Stadtkind vs. Landkind: Worin sich unser Silvester unterscheidet
Unsere Redaktion ist so vielfältig wie sie wunderschön ist – das haben objektive, unabhängige Studien ergeben. Daher tummeln sich in der Wiener Burggasse sowohl eingeborene Stadt- als auch „zuagraste“ Landkinder. Und die sind sich nicht immer einig. Weil wir gerne zündeln, fachen wir den Stadt-Land-Battle in dieser Kolumne mit vollem Bewusstsein an. Dieses Mal diskutieren das Stadtkind und das Landkind über das Silvester-Feiern.
Die Böller rauschen, das Blei zischt ins Wasser – es ist wieder mal Silvester! Ob obligatorisches Feuerwerk, Donauwalzer um Mitternacht oder hoffnungsvolles Bleigießen: Der Jahreswechsel kennt viele verschiedene Bräuche. So unterschiedlich das Brauchtum ist, so unterscheidet sich auch die Art des Silvesterfeierns stark. Besonders zwischen Land und Stadt. Deshalb haben wir unser Landkind und unser Stadtkind wieder einmal gefragt, wie das bei ihnen eigentlich so ist.
Viki, das Stadtkind
Natürlich ist Silvester in Wien längst nicht so idyllisch wie im schönen Mariazellerland, liebe Julia, das nehme ich dir gleich mal vorweg. Aber muss es immer gleich idyllisch sein? Reicht es nicht, wenn man mit den liebsten Freund*innen ein paar Gläschen Sekt zwitschert, so wie ich, seit ich aus meinen Kinderhosen rausgewachsen bin? Dafür brauchen wir keine einsame Ansichtskarten-Almhütte in Hintertupfing. Denn auch, wenn man am Land Silvester in Wien wohl am stärksten mit dem leidigen Silvesterpfad verbindet, durch den sich Jahr für Jahr die grölenden Massen schieben, feiere ich als gebürtige Wienerin Silvester alles andere als rauschend. Höchstens rauschig. Jedenfalls immer privat bei einem aus der Freundesgruppe zuhause.
Denn Clubs und Dachterrassen sind uns viel zu teuer und außerdem ziemlich unpersönlich. Aussichtspunkte wie der Kahlenberg sind meistens schon um 22 Uhr überfüllt und ein Taxi fährt spätestens da auch keins mehr, um uns nach Mitternacht wieder heimzubringen. Der Silvesterpfad ist aus über 700.000 grölenden Gründen sowieso keine Option. Und um aufs Land in eine kuschelige Hütte auszuweichen, hätten wir wohl schon vor drei Jahren im Sommer buchen müssen. Also bleibt uns bloß die obligatorische Homeparty. Außerdem geht es in dem Randbezirk an der Wiener Industrieperipherie, in dem ich und viele meiner Freund*innen wohnen, eher darum, möglichst sicher vor so manchen Böller-Eskalierern zu sein. Denn die finden es irgendwie lustig, aus heiterem Himmel einen Knaller in deiner unmittelbaren Nähe zu zünden – oder schlimmer: dich damit abzuschießen. Gemeinsames Abtauchen und Ausharren hat auch etwas Heimeliges. Auf jeden Fall schweißt es zusammen.
Julia, das Landkind
Tja, liebe Viki, auch wenn du erfolgreich den Wiener Silvesterpfad gemieden und dich in diversen Partykellern deiner Freund*innen verkrochen hast, so kommt es an mein Landkind-Silvester nicht ran. Denn wie du schon sagst: Idylle können wir am Land einfach besser. Zunächst mal liegt bei uns immer Schnee und was gibt es Schöneres, als den Walzer ins neue Jahr im knirschenden Schnee hinzulegen? Wenn das Ganze auf einer Almhütte passiert. Wie der Zufall so will, gibt es die bei uns am Land zu Genüge. So kam es auch zu meinem wohl schönsten Silvester, als meine Freund*innen und ich als größere Gruppe auf der Almhütte eines Freundes gefeiert haben. Du meinst, eine Hütte für Silvester zu bekommen ist schwierig? Das ist ein weiterer Vorteil eines Landkindes: Wir haben diese Hütten nämlich quasi vor der Haustür und belagern sie lieber selbst, bevor wir sie an euch Stadtkinder abtreten.
Wir nisteten uns also, umgeben von einer traumhaften Winterkulisse, in der Selbstversorgerhütte eines Freundes ein. Ohne Strom und ohne fließendes Wasser machten wir es uns bei Kerzenschein in der Hütte gemütlich. Ausgestattet mit einer Stirnlampe zauberten die Burschen am Abend köstliche Käsespätzle in einer gusseisernen Pfanne, aus der direkt bei Kerzenschein gegessen wurde. Nach ein paar Runden Mäxchen ging es dann vor die Hütte. Mit Gitarre und passenden Liedern stimmten wir uns mit dem einen oder anderen Schnapserl beim Lagerfeuer aufs neue Jahr ein. Der Moment, wenn das Feuer-Licht das Gesicht deiner besten Freund*innen erhellt, ihr miteinander Lieder von STS singt und das in einer einmalig schönen Winterkulisse, ist vermutlich eine der schönsten Jugend-Erinnerungen, die viele Landkinder teilen. Na, Stadtkind, kennst?
Kurz vor Mitternacht schauten wir dann in Richtung Tal, holten ein kleines, altes Radio aus der Hütte, zählten gemeinsam die letzten Sekunden, ließen pünktlich ein paar Korken und Raketen knallen und tanzten gemeinsam zum Donauwalzer ins neue Jahr. Nach dieser doch sehr emotional-verträumten Erinnerung wird es schon etwas verschwommener. Der selbstgemachte Schnaps der Oma einer Freundin schmeckte einfach zu gut. Nichtsdestotrotz ist es jedes Mal ein ganz besonderer Moment, wenn ich meine Kindheitsfreund*innen zu Silvester sehe und wir alle ans gemeinsame Rüberrutschen auf der Hütte denken.
Seit ich in die Stadt gezogen bin, musste ich mich wohl oder übel auch mit euren Silvester-Partys anfreunden. Doch auch, wenn das neue Jahr am Land wesentlich märchenhafter startet, so geht es doch um die Menschen, mit denen man ins neue Jahr startet. Da sind wir uns also einig, liebe Viki. Und deshalb würde ich auch mit dir, mein Stadtkind, in Wien Arm in Arm zum Donauwalzer ins neue Jahr tanzen. Solange das nicht am Silvesterpfad oder in irgendeinem Club mit lauter Snobs passiert. Aber auch da sind wir ja einer Meinung. In diesem Sinne: Bussi, baba und bis zum nächsten Jahr!
Du hast noch keinen Plan, was zu Silvester ansteht? Wir haben die besten Silvesterpartys in Wien für dich gefunden. Egal wo du feierst, mit unserer Silvesterplaylist steht einer guten Stimmung nichts im Weg. Guten Rutsch!