VinziRast-Chance – Sinn finden in der Zeit des Wartens
Unter dem Motto „Jede*r kann etwas tun.“ bemühen sich tagtäglich Angestellte und über 200 Freiwillige der Projekte der VinziRast, das Leben für bedürftige Menschen zu erleichtern und diejenigen aufzufangen, die von der Gesellschaft vergessen wurden. Wir durften die VinziRast-Chance, das Tageszentrum für Asylwerbende in Wien, besuchen und uns selbst ein Bild von dem Projekt machen.
VinziRast ist mit ihren verschiedenen Projekten in und rund um Wien nicht mehr wegzudenken, wenn es um Hilfe und Unterstützung von Obdachlosen und Geflüchteten geht. Da wäre VinziRast am Land, deren Räumlichkeiten Unterkunft und Beschäftigung für ehemals Obdachlose bietet. Wohl bekanntestes Projekt ist das VinziRast-Lokal mittendrin, in dem ehemals Obdachlose mit Freiwilligen ein Lokal mit toller Küche und gemütlichem Charme schupfen.
Daneben gibt es noch andere Projekte, mit denen Notschlafstellen oder langfristige Wohnräume für Obdachlose geboten werden. Die verschiedenen Ableger der VinziRast bieten vielen Menschen Unterschlupf, neue Chancen, sich konstruktiv zu beschäftigen, und die Möglichkeit eines sozialen Netzwerks.
Dazu zählt auch die VinziRast-Chance, die wir besuchen durften. Im 9. Bezirk in Wien, direkt hinter dem Lokal mittendrin, befindet sich das Tageszentrum, das für geflüchtete Menschen Beschäftigung, Struktur und Rückzugsort darstellt.
Wir haben unseren Besuch auch mit der Kamera begleitet:
Inklusion durch sinnvolle Tätigkeiten und Gemeinschaft
Das Ziel der VinziRast-Chance ist es, bedürftigen Menschen einen strukturierten Tagesablauf mit produktiver Beschäftigung und gratis Deutschunterricht zu bieten. Bis zu 15 Asylwerber*innen werden hier seit 2014 durchgehend betreut. Einen wichtigen Faktor spielen die handwerklichen Betätigungen, in denen sich Besucher*innen ausprobieren können.
In den hauseigenen Werkräumen werden verschiedene Produkte kreiert, die vor Ort oder auf Märkten verkauft werden, um bei der Finanzierung des Projekts zu helfen. Wir haben mit Aleksandra Pawloff, der Leiterin der VinziRast-Chance, gesprochen und so einen genaueren Einblick in das Projekt bekommen.
Strukturierter Tagesablauf für mehr Sicherheit
Ein typischer Tag in der VinziRast-Chance beginnt um 9 Uhr mit Deutschunterricht, der von zwei Freiwilligen unterrichtet wird. Um 10 Uhr gibt es für die Anwesenden Tee und Kaffee und dann geht es auch schon los in die verschiedenen Werkräume des Hauses. Im Gebäude befinden sich drei davon, die auf unterschiedliches Handwerk fokussieren. Nach der Arbeit bekommen alle Teilnehmenden ein warmes Mittagessen, Asylwerber*innen werden auch mit einem Ticket für die Wiener Linien ausgestattet.
Von Nähwerkraum bis Holzwerkstatt: Werkstätten als Ort der Routine
Der Nähwerkraum wird normalerweise von vier bis fünf Frauen besucht. Hier werden mit Nähmaschinen oder per Hand aus recycleten Stoffen Handtaschen, Schürzen, Christbaumschmuck oder Kimonos genäht. (Hier auch ein Aufruf an alle, deren Nähmaschinen verstaubt in der Ecke stehen: funktionierende Maschinen werden hier immer wieder gebraucht, Sachspenden gerne gesehen.)
Aleksandra wird von einer Besucherin angesprochen, die ihr stolz den fast fertiggestellten Christbaumschmuck präsentiert. Mit großem Staunen und anerkennenden Worten reagiert sie, und im selben Moment erhellt sich das Gesicht der Besucherin sichtbar. Aleksandra wird uns später erklären, was für eine wichtige Rolle Wertschätzung hier spielt – besonders, da viele Besucher*innen vor ihren Tätigkeiten im Tageszentrum laut eigenen Erzählungen nur selten Anerkennung für ihr Tun erfahren haben.
Im nächsten Raum treffen wir auch gleich auf zwei Frauen, die sich beim Stricken und Sticken unterhalten und währenddessen Minzzuckerl lutschen. Daneben wird an glitzernder Weihnachtsdeko gebastelt und im Hintergrund schauen geschnitzte Holzpuppen durch den Raum. Diese könnt ihr übrigens, nach beliebiger Vorlage, auch individuell anfertigen lassen.
Im dritten Werkraum finden sich meist die männlichen Gäste der VinziRast-Chance wieder. In der Holzwerkstatt werden Kinderspielzeug, Hocker, Puzzles und Figuren gebaut, geschnitzt und geleimt. Wir treffen auf einen Freiwilligen, dessen legendäre Holzpuzzles schon die ein oder andere Kollegin der VinziRast (und auch uns) beim Lösungsversuch zum Verzweifeln gebracht haben.
Zwischen Hoffnung und Unsicherheiten
„Es sind natürlich viele Menschen da, denen es nicht gut geht, darauf muss man sich einstellen. Weil es schrecklich ist, jahrelang zu sitzen und nicht zu wissen, was man macht. Auf der Flucht zu sein, das macht wirklich niemand aus Jux und Tollerei.“ Aleksandra spricht mit uns über Schwierigkeiten, die sich in einem Tageszentrum wie diesem ergeben können. Es kommen etwa alleinerziehende Mütter, von häuslicher Gewalt betroffene Frauen, aber auch geringfügig Beschäftigte, die hier einen Rückzugsort in Gemeinschaft und Beschäftigung finden.
Das Warten und Hoffen auf einen positiven Asylbescheid dauert meist jahrelang und setzt Betroffene unter große psychische Belastung. Oft ist die einzige Konstante die Unsicherheit. Solch eine prekäre Lebensrealität bedeutet auch, dass es zu Reibungen und Missverständnissen kommen kann. Deshalb setzen Freiwillige und Mitarbeiter*innen stark auf offene Kommunikation, Inklusion und das Schaffen eines sozialen Netzes, das Betroffene oft in ihrem Heimatland zurücklassen mussten.
Eure Unterstützung macht den Unterschied
Alle Projekte der VinziRast finanzieren sich ausschließlich aus privaten Spenden oder dem Verkauf der eigenen Produkte. Da auch diese aus gespendeten Ressourcen entstehen, ist die VinziRast-Chance, wie auch einige der anderen Ableger der VinziRast, von Spenden abhängig.
Ob Geldspenden, Geräte, die in Werkräumen genutzt werden können, oder auch Materialien: Wenn ihr etwas beitragen könnt, schaut bei vinzirast.at vorbei. Bei Geldspenden könnt ihr den Verwendungszweck genau angeben und bekommt auch Informationen darüber, wie viel eure Spende beitragen kann.
Um 15 Euro könnt ihr etwa einer Person eine Nacht in der VinziRast Notschlafstelle finanzieren. Auf der Sachspenden-Wunschliste findet ihr den aktuellen Bedarf an Materialien der verschiedenen Projekte. Das können Lebensmittel, Möbel, Kleidungsstücke, aber auch Stoffe oder Hygieneprodukte sein.
Wer Zeit spenden kann, wird natürlich auch mit offenen Armen empfangen. Unter Freiwillige Mitarbeit findet ihr die wichtigsten Informationen – neben fixen Diensten und Aufgaben könnt ihr auch in einem Gespräch Aufgaben definieren und einen gemeinsamen Weg finden, mit eurer Arbeitskraft bestmöglich zu einem der Projekte beizutragen.