Unser Senf: Über die Zeit zwischen den Jahren
Weil ein bisschen Würze im Leben nie schaden kann, geben wir euch mit dieser Kolumne regelmäßig unseren Senf dazu: Wir erzählen euch, was uns beschäftigt, was uns nervt und was uns zum hysterischen Lachen bringt. Eure Käsekrainer könnt ihr zwar nicht darin eintunken, aber dafür ist unser Senf auch gratis. Dieses Mal lässt unsere Redakteurin die Zeit zwischen den Jahren hochleben.
Ich bin nicht gerne dazwischen. Zwischen Argumenten? Undankbar. Zwischen Jobs? Unvergütet. Zwischen Stühlen? Ungemütlich. Aber zwischen den Jahren bin ich gerne. Im Niemandsland zwischen den Kalendern. Hinten was war, vorne was kommt. Dazwischen, was nicht sein muss. Zwischenraum. Ein Ort, der keiner ist, dazwischen gepresst, nur da, damit sich die Räume nicht berühren. Oder die Jahre. Platzhalter für leere Stunden. Niemand hat Zeit, weil endlich einmal Zeit genug ist. Und alles, was kommt, kommt nur dazwischen.
Das Jahr endet mit guten Wünschen und beginnt mit guten Vorsätzen. Dazwischen muss nichts gut sein, nichts an andere oder sich selbst gerichtet, richtet sich die Zeit nach mir. Richte ich mir die Zeit. Zurecht. Rechtmäßig. Kann es endlich einrichten. Wenn der erste Schnee längst gefallen ist und grau noch nicht in grauslig überblendet. Wenn alles, was dazwischen liegt, nur zwischen Buchseiten liegt. Oder zwischen Schritten. Zwischenschritte, die nirgends hinmüssen. Platzhalter für leere Wege.
Die Feste sind gefallen, weil sie gefeiert werden mussten. Danach Leerstand, frei zur Zwischennutzung, an die schon bald nichts mehr erinnert. Kurz vor der Umwidmung und lange nach ihr. Zeit, die kommt und endlich einmal, nur für ganz kurz, auch bleibt, bevor sie wieder geht. Von der nichts bleibt, was man nicht mitnimmt. Ein Übergang über Tage, die sonst übergehen. Der sich abhebt und darüber schwebt. Oder einfach nur daneben steht. Einmal im Jahr bin ich gerne dazwischen.
Zwischen Räumen, die ich verlassen habe und die noch nicht betreten sind.
Zwischen Wegen, die ich gegangen bin und die ich noch nicht geebnet habe.
Zwischen Vorsätzen, die Ziele wurden, und Hoffnungen, die ich begrabe.
Zwischen Fehlern, die zum Lernen und Tränen, die vom Lachen waren.
Zwischen all dem wird es ruhiger, wird es still zwischen den Jahren.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist erstmals im Dezember 2021 erschienen.