Villa Mautner-Jäger: Kunst in der Jahrhundertwende-Villa
Nach Jahren des Verfalls soll die Villa Mautner-Jäger im 3. Bezirk nun saniert und zu einer Luxusvilla umgebaut werden. Bis dahin kann man im Rahmen von Ausstellungen und Events Einblick gewinnen. Wir waren zu Besuch.
Im Busch raschelt es, Vögel zwitschern, Rosensträucher und Gras wachsen ungehemmt im Garten. Einzig der Lärm einer Baustelle erinnert daran, dass man sich mitten in der Stadt befindet. In der Landstraßer Hauptstraße steht neben Neubauten die Villa Mautner-Jäger. Die Villa aus der Jahrhundertwende sticht nicht nur durch ihren Baustil ins Auge, sondern vor allem wegen der bröckelnden Fassade, dem von Efeu überwucherten Dach und den verschmutzten und staubigen Fenstern. Steht man im Haus und blickt nach oben, sieht man lose hängende Kabel und Risse in der Decke. Blickt man nach vorne, sieht man Malereien, Fotografien, Skulpturen.
Künstlerische Zwischennutzung
Wo jetzt Kunst ist, war lange Zeit: nichts. Oder besser gesagt: niemand. Denn die denkmalgeschützte Villa ist seit rund zehn Jahren nicht mehr bewohnt. Während die Besitzer*innen des Hauses über die Jahre wechselten, verfiel die Villa immer mehr. Das soll sich jetzt ändern, eine Immobilienfirma saniert das 1902 erbaute Haus und verwandelt es wieder in eine Luxus-Villa. Bis es so weit ist, bespielt Node Contemporary die leeren Räume und den Garten mit temporären Ausstellungen und Veranstaltungen.
Die Villa wurde nach Plänen des Wiener Architekten Gustav Neumann erbaut, seit 1991 steht sie unter Denkmalschutz. Ema Kaiser, Gründerin von Node Contemporary, will mit ihrer Zwischennutzung an die Salonkultur anknüpfen, die es hier in der Vergangenheit bereits gegeben hat: Bauherrin der Villa war Hertha Jäger aus der Industriellenfamilie Mautner-Markhof. Sie war in der Frauenbewegung aktiv, in der Wiener Secession vernetzt – ihre Schwager waren die Secessionskünstler Josef Engelhart und Kolo Moser – und machte das Anwesen zum Treffpunkt der Szene. Oder wie es Kaiser im Rahmen der Ausstellungseröffnung von “Once upon a time… today” ausdrückt: Einst war die Villa “Bermudadreieck der Kunst”. Einen Ort zu bespielen, der so historisch aufgeladen ist, ist gar nicht so einfach, findet Reiner Opoku, der gemeinsam mit Kaiser die Gruppenausstellung kuratiert hat.
Ruheoase im Garten
Nicht einfach, aber auch nicht unmöglich: Nun steht eine kleine Skulptur von Erwin Wurm im ersten Stock, großformatige Malereien von Theo Altenberg zieren die rissigen Tapeten und Fotografien von David LaChapelle bringen Farbe in den sonst so grauen Raum. Im Vordergrund der Ausstellung, sagt Opoku, stehe das Gebäude, die Künstler*innen seien dazu eingeladen gewesen, sich mit den Räumen auseinanderzusetzen, erklärt er das Konzept. Streift man durch die Gruppenausstellung über den knarrenden Boden, kann man gar nicht anders, als auch den alten Speisenaufzug oder den Viktorin-Küchenherd zu betrachten und einen Blick durch die deckenhohen Fenster zu riskieren.
Von dort aus sieht man in den tiefgrünen Garten, in dem die Ausstellung fortgesetzt wird. In der Skulptur aus poliertem Edelstahl von Hans Kupelwieser spiegeln sich das satte Grün und die Rosa- und Rottöne der Blumen, die sie umgeben. Man kann aber noch viel mehr entdecken, wenn man durch den Garten wandelt. Eine ehemalige Kegelbahn zum Beispiel, die in einem Nebengebäude untergebracht ist. Oder ein leeres Schwimmbecken, dessen Boden mit Laub bedeckt ist. Oder man schließt die Augen und vergisst für einen kurzen Moment, dass man sich in einer Großstadt befindet.
Einblick noch bis Herbst
Die Ausstellung “Once upon a time… today” ist noch bis 15. Juli 2023 in der Villa Mautner-Jäger zu sehen. Um sie zu besichtigen, ist es notwendig, sich auf der Website von Node Contemporary zu registrieren und sich anschließend für einen Timeslot anzumelden. Die Plätze seien aufgrund der hohen Nachfrage nämlich limitiert, heißt es von Node Contemporary. Voraussichtlich bis Herbst wird die Villa noch künstlerisch bespielt und ist damit öffentlich zugänglich. Danach beginnt der Umbau, der das Anwesen vom öffentlichen Ort für Kunst zum Privatbesitz macht.