Wie Social Media unser Dating zerstört

Ein bisschen stalken hier, etwas tindern da und voila, das nächste unverbindliche G’spusi steht schon in den Startlöchern. „Also zu meiner Zeit hätt’s des ned geben“, höre ich meine Oma die momentane Datingszene kommentieren. Was früher alles anders war und wie sich unser Liebesleben durch Social Media verändert hat? Wir haben uns auf Recherche begeben.

Lisa Panzenböck Aktualisiert am 20.02.2017
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Viele böse Zungen behaupten ja, dass die sozialen Medien unser Dating-Verhalten zerstört. „Früher war alles besser“ ist ein Ausspruch, den wir alle von älteren Generationen kennen und der in unserem Fall hier nicht nur einen hohen Grad an Pessimismus, sondern auch eine extra große Portion Wahrheit beinhaltet. Welche 10 Dinge sich durch Social Media im Bereich der Verabredungen geändert haben, stellen wir euch nun vor, damit ihr anschließend selbst euren Vergleich ziehen könnt.

Früher musstest du dein Haus verlassen um Fortpflanzungsbuddies kennenzulernen.

Parship, Tinder, Once und wie sie sonst noch so alle heißen – das Internet hat es geschafft, uns in unseren introvertiertesten, asozialsten Momenten soziale Kontakte mit anderen Menschen knüpfen zu lassen. Ob auf der Toilette, im Zug, in der Vorlesung, der nächste Fortpflanzungsbuddy ist nur ein paar Klicks entfernt. Entschied man sich früher das Haus nicht zu verlassen, so gab es auch keine Möglichkeit jemanden kennenzulernen, also zumindest nicht auf solch eine schnelle Weise wie heutzutage, zumal Briefe ja nicht so schnell ankamen wie heute WhatsApp-Nachrichten.

Gefühle in Liebesbriefen ausdrücken versus besoffene WhatsApp-Nachrichten

Ein handgeschriebener Liebesbrief, den man in seiner kleinen Schatzkiste aufbewahren konnte war so vollgepackt mit süßen Worten und Gefühlsergüssen, dass sich viele von uns heutzutage nur noch darüber lustig machen würden. Aufgrund des allgegenwärtigen Skeptizismus der geringsten Form von Zuneigung gegenüber würden wir solchen Liebesbotschaften wohl keinen Glauben mehr schenken. Gott sei Dank schreibt uns heutzutage keiner so übertrieben kitschige Liebesbriefe. Das wäre etwas, das garantiert das Dating zerstört. Wir hingegen bekommen eine stockbesoffene WhatsApp-Nachricht um 3 Uhr morgens, die eine Mischung aus Einsamkeit, „heute sonst niemanden abbekommen“ und „was man sich nüchtern nicht sagen traut“ ist. Viel besser und glaubwürdiger, oder? Sarkasmus off.

Warten versus Ungeduld

Stundenlang vor dem Haustelefon sitzen und warten, bis der Schwarm anruft – ach, was war das für eine Aufregung. Kaum läutete das Telefon, stürmte man sofort auf es zu, in der Hoffnung, dass der oder die Liebste anruft. Zeit spielte hier keine Rolle, sondern bloß, dass man allgemein einen Anruf bekam. Heutzutage, in einer Zeit in der wir über diverseste Kanäle 24/7 erreichbar sind, wird eine Antwort in kürzester Zeit nicht nur erwünscht, sondern gar erwartet. Gesendet, geöffnet, gelesen und wieder offline – wenn auf WhatsApp die blauen Hakerln zwar aufscheinen, jemand jedoch nicht sofort antwortet, kann bereits zu einem großen Streit oder Unsicherheiten führen, die manchmal nicht nur das Dating zerstören, sondern gleich die ganze Bekanntschaft. Ob es denn möglicherweise einen guten Grund gibt, warum jemand nicht sofort antworten konnte, spielt hierbei selten eine Rolle.

Kennenlernen bei Verabredungen versus Netflix & Chill

Stundenlanges Plaudern, Lachen und sich langsam gegenseitig kennenlernen – muss Liebe schön sein! Man hat jede Verabredung, jede Stunde mit der Person genützt, erzählt mir mein Opa. Man wusste ja schließlich nicht, wann man sich denn das nächste Mal zu Gesicht bekommt. Heutzutage wird einiges an Gesprächsthemen zunehmend überflüssig, nachdem man dank Facebook, Instagram und Co. bereits vor dem ersten Treffen weiß, wie die Großcousine des Dates heißt und auf welchem Strand er im Thailand Urlaub 2010 seine Piña Colada getrunken hat und man bereits einiges mehr über das Gegenüber weiß, als dem vermutlich lieb ist. Wie sehr das unser Dating zerstört? Naja, wenn aus einem romantischen Abend mit einem langen Spaziergang ein Netflix & Chill wird, weil man sich bereits beim zweiten Date wenig zu sagen hat, wird das Vor-dem-Date-Stalken doch sehr in Frage gestellt.

Anzug und Blumen versus Snapback und Emojis

Schaut man sich Filme wie The Notebook, Vom Winde verweht, und wie all die zauberhaften Hollywood-Schnulzen noch so heißen, an, wird schnell klar, dass sich auch das optische Bemühen für Dates sehr verändert hat. Während Frauen früher teilweise extra zum Friseur gegangen sind und Männer ihren besten Anzug ausgegraben haben und mit einem Strauß Blumen aufgetaucht sind, tut man sich heute für ein Date nicht allzu viel an. Wer weiß, ob es sich überhaupt auszahlt. Man will ja nicht gleich von Anfang an unnötig viel Mühe in etwas stecken, das möglicherweise gar nichts wird, also: minimalster Aufwand it is. Statt Blumen gibt’s vor dem Date heute ein paar Emojis, statt dem Anzug rote Turnschuhe und eine Kappe. Auch hier schenkt man dem zuvor stattfindenden digitalen Auftritt mehr Aufmerksamkeit als dem realen Treffen, was zumindest das wirklich stattfindende Dating zerstört.

Sich ein Lied im Radio wünschen versus „Blumenstrauß oder Beziehungsaus“

Bei einem der verschiedensten Radiosender anrufen und sich das „gemeinsame Lied für meine Tina“ wünschen, in der Hoffnung, dass sie gerade ebenso vor dem Radio sitzt, das Lied hört und an ihren Liebsten denkt. Ultra romantisch! Wer wünscht sich denn heute noch Lieder im Radio? Viel eher ruft man bei Shows wie „Meinrad beinhart – Blumenstrauß oder Beziehungsaus?“ an um die Liebe zu testen.

Ewig langes Telefonieren versus freizügige Snaps

Wenn dir heute jemand einen freizügigen Snap oder ein ebenso pikantes Foto schickt weißt du, dass du im Kreis der wenigen Auserwählten angekommen bist, die solche sexy Pics erhalten. Auch Unterwäschebilder und Co. bedeuten natürlich noch lange keine Exklusivität, denn die werden zeitweise ähnlich wie Spam-Mails in die Masse potentieller G’spusis geballert. Ein paar davon snappen ein lustiges Foto, oder schicken gar ein Kompliment zurück und nach einigen Bildchen hin und her war’s das dann auch schon wieder mit der „Konversation“. So nett der Zeitvertreib auch ist, dass ein „Chatverlauf“ – ich traue mich ja nicht einmal, das als Chat zu bezeichnen – wie dieser unser Dating zerstört, ist uns allen bewusst, denke ich. Denn es besteht schlichtweg kein Vergleich zu stundenlangem, heimlichen und mucksmäuschenstillem Telefonieren, in der Hoffnung, dass niemand aus der Familie reinplatzt und meint, man solle auflegen wegen der zu hohen Telefonrechnung.

Persönliches Schlussmachen versus Sophie Musterfrau ist jetzt single

Manche von uns machen es sich schon ganz besonders leicht sich von ihrer „großen Liebe“ zu verabschieden. Einfach mal den Facebook-Status auf „single“ ändern, in der Hoffnung, dass der momentane Lebensabschnitts-Partner verstanden hat, dass die Romanze nun vorbei ist; nur keine allzu großen Umstände, Schluss machen ist ja unangenehm. Früher hat man sich noch persönlich getroffen und anstatt einfach einer Nachricht über Social Media zu schicken. Aber den einen oder die andere gibt es noch, die schon noch im Sinne der alten Schule ihre Liebschaften beenden – und das ist auch gut so.

Nun ja, nach einigen Punkten im Vergleich heute zu damals muss ich mich am Ende dieses Beitrag wieder auf die uns allen bekannten Eröffnungsworte erinnern: Früher war alles besser. Wenn auch ich diese Phrase nicht genau so unterzeichnen würde, so bin ich dennoch der Meinung, dass die Onlinekommunikation vieles im Bereich Dating zerstört hat und so manchen Dingen den gewissen Zauber, die gewisse Spannung genommen hat. Doch wer weiß, vielleicht ist eines der Tinder-Matches ja der Mann für’s Leben und schickt mir statt freizügiger Fotos einen bunten Blumenstrauß.

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