Wo Wien das ganze Jahr über Pride zeigt
Nicht nur im Pride Month sollten wir für Vielfalt und die Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identität, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Herkunft einstehen. Deshalb haben wir uns angesehen, wo Wien sich dauerhaft zur Regenbogenflagge bekennt.
Der Pride Month steht jedes Jahr wieder ganz im Zeichen des Regenbogens. Gerade die friedliche Koexistenz seiner unterschiedlichen Farben macht vor, was im Alltag leicht verloren geht: ein Leben-und-leben-Lassen im Sinne eines farbenfrohen Miteinanders. Weil das nicht nur im Juni, sondern permanent ziemlich leiwand wäre, haben wir uns angesehen, wo Wien ganzjährig Farbe(n) bekennt.
Bunter Fußgängerübergang
Eines der prominentesten Beispiele ist der bunte Zebrastreifen, der Rathausplatz und Burgtheater seit 2019 miteinander verbindet und die Straße auch über die Pride hinaus ziert. Bunte Farben auf dem Boden – dass das alleine schon ausgereicht hat, um in den ersten Tagen bei einigen Aggressionen in diversen Foren und Kommentarspalten zu schüren, ist bestes Argument dafür, den Zebrastreifen dauerhaft so zu belassen. So erinnert er immer wieder daran, dass Differenzen nicht nur spalten, sondern auch einen können. Mittlerweile gibt es etwa auch in Währing auf Höhe des Kutschkermarktes einen weiteren. Regenbogen-Zebrastreifen findet man in Wien inzwischen an mehreren Stellen. Relativ neu sind etwa die beiden Exemplare am Meidlinger Markt und auf der Laaer-Berg-Straße im Zehnten, wobei die Intention des Favoritner Buntstreifens nicht primär eine Message der Weltoffenheit war, sondern zur Sicherheit der Kinder beim Überqueren der Straße beitragen soll.
U-Bahn-Schlaufen in Regenbogenfarben
Dass die Wiener Linien solidarisch mit der LGBTIQ-Community stehen, zeigten sie unter anderem im Vorjahr wieder unter dem Motto #weridewithpride und ließen im Juni 2021 450 Straßenbahnen unter der Regenbogenflagge fahren. Ausgerechnet in der U6, über deren Ambiente man besonders im Sommer gerne mal spöttelt, findet sich der Regenbogen das ganze Jahr über: Manche Waggons sind seit Herbst 2018 nämlich mit Halteschlaufen in den Regenbogenfarben ausgestattet. Stadträtin Ulli Sima hält die Begründung dafür zwar etwas allgemeiner: „Wir bringen mit dieser Aktion ein wenig mehr Farbe in den Öffi-Alltag.“ Aber wer „Regenbogen“ sagt, muss irgendwann auch „Pride“ sagen.
Stütze für die Gesellschaft und die Lendenwirbeln
Im Wiener Prater setzt Wien ebenfalls ein Zeichen für Weltoffenheit und Vielfalt. Die ersten beiden Regenbogenbänke stehen seit Mai 2019 am Riesenradplatz. Und auch im 4., 6., 10. und 11. Bezirk dekorieren weitere farbenfrohe Sitzgelegenheiten so manchen Weg. So profitiert nicht nur die Gesellschaft von der Vielfalt, sondern auch die müden Beine.
Verliebte Ampeln
Auch die Ampelpärchen haben sich dauerhaft in Wien niedergelassen. Im Rahmen des Life Balls, des Eurovision Song Contests und der Regenbogenparade zogen 2015 auf manchen Ampeln gleich- und verschiedengeschlechtliche Paaren ein – als rot und grün leuchtende Warnlichter für die Gleichberechtigung. Mittlerweile sind die Händchen haltenden Turteltauben des Straßenverkehrs sogar so beliebt, dass sie ihren eigenen Merchandise haben.
Villa kunterbunt
Ein farbenfrohes und starkes Zeichen setzt auch die Türkis Rosa Lila Villa auf der Linken Wienzeile. Und das längst nicht nur mit ihrer bunten Fassade. Denn die Villa entstand 1982, als Aktivist*innen das Haus besetzten und „Rosa Lila Villa – Erstes Wiener Lesben- und Schwulenhaus“ nannten. Lange Verhandlungen und eine Generalsanierung später ist das Haus seit 1985 Beratungszentrum und Treffpunkt. Das ursprüngliche Aktivismusprojekt von und für Lesben und Schwule wurde schnell zum Hotspot der LGBTIQ-Community generell. Von Beratungsgruppen über Sprachkurse bis hin zu Queer Yoga ist das Angebot so vielfältig wie wichtig. Damit ist die Villa hier stellvertretend für die vielen Anlaufstellen und Orte für die LGBTIQ-Community genannt.
Denkmal im Resselpark
So farbenfroh die Pride-Bewegung ist, so dunkel ist die Geschichte der Gewalt gegen und der Verfolgung von Angehörigen der LGBTIQ-Community. Im Resselpark in Wien wurde deshalb ein Denkmal für Opfer der Homosexuellen-Verfolgung in der NS-Zeit geplant – ein historisches Mahnmal gegen das Vergessen. Im Mai 2022 entschied eine Jury über den Wettbewerb, welches Projekt umgesetzt wird. Gewonnen hat der Vorschlag von Sarah Ortmeyer und Karl Kolbitz. Es symbolisiert einen Regenbogen in Grauabstufungen.
Ein ähnliches Mahnmal sollte bereits 2006 am Morzinplatz in der Innenstadt realisiert werden. Hans Kupelwieser gewann mit dem Projekt Rosa Platz den Wettbewerb und wollte ein 20 mal 20 Meter großes Becken, gefüllt mit rosa gefärbtem Wasser, aufstellen. Da man aber keine Farbe finden konnte, mit der das Projekt klappen würde, musste man es schließlich absagen. Danach organisierte die Kunst im Öffentlichen Raum GmbH immer wieder temporäre Mahnmale.
Die Bekenntnis zu Vielfalt und Gleichberechtigung aller geschlechtlichen Identitäten und sexuellen Orientierungen ist alles andere als bloße Image-Frage und exaltierte Plattitüde. Auch wenn eine Bank im Regenbogen-Look oder eine Ampel mit gleichgeschlechtlichen Ampelpärchen angesichts der Lage in vielen Ländern wie ein Mikrotropfen auf den glühend heißen Stein wirken mögen – manchmal sind es die kleinen Dinge, die uns Tag für Tag daran erinnern, worum es bei den großen Dingen eigentlich geht.
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