Unser Senf: Wieso die aktuelle Isolation gut für unser Sexleben sein kann
Weil ein bisschen Würze im Leben nie schaden kann, geben wir euch mit dieser Kolumne regelmäßig unseren Senf dazu: Wir erzählen euch, was uns beschäftigt, was uns nervt und was uns zum hysterischen Lachen bringt. Eure Käsekrainer könnt ihr zwar nicht darin eintunken, aber dafür ist unser Senf auch gratis. Dieses Mal legt unsere Redakteurin dar, wieso wir die Isolation nützen sollten, um uns mit unserer eigenen Sexualität auseinanderzusetzen.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist im ersten Lockdown entstanden und enthält daher ein paar spezifische Referenzen.
Als ich letztens mit einer Freundin telefoniert habe, die in 14-tägiger Selbstquarantäne steckt, weil sie frisch aus Südamerika zurückgekommen ist, hat sie mir gegenüber einen Gedanken sehr treffend formuliert, den wohl viele von uns schon hatten: „Wir sind aktuell kollektiv so untervögelt, wie noch nie!“
Alles neu
Manche leben ja mit dem Partner oder der Partnerin zusammen. Dass man jetzt gezwungenermaßen eher mehr als weniger 24/7 aufeinander pickt, kann man angenehm finden oder auch nicht. Wer weiß, vielleicht nennen Scheidungsanwälte und -anwältinnen und Umzugsfirmen die aktuelle Pandemie im Nachhinein hinter vorgehaltener Hand ihre persönliche Goldgrube. Aber wenn man zusammen lebt, hat man zumindest die Möglichkeit, Sex zu haben. Wer single ist, muss derzeit jedoch wohl oder übel auf booty calls und Dates verzichten. Wer eine Fernbeziehung führt, ist ebenfalls auf sich allein gestellt. Und in der aktuellen Situation beschließe ich, dass auch eine Beziehung von einem Ende der Stadt zum anderen als Fernbeziehung gilt. Entfernung ist ja relativ, aber solange Strafmandate dafür verteilt werden, dass jemand alleine auf der Parkbank in der Sonne sitzt, kommt einem ein kurzer Besuch im Haushalt des Partners oder der Partnerin vor wie ein Einreiseversuch in die USA ohne Visum und mit Drogen im Rucksack.
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Und während kollektiver Sexentzug natürlich in der aktuellen Lage nicht die einzige Sorge und für viele auch nicht das Wichtigste sein mag, so ist es durchaus berechtigt, wenn er im Tortendiagramm unseres Isolationsfrusts ein beträchtliches Stück vom Kuchen ausmacht. Um es mit den Worten meiner leicht schrägen Biologie-Lehrerin im Gymnasium zu sagen: „Das ist ja ganz natürlich!“ Stimmt, das ist es auch. Sex dient nämlich nicht nur der Fortpflanzung, sondern stärkt außerdem unser Immun- und unser Herz-Kreislauf-System und lässt uns besser schlafen. (Ich spreche dabei natürlich ausschließlich von einvernehmlichem Sex.) Dass es uns also physisch und auch psychisch beizeiten ein wenig verrückt machen kann, dass wir die Möglichkeit, intime Nähe zu erleben, nicht haben, ist normal.
Manch einer springt dann während einer vor Romantik nur so knisternden Szene vielleicht wie von der Tarantel gestochen vom Sofa auf, positioniert sich direkt vor dem Bildschirm und feuert die beiden Turteltauben, die noch nicht wahrhaben wollen, dass sie eh perfekt füreinander sind, mit Klatschen und lautem Schreien an: „Jetzt küsst euch doch endlich, gemma, gemma!“ Natürlich nicht ich. Ähem. Die gute Nachricht: Wir müssen auf guten Sex auch in Isolation nicht verzichten. Wir können sie sogar zur Verbesserung unsere Sexlebens nützen.
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DIY auch im Bett
Do-it-yourself-Trends haben uns in vielerlei Hinsicht die Isolation versüßt, vom selbst gestrickten Schal bis hin zum selbst gestalteten Bulletjournal. Ich plädiere hiermit für DIY-Orgasmen. Dass Männer häufig und reichlich masturbieren, ist weitgehend bekannt und gesellschaftlich anerkannt. Zwar holen Frauen in den Statistiken langsam auf, aber da ist noch Raum nach oben. Nein, Ladies, auf eure Selbstoptimierungsliste müsst ihr jetzt nicht auch „zwei Mal täglich masturbieren“ schreiben. Es geht einfach darum: Je eher ihr euch mit euren eigenen Geschlechtsorganen auseinandersetzt, desto mehr lernt ihr, was sich gut anfühlt. Und das könnt ihr dann eurem Partner selbstbewusst kommunizieren, aber natürlich auch eurer Partnerin. Zugegeben, das ist nicht immer leicht, aber mit jedem Mal wird’s selbstverständlicher. Das tut im Übrigen auch dem Sex in längeren Beziehungen gut.
Kampf dem Orgasm Gap
Studien und Umfragen zeigen immer wieder, dass heterosexuelle Frauen beim Geschlechtsverkehr seltener zum Orgasmus kommen als ihre Sexualpartner. Für diese Diskrepanz gibt’s sogar einen eigenen Ausdruck: Orgasm Gap. (Wenn homosexuelle Paare zusammen zur Sache gehen, ist es übrigens wahrscheinlicher, das beide kommen. Die logische Erklärung dafür ist wohl, dass sie quasi mit demselben Werkzeug arbeiten und sich gut in die andere Person hinein versetzen können.) Rein und raus tut’s bei Hetero-Frauen einfach nicht. Die Sache ist komplexer und meist brauchen sie zusätzlich und im Vorfeld der Penetration manuelle Stimulation. Und diese kann von Mal zu Mal und auch von Frau zu Frau anders aussehen. Dafür fehlen oft die Geduld und das Verständnis – bei Frauen selbst, aber sehr stark bei ihren Sexualpartnern. Man kann’s natürlich als mühsam betrachten, aber im Endeffekt macht das den Sex meines Erachtens nach aufregender. Wär ja fad, wenn jedes Mal per selbem Knopfdruck hier, schieben da und ziehen dort der Orgasmus käme.
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Insofern ist es sogar eine Chance, dass es mit den aktuellen Ausgangsbeschränkungen die nur halb befriedigenden, „Besser als nichts“-Booty-Calls um 22 Uhr nicht spielt. Anstatt als Frau Mal für Mal das Gefühl zu haben, das männliche Gegenüber hätte weder das Know-how dafür noch Interesse daran, einen mit über die Ziellinie zu nehmen, können wir uns jetzt mit uns selbst auseinandersetzen. Ideen und Techniken gibt‘s beispielsweise auf der Plattform OMGYes. Und Hetero-Männer, beschäftigt euch unbedingt auch mit dem Thema und fragt eure Partnerinnen, was sich gut anfühlt. Denn es gibt nichts Schöneres, als wenn sich Sex für beide Seiten gleichermaßen gut anfühlt.
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Was erotisch ist und was nicht, ist bekanntlich wie so viel Anderes auch subjektiv. Vielleicht habt ihr ja auch schon einmal festgestellt, dass ein Bad mit dem Partner oder der Partnerin selten so erotisch ist, wie es uns Hollywood-Filme weis machen wollen. Auch wenn’s jetzt Dates bei Spritzwein nicht spielt, gibt es doch einige Ideen dafür, wie wir mit Freunden und unseren Liebsten in Kontakt bleiben.
(c) Beitragsbild | Taras Chernus | Unsplash