Pfarre Schöngrabern
Pfarre Schöngrabern
Schöngrabern 174, 2020 SchöngrabernÖffnungszeiten
8:00-17:00 Uhr
Winter
8:30-16:00 Uhr
Österreich ist mit Romanik wenig gesegnet. Hierzulande haben die Gegenreformation und der Barock massiv gewütet und alte Baustrukturen des Mittelalters wurden meist so dicht mit Stuck und Goldfarbe zugekleistert, dass heute kaum mehr etwas zu erkennen ist. Österreich hat kein Burgund, kein Apulien und keine Kaiserdome. Aber Österreich hat mit der Pfarrkirche Schöngrabern ein echtes romanisches Baujuwel!
Zeitreise ins Mittelalter
Schon die Fahrt nach Schöngrabern über die sanften Hügel des niederösterreichischen Weinviertels entschleunigt. Vor der Kirche angekommen, sieht man sich gänzlich in eine andere Zeit versetzt. Mit dem Bau des dezenten Sandsteinbaus wurde um 1200 begonnen, bereits wenige Jahre später war er fertiggestellt. Im Inneren der denkmalgeschützten Kirche kann man vereinzelt noch mittelalterliche Malereien entdecken, darunter einen Teufel mit einem Sündenregister und den heiligen Christophorus.
Historische Graffitis
Wer genau schaut, entdeckt an den Außenwänden des Gebäudes noch die Zeichen von rund 20 verschiedenen Steinmetzen, die sich während des Baus hier verewigt haben – quasi Graffitis des 13. Jahrhunderts. Das Highlight von Schöngrabern sind aber die Reliefdarstellungen an der Außenwand der halbrunden Apsis.
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Die steinerne Bibel
Im Mittelalter konnte Otto Normalverbraucher in der Regel weder Lesen noch Schreiben. Bildung war ein Privileg der Kirche und des Adels. Um die kleinen Leute wie Bauern oder Handwerker zu erreichen, bediente man sich daher skulpturaler Darstellungen biblischer Szenen – das verstand schließlich jeder. Die biblia pauperum – die Armenbibel – wurde zum geflügelten Wort. Und die Armenbibel von Schöngrabern zählt zum absolut Besten, was man in Europa finden kann. Da kämpfen wilde Bestien – Sinnbild für das Böse – gegen starke Männer, die für das Gute stehen. Man sieht Tugenden und Laster und mittendrin Samson, der auf einem Löwen reitet. Man findet Teufelchen und Engelchen, die um die Seelen der Verstorbenen kämpfen und Abel, der Gott das wohl süßeste Schaf der Kunstgeschichte opfert. Auch Adam, der sich den Wanst reibt und Eva, die versucht, ihre Blöße zu bedecken, sind mit von der Partie. Und natürlich wird auch vor der (körperlichen) Versuchung gewarnt – dargestellt durch eine Frau, die einem Mann schöne Augen macht und versucht, ihn mit einem Blumenstrauß zu verführen.
Damals sollten diese Reliefs den Leuten Angst vor den möglichen jenseitigen Qualen in der Hölle machen. Heute kann man sich an den Darstellungen erfreuen – sie sind ein wahrer Augenschmaus, fast schon herzig und auf jeden Fall einen Besuch wert!
Wir zeigen euch außerdem, welche Skulpturen ihr in Niederösterreich im öffentlichen Raum besichtigen könnt. Und wir verraten euch ein paar Dinge, die man kennt, wenn man in Niederösterreich aufgewachsen ist.