Was du wahrscheinlich nicht über Sepp Forcher wusstest
Voriges Jahr verließ Sepp Forcher nach 33 Jahren und 200 Sendungen Sepp Forcher das Fernsehen. Am 19. Dezember 2021 ist er im Alter von 91 Jahren verstorben. Wir gedenken ihm mit ein paar spannenden Dingen über ihn, die wahrscheinlich weniger bekannt sind.
Im Leben gibt es nur wenige Konstanten: Rosen sind rot, Veilchen blau und Sepp Forcher moderierte sein Klingendes Österreich. Das machte er nämlich schon länger als es 90er-Kinder gibt. Seit 1986 begrüßte er uns mit den immer selben Worten, die wahrscheinlich irgendwann zum immateriellen UNSESCO-Weltkulturerbe ernannt werden: „Griaß Gott in Österreich!“ Nun ist er am 19. Dezember 2021 im Alter von 91 Jahren verstorben. Deshalb erinnern wir uns an ein paar Fakten über Sepp Forcher, die vielleicht weniger bekannt aber nicht minder interessant sind.
Guiseppe aus Rom
Schon beim Namen sind wir auf die erste unerwartete Wendung gestoßen: Der Forcher-Sepp hieß nämlich ursprünglich gar nicht Forcher-Sepp, sondern Forcher-Giuseppe. Oder Giuseppe Forcher, wie man in Italien sagen würde. 1930 kam er als Sohn von Südtiroler Eltern in Rom zur Welt. Nach dem Südtirol-Abkommen von Hitler und Mussolini kehrte die Familie Italien den Rücken und ging nach Salzburg.
Sepp Forcher stand nicht auf gespielte Heimatliebe und Andreas Gabalier.
Sepp Forcher wirkte zwar wie die Mensch gewordene Tradition und Volkskunde, aber um Heimattümelei und übersteigerten Patriotismus ging es dabei nicht, im Gegenteil: „Wenn ich Heimatliebe plakatieren muss, ist das der erste Missbrauch dieses Begriffs“, hat er einmal in Ö1 gesagt. Über Konzepte wie Heimat und Identität äußerte er sich ausgesprochen reflektiert und offener, als man es von ihm als Gallionsfigur der Volksmusik vielleicht erwartet hätte. Definitiv offener als der selbsternannte Posterboy des „Volks-Rock’n’Roll“ jedenfalls, den Forcher sehr kritisch sah: „Conchita ist besser als Andreas Gabalier und DJ Ötzi zusammen. Die spielen die Heimatliebe nur und sind aufs Geld aus. Conchita war immer offen und ehrlich“, sagte er in einem Interview mit der Heute.
Tradition und eine tolerante, offene Weltsicht schließen sich also offenbar nicht gegenseitig aus. „Es geht um das Miteinander“, sagte Forcher 2018 im Gespräch mit dem Profil. „Das Gegeneinander war mir im Herzen stets zuwider. Mir sind Hautfarbe, Religion, Ideologie wurscht.“ Nationalismus und Abschottung also Fehlanzeige, nicht nur bezogen auf Österreich, sondern auch auf europäischer Ebene:
Er schrieb in Kurrentschrift.
Zumindest in einer Hinsicht war Forcher aber dennoch ein Überbleibsel aus früherer Zeit: Er schrieb konsequent in Kurrent. Während seiner Schulzeit wurde von Kurrent- auf Normalschrift und anschließend wieder retour gewechselt. „Da habe ich mir dann gedacht: Jetzt ist genug mit der Pflanzerei, jetzt schreib‘ ich nichts mehr anderes“, erzählte Forcher, der Widerspenstige in Schreibschrift.
Er hat 130 Kilo den Untersberg bergab getragen.
Nach der Volksschule half er seinen Eltern, ihre Hütte zu bewirtschaften, wurde schließlich Hilfsarbeiter, Höhlenführer und selbst Hüttenwirt, bevor ihn das Fernsehen abwarb. Dazwischen arbeitete er auch noch als Lastenträger und schleppte einmal ein über 130 Kilo schweres Zahnrad den Salzburger Untersberg hinab. Drei Stunden habe er gebraucht für eine Strecke, die man zu Fuß normalerweise in ein paar Minuten zurücklegt. Geschafft hat er’s aber hinunter – Respekt!
Er hat zwei Bücher über das Glück geschrieben.
In späteren Jahren widmete er sich lieber der Literatur und Philosophie. Und nein, auch da fanden sich in seinem Repertoire keine Heimatromane, sondern Proust, Tolstoi oder Dumas. Auch er selbst hat zwei Bücher verfasst, über das Glück. Wobei ihm der Begriff selbst eigentlich so gar nicht passte: „Glück ist ein Zufallsprodukt im Leben. Das kann man sich nicht kaufen oder bei Amazon bestellen. Was man erreichen kann: Diesen aus der Mode gekommenen Begriff der Zufriedenheit“, sagte er im Interview mit dem Kurier.
Viermal wurde ihm der Professorentitel angetragen.
Forcher hatte zwar nie eine akademische Laufbahn angestrebt, dennoch wurde ihm viermal der Professorentitel angeboten. Immerhin kannte er sich mit österreichischem Brauchtum und vielem anderen Volkskundlichem aus wie wahrscheinlich kein Zweiter. Trotzdem lehnte er immer wieder ab: „Ich bin doch kein Professor. Nur einer, der den Leuten was erzählt“, sagte er einmal bescheiden.
57 Jahre lang hat er sich nicht rasiert.
Und auch über ihn selbst gibt es offensichtlich eine ganze Menge zu erzählen. Ein eher skurriles Detail am Rande über den wohl ikonischsten Bart der österreichischen Fernsehgeschichte: „Seit 56 Jahren hat keine Rasierklinge meine Wangen berührt“, erzählte er dem Profil 2020. So handelte er sich mit seinen buschigen Backen den Spitznamen „Bergfex Fidel Castro“ ein, wie ihn eine sowjetische Truppe Würdenträger einst nannte, als er sie ein Stück ihres Weges begleitete.
Sepp Forcher konnte weder tanzen, schwimmen noch Rad fahren.
Vieles konnte Sepp Forcher also erstaunlich gut, einiges konnte er nicht. „Bürgerliche Sprösslinge mussten Tanzen, Rad fahren, Schwimmen lernen. Ich kann das alles bis heute nicht.“ Macht ja nichts, man muss ja nicht überall mitmachen. Wie man an Sepp Forcher sah, nicht einmal bei der allgemein anerkannten Schreibschrift.
Die Trauer um Sepp Forcher ist groß. Eins steht jedenfalls fest: Auch über sein Ableben hinaus wird Sepp Forcher fest im kollektiven Gedächtnis verankert bleiben, sei es als Symbolfigur, als TV-Legende, als Brückenbauer oder als kluger Geist. Pfiat Gott in Österreich!