Unser Senf: Warum ich Kürbisfeste nicht verstehe
Weil ein bisschen Würze im Leben nie schaden kann, geben wir euch mit dieser Kolumne regelmäßig unseren Senf dazu: Wir erzählen euch, was uns beschäftigt, was uns nervt und was uns zum hysterischen Lachen bringt. Eure Käsekrainer könnt ihr zwar nicht darin eintunken, aber dafür ist unser Senf auch gratis. Dieses Mal wundert sich unsere Redakteurin Lilli über Kürbisfeste in Österreich.
Wenn die Tage dunkler, die Luft nebliger und die Blätter goldener werden, bedeutet das in Österreich vor allem eines: Die Kürbis-Saison startet! Und das ist für manche allem Anschein nach das Highlight des Jahres. Nichts geht über die Liebe zu Kürbissen – oder wie ich lieber sage: Kürben! An dieser Stelle eine obligatorische Grammatik-Triggerwarnung vorab: Ich werde den selbst erwählten Plural für Kürbis in diesem Text häufig verwenden, ich bin mir aber bewusst, dass es „Kürbisse“ heißt.
Zugegeben, Kürbis ist für mich persönlich nicht die wichtigste Mahlzeit des Jahres, kein Grundnahrungsmittel, aber er darf schonmal ab und zu auf dem Teller landen. Vielleicht bin ich also bereits im Vorhinein nicht Teil der Zielgruppe, die Kürbisfeste locken wollen. Und dennoch bin ich am Wochenende raus zum Cobenzl gefahren, um mich mal beim Kürbisbauernmarkt Am Himmel umzuschauen. Ich habe sozusagen eine soziale Kürben-Studie gestartet – und war bereit, Anhängerin der Kürben-Fanatiker*innen zu werden. An sich bin ich nämlich born to be a Fangirl, egal, worum es geht.
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Die Adresse am Stadtrand von Wien schien mir der perfekte Ort für meine Untersuchungen. Immerhin pilgert die halbe Menschheit bereits seit 1999 auf den Hügel im 19. Bezirk, um über 200 verschiedene Kürbissorten zu ergattern, zu schnitzen und zu verspeisen.
Die erste Überraschung folgt schon nach wenigen Schritten über das Gelände: Wo ich überwiegend Kinder mit den dazugehörigen Elternteilen vermutet hatte – immerhin steht auch ein Drachenbauworkshop auf dem Programm –, treffe ich Menschen in meinem Alter, die sich zwischen Kürben in allen Formen und Farben herumtreiben. Noch dazu sind unter diesen Mitte-Zwanzigern auch Bekannte von mir, denen ich nie zugetraut hätte, dem Kürben-Hype unterlegen zu sein.
Sind Kürbisse das neue Clubbing? Es scheint so. Hier gibt es aber auch alles, was eine gute Party ausmacht: Alkohol (am besten hochprozentig), Musik (wenn auch überwiegend Blasmusik) und die ein oder andere Sitzgelegenheit, auf der man rasten kann.
Obacht: Nicht alles hier ist aus Kürbis!
Die zweite Überraschung: Hier ist überhaupt nicht alles aus Kürbis. Ein Skandal! Zwar entdecke ich Kürbismuffins, Kürbisbier und andere kulinarische Kreationen, deren Grundzutat die orange Panzerbeere darstellt. Doch abseits davon wird viel Handwerkskunst angeboten, die es so auch auf anderen Märkten gibt. Wo man also bei einem Bierfest wirklich nicht ohne Bier auskommt, geht das bei einem Kürbisfest irgendwie schon ganz gut.
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Nur für Mutige: der Kürbisschnitzbereich
Am meisten um diverse Kürben dreht sich das herbstliche Event im Kürbisschnitzbereich. Ein paar Quadratmeter auf dem Areal sind extra abgesperrt sowie mit Tischen und Bänken versehen, damit hier fröhlich in die Gourds (fancy klingendes Synonym für Zierkürben) gehackt werden kann. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Nur wer schon den ein oder anderen Zirbenschnaps (Kürbisschnaps habe ich nicht entdeckt) intus hat, sollte darauf achten, mit allen Fingern wieder aus dem Bereich heraus zu treten.
Belustigt und doch neugierig schaue ich mir das Spektakel von der Feuerschale aus an, die mich nun von außen wärmt, nachdem es die Zirbe von innen getan hat. Und siehe da: Es regt sich fast so etwas wie Kürbis-Euphorie in mir. Vielleicht ist der Kürbis einfach die emotionalste aller Gemüsesorten. Und das, obwohl er botanisch gesehen zum Obst gehört.