den Wirten zu beschwichtigen. Marie wollte dem Wirten schon all ihr Erspartes aushändigen, aber Paracelsus hielt sie zurück und zog einen Kupferpfennig aus seiner Tasche. Den bot er dem Wirten als Anzahlung an und schwor, dass er den Rest bald begleichen würde. Der Wirt fühlte sich zum Narren gehalten und begann zu toben, nannte Paracelsus einen Lügner und Prahler und fragte, wie er denn mit einem schäbigen Pfennig eine Schuld von mehreren Goldgulden begleichen wolle: „Ihr werdet diesen Pfennig ebenso wenig zu Gold machen, wie mein Sohn dieses Mädchen zur Frau bekommt!“, schrie er. Paracelsus fragte, ob er diesen Schwur halten würde. Der Wirt schwor. „Dann hebt einmal den Pfennig auf und seht ihn euch näher an“, forderte Paracelsus ihn auf. Der Wirt bückte sich, griff nach der Münze und hielt auf einmal ein schweres Goldstück in der Hand. Damit war die Rechnung des Paracelsus beglichen und der Wirt hielt sein Versprechen, Josef und Marie seinen Segen zu geben. Das junge Paar war überglücklich. Der Gast ging seiner Wege. Die Geschichte vom Pfennigwunder war bald in der ganzen Stadt bekannt und viele wollten die berühmte Münze sehen. Immer, wenn der Wirt sie einem neugierigen Gast zeigte, streichelte er liebevoll über sie und küsste sie, bevor er sie wieder sicher verwahrte. Fortan wurde das Wirtshaus Küßdenpfennig genannt.
Der Familienname Küssenpfennig war im Mittelalter sehr verbreitet und war ursprünglich wohl ein Spitzname für geizige Menschen. Namensträger gab es überall im deutschsprachigen Raum, auch in Prag. Das Küssdenpfenning-Haus führte erstmals 1470 ein entsprechendes Hausschild – damals noch mit der Aufschrift „Zum Küssenpfennig“, obwohl keiner seiner dokumentierten Vorbesitzer diesen Namen trug. Die Sage um Paracelsus und den Pfennig-küssenden Wirten tauchte im 18. Jahrhundert auf und wird seit dem 19. Jahrhundert auf das Küssenpfennig-Haus an dieser Stelle bezogen. Ein Gasthaus Zum schwarzen Adler ist an dieser Stelle nicht historisch belegt. Ein Wirtshaus mit diesem Namen befand sich bis Ende des 19. Jahrhunderts ein paar Schritte weiter, auf der anderen Seite des Donaukanals, etwa dort, wo heute die Gredlerstraße auf die Taborstraße trifft. Allerdings hat sich in der Griechengasse 7 das Gasthaus Zum gelben Adler, beziehungsweise Gasthaus Zum goldenen Adler, befunden, das einen sehr guten Ruf hatte.
Wendet euch nach rechts vom Hausbild ab, geht in Richtung Rotenturmstraße, biegt nach links ab und betretet bei der nächsten Gelegenheit links die Griechengasse. Hier befand sich ehemals das sogenannte Griechenviertel. Die griechische Gemeinde in diesem Stadtteil lässt sich bis in die Zeit der Eroberung Konstantinopels zurückverfolgen. Mit der Zeit siedelten sich viele griechische Händler und Kaufleute an, bevor sich die Wohlhabendsten unter ihnen im 19. Jahrhundert ein Palais am Ring erbauen ließen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Stadtteil beschädigt, aber auch wenn nicht mehr alles im Original erhalten ist, ist die Griechengasse ein Ort für eine Zeitreise. Eine architektonische Zeitreise für sich erhebt sich rechts von euch: der Steyrerhof, der ein bisschen aussieht, als hätte Picasso ein Haus gebaut. Der Hof wurde im Laufe der Jahrhunderte oft umgebaut und es sind bis heute Überbleibsel verschiedenster Epochen zu sehen, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen. Vorbei an der orthodoxen Georgskirche, vorbei am berühmten Fenstercafé, geht es durch den schmalen Ausläufer der Griechengasse. Am Ende des Durchgangs liegt der Eingang zum Griechenbeisl, das während der griechischen Blütezeit des Viertels ein beliebter und belebter Treffpunkt der Community war.
Der liebe Augustin | Griechengasse 9, 1010
An der Fassade des spätgotischen Hauses Zum roten Dachel prangt ein Relief, auf dem der liebe Augustin mit seinem Dudelsack fröhlich spazierend zu sehen ist. Eine goldene Inschrift rund um die Figur sagt: „Hier sang sein Lied zum 1. Mal der liebe Augustin.“ Links daneben ist ein Gasthausschild angebracht, das wohl an das legendäre Gasthaus Zum gelben Adler erinnern soll.
Im 17. Jahrhundert wütete in Wien die Schwarze Pest, wohl eingeschleppt von Reisenden, denn Wien war ein wichtiger Handels-Knotenpunkt. Die Toten lagen auf der Straße. Stadtknechte fuhren in der Nacht mit Leichenwägen durch die Stadt, sammelten die Toten auf und warfen sie außerhalb der Stadt in Massengräber, sogenannte Pestgruben, die zugeschüttet wurden, sobald sie voll waren. Damals lebte in der Stadt der Sänger und Dudelsackpfeifer Augustin, der immer guter Dinge war. Unter den Wiener*innen war er daher als „der liebe Augustin“ bekannt. Er war sehr gerne im Bierhaus „Zum roten Dachel“ am Fleischmarkt zu Gast und unterhielt die Leute dort mit seinen Liedern. Obwohl die Menschen aus Furcht vor Ansteckung überwiegend große Menschenansammlungen mieden, war das Rote Dachl immer voll. Aber eines Abends war die Schenke dann doch leer. Der liebe Augustin saß einsam und niedergeschlagen da und trank aus Frust ein bisschen zu viel. Wankend verließ er schließlich das Lokal in Richtung heim. Aber so weit kam er nicht. Der betrunkene Augustin schlief auf der Straße ein und wurde von den Stadtknechten für tot gehalten. Sie hievten ihn auf ihren Karren und warfen ihn mit den anderen Leichen in eine Pestgrube. Als der liebe Augustin am nächsten Morgen erwachte, stellte er mit Schrecken fest, wo er gelandet war. Er schrie um Hilfe und schließlich kamen Stadtknechte zur Grube, die ihm heraushalfen. Der liebe Augustin erkrankte nie an der Pest und erzählte daraufhin stets von seinem Erlebnis.
Der liebe Augustin ist eine historische Figur. Mit bürgerlichem Namen hieß er Markus Augustin und tatsächlich findet man in zeitgenössischen Quellen Berichte über den der Pestgrube entstiegenen Augustin. Allerdings gibt es zwei Versionen der Geschichte, wie er dorthin gelangt ist: In einer stolpert der Betrunkene und stürzt in die Pestgrube, in einer anderen werfen ihn Stadtknechte in die Grube, im Glauben, er sei tot. Jedenfalls soll sich die Grube in der Nähe von St. Ulrich befunden haben. Dort erinnern noch heute der Augustinplatz und ein Brunnen mit einer steinernen Augustin-Figur an den Sänger – der Endpunkt dieses Sagenspaziergangs. Sechs Jahre nach dem Pestereignis wurde Augustin tatsächlich tot auf der Straße aufgefunden und auf dem Nikolai-Friedhof – auf dem Areal des heutigen Rochusplatzes – begraben. Das Lied Oh du lieber Augustin kam übrigens erst um 1800 nach Wien.
Bevor ihr euren Weg fortsetzt, werft noch einen Blick auf die prunkvolle griechische Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit. Wendet euch dann nach links und geht den Fleischmarkt weiter, bis an sein Ende, vorbei am traditionsreichen Café Diglas und dem israelischen Streetfood-Lokal Hungry Guy. Dann biegt ihr auf den Bauernmarkt ein und geht in Richtung Hoher Markt, wo es die Ankeruhr zu bestaunen gibt. Kommt ihr hier um 12 Uhr mittags vorbei, seht ihr die Parade aller zwölf Figuren, die von Musik begleitet wird. Wenn ihr spontan Lust auf einen Kaffee und einen Brownie bekommt, schaut auf einen Sprung bei Caffè a Casa vorbei. Dann geht es den Bauernmarkt weiter in Richtung Brandstätte, dann nach rechts die Brandstätte entlang zur Tuchlauben, benannt nach den Tuchverkäufern, die hier ihre Ware anboten, und nach einem Haken nach links und rechts in die Steindlgasse. Am Eck zur Kurrentgasse liegt der nächste Sagenort.
Haus zur goldenen Schlange | Steindlgasse 6/Kurrentgasse 2, 1010
Dieses Haus gehörte ursprünglich zur Judenstadt und wurde im Zuge der großen Judenvertreibung 1420/21 beschlagnahmt, dann verkauft und wechselte einige Male den*die Besitzer*in. Mitte des 16. Jahrhunderts wohnte hier der polnische Jesuiten-Novize Stanislaus Kostka, um den sich die nächste Sage dreht.
Als der Heilige Stanislaus Kostka, damals eben noch ein junger polnischer Novize, im Haus zur goldenen Schlange wohnte, erkrankte er so schwer, dass die Ärzte sich ernsthaft Sorgen um sein Leben machten. Stanislaus glaubte nicht mehr an seine Genesung und bat um das letzte Sakrament. Aber der Eigentümer der Wohnung wollte das nicht, denn er war Protestant. Der sterbenskranke Stanislaus betete daraufhin zu Gott, zur Heiligen Jungfrau Maria und zur Märtyrerin Barbara. Eines Nachts soll ihm die Heilige Barbara erschienen sein und das letzte Sakrament gespendet haben und auch die Muttergottes mit Jesus am Arm sei ihm erschienen. Er sah darin die Aufforderung Gottes, Geistlicher zu werden. Das Zimmer, in dem Kostka gewohnt hatte, wurde daraufhin in eine Kapelle umgestaltet.
Eine goldene Inschrift an der Fassade des Hauses erinnert noch heute an Stanislaus Kostka. Ein goldenes Kreuz und zwei Putti geben einen Hinweis auf die im Haus befindliche Kapelle.
Wendet euch nach rechts vom Haus ab, spaziert wieder in Richtung Steindlgasse und von dort aus weiter, die Seitzergasse entlang. Vor euch erhebt sich ein recht schlichtes, gelb gestrichenes Haus mit einer steinernen Aufschrift: zum Bogner.
Wo der Teufel mit der Bognerin rauft | Bognergasse 7, 1010 | Naglergasse 4, 1010
Das Vorgängergebäude wurde 1904 abgerissen. Es trug lange den Namen „Wo der Teufel mit der Bognerin rauft“ und war außerdem mit einem Hausschild versehen, das eine Raufszene darstellte. Darunter stand: „Pestilenz und Not ein Übel ist, Krieg ein arger Zeitvertreib. Schlimmer als des Teufels Tück und List, Gott behüt uns, ist ein böses Weib.“
Die damit verbundene Sage erzählt vom Bogenmacher Caspar Bergauer, der von seiner streitsüchtigen Gattin regelmäßig misshandelt wurde. Der verzweifelte Meister rief eines Abends den Teufel um Hilfe an, der prompt erschien. Der Höllenfürst bot seine Hilfe dabei an, die Frau zu zähmen, gegen eine vermeintlich einfache Unterschrift – mit der der Meister wohl seine Seele versprach. Der Teufel nahm daraufhin die Gestalt des Bogners an, sagte dem Meister, er müsse in dieser Nacht nicht nach Hause kommen und begab sich zum Wohnhaus der Eheleute. In Gestalt des Bogenmachers betrat er die Schlafkammer, wo die Frau bereits im Bett lag. Er gab ihr einen zärtlichen Kuss, woraufhin die Bognerin aus dem Bett sprang, ihm zwei feste Ohrfeigen verpasste und fürchterlich zu schimpfen begann. Sie war außer sich, weil ihr Mann nicht nur die ganze Nacht unterwegs gewesen war, sondern es dann auch noch wagte, sie aufzuwecken. Der Teufel, der es zuerst mit Zärtlichkeit versucht hatte, wechselte die Taktik und wurde streng. Er befahl der Frau, auf der Stelle ihr ungestümes Wesen abzulegen, sonst… Er kam gar nicht mehr dazu, die Drohung auszusprechen, denn die Frau begann auf ihn einzuprügeln. Nun reichte es ihm endgültig und er gab sich in seiner wahren Gestalt zu erkennen. Kurz hielt die Frau inne. Aber dann stürzte sie sich wieder auf ihn, fasste ihn an beiden Hörnern und schüttelte ihn so gehörig durch, dass der Teufel die Flucht antrat und in die Hölle zurückfuhr.
Wendet euch nun nach rechts und spaziert in Richtung Am Hof, vorbei am berühmten Restaurant Zum Schwarzen Kameel und biegt dann zwei Mal nach links ab, sodass ihr in die Naglergasse gelangt. Auch die Naglergasse ist einer dieser Zeitreise-Orte in Wien. Wer einen Snack braucht, kann auf einen Sprung bei Joseph-Brot vorbeischauen. Dann geht’s weiter durch die pittoreske Naglergasse in Richtung Graben, vorbei am berühmten Kaufhaus Meinl am Graben, bis zu jener einzigen von Autos befahrenen Straße, die die Fußgängerzone durchschneidet. Wendet ihr euch nach links, seht ihr vor euch die Peterskirche. Um die Gasse, die vom Graben aus zur Kirche führt, rankt sich die nächste Legende.
Jungferngasse | 1010
In einem Haus, das einmal an diesem Gässchen stand, soll ein bildhübsches Mädchen gewohnt haben. Ihr gegenüber hatte ein Stadtrat seine Wohnung, der einen feschen Sohn hatte. Dieser Sohn hatte ein Auge auf seine Nachbarin geworfen und nützte die Schwibbögen, die die Häuser verbanden, als Brücke, um die Angebetete zu besuchen. Als ihn der Vater bei dem Balanceakt einmal erwischte, erschrak der Bub so sehr, dass er das Gleichgewicht verlor und in den Tod stürzte. Der Stadtrat machte dem Mädchen den Prozess. Sie musste öffentliche Kirchenbuße leisten, also mit einem Strohkranz auf dem Kopf vor der Kirchentüre stehen.
Eine andere Erzählung rund um den Ursprung des Straßennamens ist wesentlich simpler: Weil die Häuser, die an der Gasse standen, keinerlei Ausgang auf diese hatte, waren die Häuser von dort aus sozusagen unzugänglich wie eine Jungfrau, et voilà, dann war es das Jungferngässchen.
Dreht euch nun um und spaziert in die Habsburgergasse hinein, weg von Kirche und Graben, bis ihr zur Hausnummer 14 gelangt. Dort führt ein charmanter Durchgang zum Michaelerplatz. Wer die eigene Frisur checken möchte, ist hier am richtigen Platz, denn im Durchgang liegt das Geschäft des ehemaligen k.u.k.-Hofvergolders C. Bühlmayer, der in seiner Auslage lauter Spiegel ausgestellt hat. Am Michaelerplatz angekommen, geht’s vorbei an den römischen Ausgrabungen und in den Hofburgkomplex, den nächsten Sagenort.
Die weiße Frau in der Hofburg | Hofburg, 1010
Weiße Frauen tauchen immer wieder in Sagen auf. Gewöhnlich werden sie als Geister adeliger Frauen beschrieben, die im Tod nicht zur Ruhe kommen, entweder weil ihnen Unrecht angetan wurde oder weil sie nach ihrem Tod für eine Untat büßen. Auch in Wien sollen ein paar unterwegs gewesen sein und große Ereignisse angekündigt haben. Eine davon soll in einem tiefen Keller der Hofburg einen Schatz bewacht haben. Wurde sie mit schwarzen Handschuhen an den Händen gesichtet, stand im Kaiserhaus ein Todesfall bevor. Zuletzt soll sie vor dem Tod Rudolfs I. und der Ermordung von Kaiserin Elisabeth gesehen worden sein.
Durchquert die Höfe der Hofburg, spaziert über den Heldenplatz, durch das Heldentor, über den Ring, zwischen den Zwillingsmuseen hindurch und schließlich ins Museumsquartier. Die steinernen Pferdeköpfe über den Passagen kommen nicht irgendwoher: Hier befanden sich bis zum Ende der Monarchie die Hofstallungen. Nun befinden sich auf dem Areal nicht nur verschiedene Museen, sondern diverse Lokale, ein Buchgeschäft mit Kunstfokus, eine Boule-Bahn und mehr. Das MQ-Daily bietet derzeit Punsch und Kaffe zum Mitnehmen an. Mit einem Becher dampfenden Punsch geht es dann in Richtung Museum moderner Kunst, kurz: mumok, die Stiegen daneben hinauf und auf der Rückseite des Museumsquartiers auf die Breite Gasse. Hier kann man außerhalb von Lockdown-Zeiten ins zauberhafte Glacis Beisl einkehren und österreichische Küche genießen. Überquert die Breite Gasse, wendet euch nach links und biegt nach rechts in die Siebensterngasse ab. Diese begrenzt südlich den Spittelberg, der bis Ende des 19. Jahrhunderts eine eigenständige Gemeinde war. Vom 18. bis ins 20. Jahrhundert war der Spittelberg verrufen. Die enge Bebauung führte dazu, dass Krankheiten grassieren konnten und außerdem lebten und arbeiteten dort viele Sexarbeiter*innen. Von den damals ärmlichen Zuständen ist heute nichts mehr zu bemerken. Wenn ihr nun in die Spittelberggasse einbiegt, entführen euch die schön hergerichteten barocken Vorstadthäuser einmal mehr in ein früheres Wien.
Meist ist es hier recht beschaulich. Nur zu Weihnachten geht am Spittelberg gehörig die Post ab, wenn der Christkindlmarkt offen hat. Spaziert geradeaus weiter, bis ihr auf die Burggasse stoßt. Überquert die Burggasse und spaziert sie ein Stück hinauf, bis ihr zur Rückseite der Kirche St. Ulrich gelangt. Vorbei an den hippen Lokalen Ulrich und Erich und der Goldschmiedewerkstatt Rosa Marlene gelangt ihr zur Neustiftgasse, die etwas weiter bergauf am Augustin-Platz vorbeiführt. Der dortige Brunnen, auf dem der liebe Augustin in Stein verewigt ist, ist der Endpunkt des Sagenspaziergangs.
Im Sommer könnt ihr euch, wenn ihr Lust habt, in der nahegelegenen Filiale des Eisgeschäfts Veganista ein Eis holen und zum Rasten auf die Bank beim Brunnen setzen. Aber auch in der kalten Jahreszeit gibt es im 7. Bezirk ganz viele nette Cafés und Shops zu entdecken.
(c) Beitragsbild | Pia Miller-Aichholz | 1000things