Unser Senf: Warum Black Friday verzichtbar ist
Weil ein bisschen Würze im Leben nie schaden kann, geben wir euch mit dieser Kolumne regelmäßig unseren Senf dazu: Wir erzählen euch, was uns beschäftigt, was uns nervt und was uns zum hysterischen Lachen bringt. Eure Käsekrainer könnt ihr zwar nicht darin eintunken, aber dafür ist unser Senf auch gratis. Dieses Mal erzählt unsere Redakteurin, warum sie den Black Friday gerne Freitag sein lässt.
Am vierten Donnerstag des Jahres wird jährlich Thanksgiving gefeiert – vor allem in den USA. Der Tag danach heißt Black Friday – weltweit. Kaum ein anderer Tag im Jahr steht in Europa und Nordamerika so exemplarisch für ausufernden Konsum. Zugegeben, wir freuen uns alle einmal über den einen oder anderen Sale. Ein Geldbörsel ohne Boden hat maximal Mary Poppins. Aber Black Friday treibt die Jagd nach dem ultimativen Schnäppchen, nach den neuesten und heißesten Must-haves auf die Spitze. Das ist kein Zufall, denn traditionell läutet Thanksgiving in den USA die Vorweihnachtszeit ein. Und in der geht es in der Öffentlichkeit wieder vorrangig um? Richtig, Konsum.
Marketing-Meisterstück
Bei Black Friday denken manche vielleicht an den großen Wallstreet-Crash 1869. In den 1960er-Jahren begann die Polizei von Philadelphia außerdem, den Freitag nach Thanksgiving als Black Friday zu bezeichnen. Die Kombination aus Fenstertag und geöffneten Geschäften führte zu Menschenmassen in der Stadt und in der Folge zu Verkehrschaos. Damit in Verbindung gebracht zu werden, kann nicht im Interesse von Unternehmen sein. Sie haben es über die Jahre geschafft, dem Begriff die negative Konnotation zu nehmen. Heute steht der Black Friday für schwarze Zahlen in der Jahresbilanz der Unternehmen durch die gigantomanischen Umsätze.
Mit dem Laden des Inhaltes akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Giphy.
Mehr erfahren
Bibbidi-Bobbidi-Black-Friday
Der Freitag nach Thanksgiving wurde also von Wirtschaftstreibenden über die Jahre geschickt in den offiziellen ersten Tag der Weihnachtseinkäufe verwandelt. Und die Marketing-Abteilungen der Handelswelt arbeiten fleißig daran, weitere Daten in Shopping-Feiertage zu verwandeln. Nach Black Friday haben die Server ein Wochenende Zeit, sich zu erholen, dann folgt Cyber Monday. In China hat sich der 11. November wegen der vier Einsen bereits in den 90ern als Singles‘ Day etabliert. Und weil Singles es eh schon so schwer haben, gönnen ihnen das asiatische Amazon-Pendant Alibaba und Co. satte Rabatte. Durch die schiere Masse an chinesischen Konsument*innen ist der Singles‘ Day der größte Onlineshopping-Tag weltweit. Der Boxing Day war im Commonwealth traditionell der Tag, an dem die Bediensteten von ihren Arbeitgeber*innen Weihnachtsgeschenke erhielten. Mittlerweile ist auch er zu einem Abverkauf-Tag geworden – direkt nach Weihnachten, am 26. oder 27. Dezember. Und was ist gigantischer als ein Tag Rabatte? Genau, Cyber-Weekend oder Black Week. Dass wir uns heutzutage ernsthaft mit den Folgen unserer von Konsum getriebenen Gesellschaft befassen müssen – etwa damit, dass der Corona-Krisen-Gewinner Amazon laut Greenpeace neuwertige und brauchbare zurückgesendete Artikel vernichtet –, muss man doch mal kurz vergessen dürfen.
Wenn Shopping zum Extremsport wird
In den USA werden in den Wetterberichten sogar explizit die Bedingungen für die Black-Friday-Shopperei geschildert. Dort campen die Menschen über Nacht vor den Geschäften. In aller Herrgottsfrühe pressen sich die Massen bereits gegen Auslagen und Eingangstüren. Sobald die Pforten zu den heiligen Einkaufshallen aufgeschlossen werden, strömen Menschen in die Geschäfte und stürzen sich auf die Verkaufstische wie ausgehungerte Löwen auf die letzte Antilope der Savanne. Dabei sind in den vergangenen Jahren auch Menschen verletzt und sogar getötet worden.
Entweder wurden sie niedergetrampelt oder es kam zu Streitereien, bei denen Messer oder Pistolen gezückt wurden. Die Streitereien begannen unter Umständen auch schon wegen Parkplätzen. Da muss man ja froh sein, wenn einen ein*e grantige*r Wiener*in lediglich in Grund und Boden schimpft, wenn man ihm*ihr die Parklücke beim Wochenend-Einkauf wegschnappt. Besser, ein „Du Oasch, heast, geh scheißen, du Wappler, oida!“ entgegen geschleudert zu bekommen, als ein Wurfmesser.
Mit dem Laden des Inhaltes akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Giphy.
Mehr erfahren
Stress-Test
Wer dachte, es sei schwierig, sich für vollkommen überlaufene Uni-Kurse anzumelden, hat wohl noch nie Online-Shopping am Black Friday betrieben. Auf Instagram geben manche Influencer*innen Tipps, wie man ganz sicher seinen digitalen Einkaufswagen über die Zielgerade schiebt, bevor alles weg ist. Unsere besten Internet-Freund*innen geben uns den guten Rat, schon vorab die Zahlungsmethode zu hinterlegen, den Warenkorb zu befüllen, in den Minuten bis zum Sale-Start konstant die Seite neu zu laden, bis die reduzierten Preise angeführt werden, und dann so schnell wie möglich zu bezahlen. Pech, wenn dann schon euer Zeigefinger krampft oder die Seite crasht. Wer noch Nerven hat, kann am darauf folgenden Cyber Monday wieder sein Online-Shopping-Glück versuchen.
Mit dem Laden des Inhaltes akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Giphy.
Mehr erfahren
Zu Risiken und Nebenwirkungen
Expert*innen warnen vor der FOMO, der fear of missing out. Die Omni-Präsenz von „unschlagbaren Angeboten“ führt schnell zum Gefühl, man würde eine einmalige Gelegenheit verpassen. Und schneller als wir „Kreditkarte“ sagen können, haben wir ein paar 100 Euro ausgegeben, die so knapp vor Jahresende dann doch die guten Sparvorsätze über den Haufen werfen.
Wenn dieses Jahr wieder die E-Mail-Postfächer mit Newslettern zu „attraktiven Black-Friday-Angeboten“ geflutet werden und manche Influencer*innen auf Instagram den Countdown zum großen Shopping-Showdown machen, lehnt euch erst einmal zurück und atmet ruhig durch. Wenn uns die Zeiten von Social Media und Photoshop eines gelehrt haben, dann, dass im Internet viel behauptet wird. Bevor ihr euren digitalen Einkaufswagen triumphierend über die Ziellinie schiebt und wie Hugh Grant in Love Actually euphorisch durch euer Wohnzimmer tanzt, vergleicht besser noch einmal die Preise, lest das Kleingedruckte und fragt euch: Brauche ich das jetzt unbedingt, oder könnte ich das auch auf meine Weihnachtswunschliste schreiben? Black Friday kann auch einfach Freitag sein. Das gesparte Geld könnt ihr zum Fest der Liebe in das Wohl anderer investieren, beispielsweise indem ihr einen umgekehrten Adventkalender befüllt. Und wenn ihr doch online bestellt, dann tut das lieber bei österreichischen Unternehmen und Online-Shops, als bei Amazon.
Mit dem Laden des Inhaltes akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Giphy.
Mehr erfahren
Darf’s a bisserl mehr sein? Wir erzählen euch, wieso wir zwei bis 200 Mal darüber nachdenken, ob wir beim ersten Date essen gehen. Und apropos Weihnachten: Wir haben für euch tolle Wiener Weihnachtsgeschenke gefunden.