Warum sich heutzutage niemand mehr binden möchte

Wenn man eine Definitionen für das Wort „Bindungsangst“ sucht, so wird diese meist in Zusammenhang mit der Angst, sich an einen Partner zu binden, beschrieben. Doch ist es wirklich nur das? Bindungsangst ist so viel mehr als das „Fix-zam“-sein. Und weißt du was? Wir Kinder der Generation Y haben sie alle auf die eine oder andere Art.
Lisa Panzenböck Aktualisiert am 30.08.2017

Sie ist das Sich-nicht-festlegen auf eine Verabredung am Wochenende, da sich noch ein besseres Programm mit anderen Freunden ergeben könnte. Das jeden Tag in den Supermarkt gehen, anstatt einen Wocheneinkauf zu machen – woher soll ich denn montags schon wissen, was ich freitags essen will? Das Abschließen eines Netflix-Abos, das ich einfach kündigen kann; der Internetvertrag von Bob, bei dem ich keine Bindung habe. Und schließlich eben auch das ewige Leben in einer Nicht-Beziehung, die zwar eigentlich genau wie eine Beziehung ist, aber nie eine werden soll.

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(c) unsplash.com / gemeinfrei

Beziehungsunfähig, bindungsunwillig (?)

Sind wir wirklich die Generation, die nur sich selbst liebt? Egozentrisch, mit einem unbrechbaren Drang nach Freiheit, wie ihn vermutlich bloß Che Guevara kannte?
Langzeitbeziehungen scheinen schlichtweg nicht mehr modern zu sein, denn kaum einer von uns lässt sich auf diese Art von Bindung ein. Man will bloß irgendjemanden, der jetzt da ist, anstelle von jemandem, der bleibt. Pickt sich die Aspekte einer festen Beziehung heraus, die einem gerade am besten in den Kram passen, und verzichtet auf alle anderen, auf die man „gerade keinen Bock hat“. Mal hätte man gerne jemanden zum Schreiben nachts im Bett, um sich am Ende des Tages nicht so alleine zu fühlen. Mal jemanden zum Filmschauen an einem regnerischen Sonntag, der dem grauen Tag mehr Farbe verleiht. Doch sich auf einen Menschen festlegen? Eher nicht, es könnte sich ja etwas besseres ergeben.

Ich will nicht bloß ein Stück, ich will den ganzen Kuchen!

Man möchte frei sein, ohne schlechtes Gewissen beim Fortgehen flirten, ohne Rechtfertigung mal für eine Woche nicht antworten. YOLO eben. Das wir wirklich beziehungsunfähig sind bezweifle ich, es ist viel mehr eine Art von Bindungsunwilligkeit, aus Angst etwas zu verpassen.

Wir wollen jedoch nicht nur ungebunden sein, was unseren Umgang mit ewigen Gspusis anbelangt, sondern auch in nahezu allen anderen Bereichen unseres Lebens. Kaum jemand macht heute nur eine einzige Ausbildung, um einen Beruf auszuüben, den man „für immer“ macht. Man macht halt mal und schaut „wo einen das Leben so hinwirft“. Wo ich mich in zehn Jahren sehe? Keine Ahnung, ich weiß ja noch nicht mal wo ich am Wochenende feiern gehen will – darüber macht sich mein „Zukunfts-Ich“Gedanken. Ich hab zwar Jus studiert (summa cum laudae, what else?), doch wer weiß – vielleicht bleibe ich nach meiner Asien-Rucksack-Tour auch einfach mal eine Zeit lang auf Bali und werde Surf-Lehrer.

Lebenskrise Mitte 20

Auch unsere Freundschaften haben sich durch den Spirit der Generation Y erheblich verändert. Auslandssemester hier, Weltreise da, und plötzlich zählen Jack vom Lagerfeuer am Strand auf den Bahamas, oder Simon vom Beer Pong auf einer amerikanischen College-Party zu unseren Freunden. Unsere „hiergebliebenen“ Freunde sind uns dennoch wichtig, doch jeder macht eben sein eigenes Ding. Wir halten uns über soziale Netzwerke und Skype-Dates auf dem Laufenden und stehen uns dennoch nahe. Oder so.

Am Ende des Tages, nach vielen erlebten Erfahrungen, wollen wir uns dennoch fast alle binden in gewissen Lebensbereichen an Menschen oder Dinge binden. Haben eine Vielfalt an unterschiedlichen Dingen oberflächlich erlebt und möchten nun bei denen, die uns gut gefallen haben, in die Tiefe gehen. Alle paar Monate andere Partner haben ist bestimmt interessant, doch manche Erfahrungen in einer Beziehung machst du erst, wenn du mehrere Jahre mit jemandem zusammen warst. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen immer wieder einen neuen Job anzunehmen ist spannend, doch auf manche Herausforderungen triffst du erst, wenn du lange in einem Unternehmen warst und dich immer weiter hocharbeitest. Bekannte auf der ganzen Welt zu haben ist ein tolles Gefühl, aber dennoch ganz anders als Zeit mit den Freunden zu verbringen, die deinen Weg schon lange mit dir gehen, dich in- und auswendig kennen.

Ungebundenheit ist schön für eine gewisse Zeit und wir sollten sie genießen, solange wir erfahrungshungrig von Sydney bis Grönland reisen. Doch die Konstanten, die tiefgehenden Erfahrungen sind schließlich vermutlich jene, die uns am meisten Freude bereiten. Und unsere Bindungsangst? Die können wir noch immer mit dem spontanen Einkauf im Supermarkt, dem kündbaren Netflix-Abo, oder dem ungebundenen Internetvertrag von Bob füttern.

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(c) unsplash.com / gemeinfrei

Mehr Gedanken über die Generation Y lest ihr hier in unserem Artikel über die Lebenskrise Mitte 20, oder bei diesem Beitrag über die Nicht-Beziehung, die irgendwie doch eine Beziehung ist.

*Gesponserter Artikel. Mit freundlicher Unterstützung von Bob.

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