Dos and Don’ts: Wildcamping in Europa
Einfach ins Blaue fahren und irgendwo im Nirgendwo das temporäre Zuhause aufschlagen – klingt romantisch, ist aber nicht überall erlaubt. Wildcamping abseits von ausgewiesenen Campingplätzen ist in vielen europäischen Ländern nicht oder nur in Ausnahmefällen gestattet. Wir haben uns angesehen, wo und unter welchen Bedingungen ihr in Europa frei campieren könnt.
Wildcamping lebt von der Freiheit, auf die Schnelle zu entscheiden, wo man die Nacht verbringen möchte. Auf der saftig grünen Wiese am Berg? Am Strand neben dem Rauschen des Meeres? Oder vielleicht doch einfach – aus Effizienzgründen – direkt neben der Landstraße Richtung Süden? Klingt hervorragend, aber ist das auch überall möglich und erlaubt? Wir verraten dir, in welchen Ländern Europas du unbeschwert dein Lager aufschlagen darfst.
Vorab möchten wir den Begriff „Jedermannsrecht“ zum besseren Verständnis erklären, weil du vermutlich im Laufe deiner eigenen Recherche auch darauf stoßen wirst. Das Jedermannsrecht ist eine Regelung, die jeder Person gestattet, die Natur frei zu nutzen. Generell gilt: Achte auf die Natur, entsorge deinen Müll und vermeide es, Spuren zu hinterlassen. Halte außerdem auch Abstand zu Wohnhäusern. Das Jedermannsrecht bezieht sich nur auf die Natur. Städte und Nationalparks sind davon ausgenommen. Außerdem ist legales Wildcampen meist bloß auf ein bis zwei Nächte beschränkt.
Skandinavien
Der Norden ist ein beliebtes Ziel für Wildcamper*innen – und das aus gutem Grund. Nicht nur die Landschaft besticht durch ihre nahezu unberührte Schönheit, sondern auch das sogenannte Jedermannsrecht ist besonders reizvoll für alle Reisenden, die gerne spontan entscheiden, wo sie die Nacht verbringen. In Schweden, Finnland und Norwegen steht das Land allen zur Verfügung. Daher ist es auch erlaubt, hier zu campen. Achtung: Landwirtschaftliche Flächen wie Farmen oder Grundstücke rund um Privathäuser sind tabu!
Schottland
Die grüne Landschaft Schottlands ist ja quasi prädestiniert um zu Campen. Glücklicherweise ist auch abseits von Campingplätzen das Übernachten erlaubt – allerdings ausschließlich für Urlauber*innen und mit einem Zelt. Solange du in einer kleinen Gruppe campierst und nur für wenige Tage, ist man als Wildcamper*in sogar durchaus willkommen. Wie in Skandinavien ist das Campieren auf landschaftlichen Flächen oder Grundstücken rund um Privathäuser untersagt.
Das Übernachten mit dem Van, Auto oder Motorrad ist ebenfalls bis zu einem gewissen Grad gestattet. Mit einem Abstand von 14 Metern von der Straße entfernt darfst du parken und übernachten. Achtung: Eigentümer*innen können aber das Parken verbieten. Erkundige dich also vorher oder hole vorab das Einverständnis der Besitzer*innen ein. In Schottland ist es normalerweise immer ausgewiesen, wenn das Campieren verboten ist – einfach die Augen offen halten und los geht das Abenteuer.
Polen
Seit 2021 ist das Wildcampen auch in Polen erlaubt. Es gilt allerdings einige Regeln zu beachten, wenn du das Land auf diese Art und Weise bereisen möchtest. Befolgst du diese Punkte, kannst du aber unbeschwert in ganzen 425 Waldgebieten legal übernachten:
- Bleibe maximal zwei Nächte an einem Ort
- Wenn die Gruppe größer als zehn Personen ist, muss sie der Forstverwaltung gemeldet werden
- Müll wieder mitnehmen und die Natur so verlassen, wie du sie vorgefunden hast
- Lagerfeuer ist nicht erlaubt
- Online findest du außerdem auf einer Karte alle Gebiete, in denen Wildcamping legal ist
Albanien
Einzigartige Strände und eine atemberaubende Natur – daran denken die meisten Camper*innen, wenn sie Albanien hören. Das allerbeste ist aber: Übernachten abseits von Campingplätzen ist legal möglich.
Auch in Albanien gibt es allerdings Regeln:
- Privatgrundstücke sind tabu (auch hier gilt: vorher fragen, dann kann es sein, dass du ein bis zwei Nächte bleiben darfst)
- Einschränkungen sind in Nationalparks und Naturschutzgebieten möglich
Lettland, Estland und Litauen
Wir machen es kurz und bündig: Wenn es nicht ausdrücklich verboten ist, darfst du im Baltikum auf öffentlichem Grund problemlos stehen. Worauf wartest du also noch?
Island
So wie überall gilt auch in Island das Credo: nichts zerstören und nicht stören. Wenn du dich daran hältst, darfst du auch in der atemberaubenden Landschaft Islands überall übernachten, wo es nicht explizit verboten ist. Die Thermalquellen, Wildpferde und Nordlichter warten auch dich.
Dänemark
In Dänemark ist Wildcamping grundsätzlich verboten. In touristischen Gebieten finden regelmäßig Kontrollen statt, sodass du eine Geldstrafe riskierst, wenn du dich nicht an die Regeln hältst. Es ist daher besser, darauf zu verzichten.
Allerdings gibt es in vielen Wäldern Ausnahmen. Hier gilt: Informiere dich vorab, wo du stehen bleiben möchtest. Auch an diese Vorgaben solltest du dich strikt halten, wenn Wildcamping erlaubt ist:
- Bleib nur eine Nacht am selben Ort
- Campiere außerhalb der Sichtweite von Häusern und Straßen
- Verwende nur sichere Sturmkocher
Alternativ gibt es aber auch einige Naturstellplätze, die sogar vereinzelt über fließend Wasser und WC-Anlagen verfügen. Diese Alternative ist völlig legal und du bist der Natur trotzdem sehr nah.
Schweiz
In der Schweiz sind die Regeln für Wildcamping etwas komplexer, da es keine einheitlichen Bestimmungen gibt. Die Vorschriften können von Kanton zu Kanton unterschiedlich sein. Zusätzlich gelten in bestimmten Gebieten Betretungsverbote oder strengere Gesetze für Naturschutzgebiete, wo Wildcamping generell verboten ist. Wenn du in der Schweiz campen möchtest, solltest du dich an folgende Regelungen halten:
- Wildruhezonen, Schweizer Nationalparks, eidgenössische Jagdgebiete, Wälder, Auen und Feuchtgebiete sind tabu
- Zeige Rücksicht in der Nähe von Berghütten und Klettergebieten.
- Wildcamping oberhalb der Waldgrenze, auf felsigem Gelände und alpinen Weiden ist in der Regel unbedenklich.
Portugal
Im Süden Europas ist Wildcampen inzwischen schwieriger geworden. Viele Länder haben strengere Regelungen eingeführt oder es sogar komplett verboten. Das hat unter anderem den Grund, dass Camper*innen oft die Natur nicht ausreichend respektiert haben. Es wurden Feuer entfacht, Müll hinterlassen und dadurch Gebiete verschmutzt oder sogar gefährdet.
In Portugal ändern sich die Regeln beispielsweise ständig. Seit 2021 ist Wildcampen wieder erlaubt, aber nur für maximal 48 Stunden am selben Ort. Zudem sind alle Gebiete, die zum Natura-2000-Netzwerk gehören, vom Wildcampen ausgeschlossen. Unser Geheimtipp: Die Turismo de Portugal gibt Auskunft über legale Übernachtungen.
Spanien
In Spanien ist das freie Campen in der Natur durch verschiedene regionale Verbote eingeschränkt. Wenn Spanien dennoch auf deiner Wildcamping-Liste steht, solltest du dich unbedingt vorab über die Gesetze in der jeweiligen Region informieren. Möglicherweise benötigst du eine Genehmigung von der örtlichen Behörde. Nur mit dieser Erlaubnis darfst du abseits von Wohngebieten und Stränden dein Lager aufschlagen. Ein wenig tricky, aber es lohnt sich.
Deutschland
Solltest du mit dem Campervan unterwegs sein, hast du in Deutschland einen kleinen Vorteil: Für eine Nacht darfst du mit dem Wohnwagen auf den Raststätten der Bundesstraßen stehen. Wenn es nicht ausdrücklich verboten ist, darfst du auch auf öffentlichen Parkplätzen eine Nacht schlafen. Wichtig ist: Du darfst dich nicht häuslich einrichten. Diese eine Nacht sollte nur der Erholung dienen und darf nicht den Eindruck erwecken, dass du länger bleiben möchtest – packe also lieber nicht deinen kompletten Haushalt aus. Naturschutzgebiete sind außerdem tabu für dich.
Geheimtipp: In Bayern im Spessart-Mittelgebirge und in Nordrhein-Westfalen im Hohen Venn-Eifel gibt es coole Wildcamping-Spots, die für lediglich zehn Euro pro Nacht offiziell genutzt werden dürfen.
Österreich
In Österreich gelten ähnliche Regeln wie in Deutschland. Auf privaten Grundstücken darf nur mit der Erlaubnis der Eigentümer*innen gecampt werden. Auch das Campen im Wald ist ohne Zustimmung verboten.
Oberösterreich und die Steiermark sind dem Wildcamping gegenüber noch am aufgeschlossensten. In Oberösterreich ist Wildcamping oberhalb der Baumgrenze und abseits von Weiden erlaubt – ebenso in der Steiermark. Möchtest du jedoch im steirischen Gebiet länger als eine Nacht bleiben, benötigst du eine Genehmigung.
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