Circus- und Clownmuseum
Circus- und Clownmuseum
Ilgplatz 7, 1020 WienÖffnungszeiten
Bunte Lichter, schillernde Kostüme, der Geruch der Manege – allein beim Gedanken an den Zirkus leuchten uns die Augen. Wenn’s euch ähnlich geht und Clowns für euch auch keine gruseligen Horrorfilm-Figuren sind, sondern liebenswerte Scherzkekse in zu großen Schuhen, dann seid ihr im Wiener Circus- und Clownsmuseum bestens aufgehoben!
Historische Sammlung
Hier gibt’s so ziemlich alles zu sehen, was das Zirkus-Herz höher hüpfen lässt: Jede Menge Kostüme von Clowns, Magier*innen, Zauberrequisiten aller Art – und, und, und. Das meiste davon stammt aus der privaten Sammlung von Schriftsteller und Redakteur Heino Seitler, die er 1924 begründet hat. Seit 1927 gibt es das Museum. Geleitet wird es mittlerweile von Zauberkünstler Robert Kaldy-Karo, der auch einige seiner privaten Erinnerungs- und Sammlerstücke zur Ausstellung beigesteuert hat. Auch Leihgaben von privaten Zirkus-Enthusiastinnen und -Enthusiasten füllen das Museum, und so kommt immer wieder mal was Neues dazu. Es ist quasi ein lebendiges Museum, vor allem auch, weil alle Mitarbeiter*innen tatsächlich als Clowns, Zauberkünstler*innen und Artist*innen aktiv sind. „So können wir unser Publikum wissenschaftlich informieren, aber bei Veranstaltungen auch unterhalten“, meint Kaldy-Karo.
Wiener Prater-Nostalgie
Und dass man es hier mit der fundierten Auseinandersetzung sehr genau nimmt, ist offensichtlich: Der erste Raum des Museums widmet sich zum Beispiel vor allem der Geschichte des Wiener Wurstelpraters. Dazu hat das Museum natürlich auch einige historische Prater-Buden-Accessoires auf Lager, wie zum Beispiel Originaldosen aus dem Jahr 1900 und die dazugehörigen „Fetzenlaberln“, für die man damals Stoffteile wieder und wieder zusammennähte, bis ein kleiner Ball entstand. Leder- oder Gummibälle waren eben zu teuer. Und Stoffknäuel tun’s beim Dosenschießen ja auch.
„Das Museum beschäftigt sich mit der Unterhaltung des kleinen Mannes vom Vormärz bis in die Fünfziger“, sagt Kaldy-Karo. „Und früher war vor allem der Prater der Ort, an dem man sich unterhalten konnte: Musik hören, trinken, tanzen, Ringelspielfahren.“ Und Apropos Zirkus: Hier gibt’s auch einen echten Flohzirkus, wo den Flöhen aus Silberdraht gefertigte kleine Wagen angelegt wurden, mit denen sie über ein Seil balancierten oder in der Mini-Manege umherliefen.
Großer Schuh auf kleinem Rad
Die darauffolgenden Räume sind voller Exponate aus allen möglichen Ländern. Neben einem alten, riesigen Clownsschuh steht zum Beispiel ein Mini-Fahrrad, auf dem das verheiratete Artisten-Duo 2 Lyrk durch die Manege radelte – zu zweit! Die Geschichte dahinter ist aber nicht besonders lustig. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg konnte der ursprüngliche Ingenieur keinen Job in seiner Branche finden. Also baute er Spezialräder und entwickelte seine Radl-Nummer. Immerhin wurde er damit aber schließlich weltberühmt!
Vom Glitzerkostüm bis zum verbogenen Löffel
Die Artisten-Abteilung zeigt besonders aufwändige Kostüme, wie zum Beispiel eines von Louis Knie: Ein Schneider in Paris hat die üppige Glitzerpracht von Hand angefertigt. Aus handgeschliffenen Swarovski-Kristallen und echten Goldfäden – da ließ man sich nicht lumpen. Verstärkt war das Kostüm auch noch, weil sich ja bitteschön ein Tiger an Louis Knie anhalten musste. Logisch. Und auch logisch, dass es stolze elf Kilo wiegt – und fast 70.000 Schilling kostete.
Besonders spannend ist auch die Sammlung aller möglichen Zauberrequisiten. Privat besitzt Kaldy-Karo sogar 700 davon, 150 alte Zaubertische und ganze Bühnenausstattungen. Vor Ort sieht man neben einem Schloss des berühmten Entfesselungskünstlers Houdini auch einen verbogenen und signierten Löffel. Von wem der wohl ist? Natürlich vom berühmtesten Löffelverbieger des deutschen Fernsehens: Uri Geller.
Side-Shows mit dem „Rumpfmenschen“ oder der „Dicken Mitzi“
In einem weiteren separaten Raum wird’s dann kurios-skurril mit einer eigenen Sammlung über die sogenannten „Abnormitäten“-Shows. So schließt sich geografisch der Kreis, fanden sie in Wien doch auch vornehmlich im Prater statt. Der legendäre „Rumpfmensch“ Nikolai Kobelkoff etwa kam ohne Arme und Beine zur Welt, entwickelte daraus aber eine einzigartige Karriere. Er malte Bilder, schoss zielsicher mit einem Gewehr und setzte mit seiner Frau schließlich sechs gesunde Kinder in die Welt. Eines dieser selbstgemalten Bilder, zahlreiche Fotos und seine Memoiren stellt das Circus- und Clownmuseum aus.
Die „Dicke Mitzi“ brachte wiederum 265 Kilo auf die Waage. Sie war in ihrer Jugend angeblich so stark, dass zwei Männer gleichzeitig Klimmzüge an ihren Oberarmen machen konnten. Im Museum zeugt noch ihre originale Unterhose von ihrem Körperumfang. Und zu der gibt’s natürlich auch eine G’schicht: Sie war verheiratet mit einem sehr dünnen Clown, der die Leute zu ihren Shows lockte, indem er vor dem Lokal mit der Unterhose seiner Frau prahlte. Charmant.
Ausgestopfte Leichen
Besonders die Geschichte von Julia Pastrana, der sogenannten „Affenfrau“ aus Mexiko, zeigt aber auch die negative, zutiefst übergriffige Seite dieser Zurschaustellungen. Sogenannte „Affen- oder Löwenmenschen“ leiden an Hypotrichose. Markantestes Merkmal ist die üppige Behaarung am ganzen Körper. Jedenfalls kaufte der Amerikaner Theodore Lent Pastrana ihrer Mutter ab und heiratete sie später. Sie gebar ihm 1860 ein Kind. Beide starben jedoch nur wenige Tage später im Kindbett.
Die tragische Geschichte der „Affenfrau“ fand damit aber leider noch lange kein Ende: Lent ließ Frau und Kind ausstopfen, reiste mit ihnen jahrelang herum und trat mit ihnen auf. Er verkaufte die Leichen schließlich an ein Panoptikum in Wien, das sie 1921 wiederum an einen Wanderschausteller in Norwegen verkaufte. 1970 konfiszierte die norwegische Regierung zwar die Leichen, aber ein Dieb entführte sie. Danach dienten sie in Oslo lange Zeit für Forschungs- und Ausbildungszwecke. Erst 2013 wurde der Leichnam von Julia Pastrana nach Mexiko zurückgebracht und dort endlich zur Ruhe beigesetzt.
Führungen durch die Zirkuswelt
Das Circus- und Clownmuseum zeigt euch die Welt der Schausteller*innen, Standler*innen, der Kasperln und Artist*innen also auf umfangreiche und unglaublich vielfältige Weise – in all ihren Facetten. Auch außerhalb der Öffnungszeiten kann man Führungen buchen, und zwar ganz spezielle zu unterschiedlichen historischen Themen mit Wiener Schwerpunkt. Während der Öffnungszeiten könnt ihr euch sogar selbst beim Jonglieren oder Zaubern ausprobieren – ist ja immer gut, berufstechnisch einen Plan B parat zu haben. Und wenn sich schon alles um die gute Unterhaltung dreht, dann dürfen natürlich auch entsprechende Veranstaltungen nicht fehlen: Mit Kabarett, Zauber- oder Clownsshows und sogar Vorträgen und Diskussionsrunden zum Thema lockt man das Publikum auch Abends vor die kleine Guckkastenbühne mitten im Museum.
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