Michi mampft: Balkan-Küche im The opposite of west
Köstliche Tapas vom Balkan für Fleischtiger und Veggies und authentische Chefinnen, die traditionelle Küche aus ihrer Heimat servieren: So schmeckt’s im neuen Restaurant The opposite of west in Wien.
Es gibt eigentlich keine Küche auf dieser Welt, die ich absolut nicht ausstehen kann – sofern ich sie bereits probiert habe, versteht sich. Aber es gibt einige Geografie-spezifische Kulinarik-Ausrichtungen, die mir ganz besonders ans Herz gewachsen sind. Balkan-Küche ist eine davon.
Das liegt einerseits vermutlich daran, dass ich ordentlich gewürzte Gerichte – ganz egal, ob fleischig oder Salate – generell liebe. Andererseits hat das auch familiär-emotionale Gründe, denn meine Oma kommt ursprünglich aus Serbien und kulinarisch konnte ihr ohnehin niemand das Wasser reichen (wie das bei Omas eben so ist).
Umso erfreuter war ich, als ich von der Eröffnung eines neuen Balkan-Restaurants in der Rainergasse erfahren habe. Und weil Tapas momentan besonders angesagt sind, hat sich The opposite of west gleich auch noch auf kleinere Portionen zum Teilen spezialisiert. „Essen wie am Balkan, Weine wie am Balkan“, erklären die Chefinnen, Vidosava und Ioana, die selber aus Serbien beziehungsweise Bulgarien kommen, ihr Konzept.
Kleine Portionen zu fairen Preisen
Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber der Begriff „Tapas“ lässt mich beziehungsweise mein Bankkonto mittlerweile ordentlich zusammenzucken. Wird er doch leider vielerorts oft auch dafür missbraucht, um für viel zu kleine Portionen viel zu viel Geld zu verlangen. Spoiler: Im Falle des The opposite of west hat sich diese Sorge nicht bestätigt. Genauso wenig wie die Befürchtung, dass sich die hiesige Balkan-Küche ausschließlich auf diverse Grillgerichte à la Ćevapčići beschränkt. Eh gut, aber halt auch nichts Neues.
Ganz im Gegenteil! Hier hast du im wahrsten Sinne des Wortes die Qual der Wahl: Die Speisekarte wechselt wöchentlich. Spoiler: Bei meinem Besuch war mein Lieblingsgericht, Sarma, bedauerlicherweise nicht mit von der Partie. Die traditionellen Krautrouladen werde ich mir aber bestimmt noch zu einem späteren Zeitpunkt einverleiben. „Die kommen bestimmt bald wieder“, versichert mir Ioana.
Aber egal, was gerade auf der Karte steht und was nicht, das Prinzip ist immer gleich: Neben einer Handvoll Vorspeisengerichten und ein paar Desserts besteht sie großteils aus etwa einem Dutzend kalten und warmen Hauptspeisen, die zum Teilen und Probieren für alle am Tisch platziert werden.
Essen wie bei Mama und Oma
Los ging’s mit unfassbar aromatischen, gerösteten Walnüssen als Appetitanreger (3,50 Euro), gefolgt von einer Käse- (9 Euro) und einer Wurstplatte (10 Euro), die zwar gut waren, aber mich beide geschmacklich nicht vom Hocker gehauen haben.
Umso geschmacksintensiver ging es danach weiter: Roter Rüben Salat (4,70 Euro), kreativ interpretierte Uštipci (frittierte Teigbällchen) mit Grammeln und Joghurtsauce (4,90 Euro), Schafskäse aus dem Ofen (5,40 Euro), Aufstrichvariationen von mild bis wow (4,20 Euro) oder der typische Šopska Salat nach hauseigener Rezeptur (3,60 Euro), den es in Wien laut Aussage Vidosavas nur hier so gibt.
Alles, was auf der Karte steht, haben die Betreiberinnen früher in ihrer Heimat selber gerne gegessen, weshalb sie den Gerichten auf der Karte mit Namen wie Omas weiße Bohnen (4,90 Euro) oder Fleischbällchen Mama (4,90 Euro) Tribut zollen.
Ebenfalls wie zu Hause: Als Beilage wird reichlich Weißbrot serviert. Das spielt für die Balkan-Küche bekanntlich generell eine sehr wichtige Rolle. Auch wenn so manch Sauerteig-verwöhnter Hipster-Gaumen insgeheim vielleicht doch lieber Öfferl oder Joseph dazu snacken würde. Und ja, zu dieser Gruppierung zähle ich auch mich selbst dazu. Schande über mich.
Von traditionell bis kreativ
The opposite of west kann es aber auch etwas spezieller: Etwa bei der Hühnerleber, die – nicht zuletzt dank der üppigen Sauce und des nussigen Eigengeschmacks der Leber – bestimmt nichts für jede*n ist (5,60 Euro). Mir hat sie hervorragend geschmeckt. Auch mindestens eine Kostprobe wert ist eines der Signature Dishes des Hauses, das es immer gibt: die gratinierte Rinderzunge (5,80 Euro).
Zugegeben: Da war auch ich etwas skeptisch, Zunge habe ich bis zu meinem Besuch im The opposite of west noch nie probiert. Das hauchdünne Fleisch hat einen ganz besonderen Geschmack, der mich an pikante Wurst erinnert. Gemeinsam mit dem überbackenen Käse ergibt das eine Kombi, die ich ganz bestimmt nicht zum allerletzten Mal verspeist habe.
Weine, Limo, Sliwo
Auch bei der Getränkebegleitung bleiben die Chefinnen ihren Balkan-Wurzeln treu, Weine aus Österreich sucht man vergeblich. Stattdessen gibt’s Raritäten von kleinen Weingütern, die in Serbien, Kroatien, Slowenien oder Bulgarien zu Hause sind. Mazedonische Tropfen gibt’s ebenso, die waren bei meinem Besuch bereits vergriffen.
Mir war an diesem Tag aber ohnehin nicht nach Alkohol, die angenehm frische und süße (aber nicht zu süße) Hauslimo hat sich als ein mehr als akzeptabler Ersatz zum Soda Zitron, das ich mir in der Regel an alkoholfreien Abenden im Restaurant literweise einverleibe, herauskristallisiert.
Einen Tipp für Wein-Fans gibt’s dennoch: Meine Kolleginnen waren vom Misket aus Bulgarien hellauf begeistert. Und natürlich darf auch der obligatorische Sliwo nicht auf der Karte fehlen.
Michis Fazit
The opposite of west tischt Balkan-Tapas vom Feinsten auf. Man spürt bei jedem Bissen, dass das Team mit Leidenschaft bei der Sache ist und (nicht zuletzt auch dank ihrer Wurzeln am Balkan) genau weiß, was es hier auftischt. Von traditionellen Rezepten bis zu kreativeren Interpretationen ist für alle etwas dabei, die auch nur ansatzweise eine Schwäche für die Küche von der Balkanhalbinsel haben. Und die Tatsache, dass die Speisekarte wöchentlich wechselt, ist Grund genug für mich, definitiv wiederzukommen. Wer weiß, vielleicht genehmige ich mir nächstes Mal auch das eine oder andere Glaserl Wein und einen Sliwo.
The opposite of west
Die wichtigsten Infos:
- Balkan-Tapas zum Teilen
- viel Fleisch, aber auch Veggie-Gerichte
- sympathische Chefinnen
- Weine vom Balkan
Was das Essen kostet:
- Tapas: 3,50 – 10 €
- nur Barzahlung
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The opposite of west | Rainergasse 37, 1050 Wien
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DI–SA